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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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werfen.»
    «Welchen Ring?», wollte Rosamund wissen.
    «Das habe ich ihn auch gefragt. Den Ring der Trithemius-Bruderschaft. Ein Siegelring, in dessen Mitte eine Sieben prangt. Der Weißbinder hat ihn mir genau beschrieben.Alle Mitglieder der Bruderschaft tragen diesen Ring. Und die Ziffer Sieben bezieht sich auf die Schrift des Trithemius «De septum secundeis», zu Deutsch: Die sieben Dämonen.»
    Rosamund ließ den Löffel sinken. «Woher weiß er das denn alles?»
    «Im Geheimen hat er mir anvertraut, dass er selbst mit der Bruderschaft liebäugelt. Mächtige Männer gehörten dazu, sagte er. Männer mit Macht und Einfluss in der Stadt, die sich einen Dreck um die Zunftregeln scherten und ihre Aufträge an die vergäben, die würdig im Sinne der Bruderschaft sind. So waren seine Worte. Und ich wäre einer von ihnen, dachte er. Nicht nur, weil Michael dies stets behauptet, sondern weil ich von meiner Arbeit leben kann, obwohl ich kein Mitglied der Zunft bin.»
    «Interessant», murmelte Rosamund und schickte die Magd, die bereits aufgegessen hatte, in die Waschküche, um nach der Bleiche zu sehen.
    Dann schob sie ihren Teller zur Seite, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und fragte: «Was hat er noch gewusst, der Weißbinder? Was hat er erzählt?»
    Matteo zuckte mit den Achseln. «Nicht mehr allzu viel. Er hatte wohl bemerkt, dass ich wenig weiß über die Bruderschaft. Gefragt hat er mich nur, was ich am 24.   Juni vorhabe.»
    «Am 24.   Juni? Was soll da sein? Fronleichnam ist vorüber, das Zunftfest steht noch aus. Was meint er damit?»
    Wieder zuckte Matteo mit den Achseln. «Ich weiß es nicht. Er brach ab und ließ mich stehen, als ich mich verwundert zeigte.»
    Matteo schob nun auch seine Schüssel weg, die erst halb leer gegessen war.
    «Hat dir diese Begegnung etwa den Appetit verschlagen?», wollte Rosamund wissen.
    Matteo nickte. «Das Jahr ist schon halb um. Ein neues Jahr bringt für jeden neues Glück, ist ein Neuanfang. Ich möchte alles Böse von uns wenden bis zur Jahreswende.»
    «Warum eilt es dir plötzlich so?»
    Matteo griff nach Rosamunds Hand. «Ich habe Angst um dich. Was ist, wenn doch etwas Böses hier im Hause ist? Ich möchte alle Gefahren ausschalten, muss die Bruderschaft kennenlernen und beweisen, dass ich nicht dazugehöre. Der Verdacht muss von uns genommen werden, dann kann uns nichts passieren, dann können wir in aller Ruhe ein Kind zu uns nehmen.»
    Rosamund streichelte seine Hand. «Ich verstehe dich», sagte sie. «Wir können nicht vorsichtig genug sein. Auch wenn es im Augenblick still ist, so stehen wir doch immer unter Beobachtung.»
     
    Am nächsten Tag, Bommel war noch immer nicht zurück nach Hause gekehrt, nahm Rosamund ihren Stadtspaziergang erneut auf. Sie blieb hie und da stehen, redete mit den Nachbarinnen. Die Jäger, hieß es, hätten einen Fuchs gefangen, der toll war und um sich gebissen hat, nun wäre die Gefahr zunächst gebannt, aber man müsse Vorsichtwalten lassen, denn niemand wisse, wen das Tier noch gebissen hätte.
    Rosamund hörte zu, ging weiter, sah in jedes offene Hoftor, in jeden Abfallgraben, rief Bommel bei seinem Namen, doch der Hund blieb verschwunden.
    Heute wollte sie auf dem Friedhof nachsehen. Manchmal fanden sich dort die Rudel der wilden Hunde ein, um ungestört zu schlafen. Auf den Grabplatten war es warm, und niemand jagte sie von dort weg.
    Das eiserne Tor des Friedhofs knarrte ein wenig, und der Kies, mit dem der Weg bestreut war, knirschte unter ihren Schuhen. Rosamund war gern auf dem Friedhof. Sie liebte die Ruhe dort, den Geruch nach frischer Erde, nach Laub, den Gesang der Vögel, das Rascheln des Windes in den Sträuchern. Der Friedhof hatte nichts Beängstigendes für sie, ganz im Gegenteil. Getröstet wurde sie von der Ruhe hier, vom Frieden.
    Ein Totengräber ließ seine Schaufel sinken, als Rosamund vorüberging, grüßte und wischte sich mit einem Tuch über den schweißglänzenden Oberkörper.
    «Viel zu tun?», fragte Rosamund.
    Der Totengräber lachte. «Das Frühlingssterben ist vorbei. Im Sommer wollen die Leute leben. Reichlich Arbeit gibt es erst wieder, wenn der Herbst kommt. Und in den nächsten Tagen natürlich.»
    «Warum in den nächsten Tagen?», fragte Rosamund.
    Wieder lachte der Totengräber. «Übermorgen hat Johannes der Täufer seinen Namenstag. Halb Frankfurt wurde nach ihm benannt. Dann werden alle kommen undihren toten Johannesen Blumen und Kerzen aufs Grab stellen. Und wenn die Kerzen

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