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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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einen Seufzer. Sie mochte den dicklichen jungen Mann, der so sehr von sich eingenommen war, nicht besonders. Und ausgerechnet den sollte ihre kleine Schwester heiraten. Wie seltsam, dass ein einfaches Bauernmädchen mehr Aussicht hatte, sich den Bräutigam auszusuchen als eine Frau von Stande!
    «Werdet Ihr mit mir auf Kasimir warten?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Gleich nach dem Essen reite ich weiter, zu Margretha. Von hier sind es nur zwei, drei Wegstunden zu Pferd bis Zwiefalten.»
    «Bitte – setzt Euch noch einen Augenblick zu mir.»
    Als er neben ihr saß, brach ihre ganze Beherrschung in sich zusammen. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und begann haltlos zu weinen.
    «Ich habe versagt», schluchzte sie. «Als Mutter, als Gemahlin und als Herzogin.»
    «Wenn einer versagt hat, dann der Herzog.» Sanft strich er ihr über den Rücken.
    Wie trostreich war es, in den Armen dieses Mannes. Plötzlich wollte sie nur noch eines. Sie hob den Kopf. «Bleibt bei mir diese Nacht.»
    Erstaunt blickte er sie an, und das Sorgenvolle aus seinem Gesicht verschwand. Zärtlich strich er ihr mit beiden Händen über Wangen und Stirn, dann erst näherten sich seine Lippen, berührten ihren Hals, ihre Nase, ihre geschlossenen Augen, bis sich schließlich ihre Lippen in einem leidenschaftlichen Kuss vereinten.
    Sie sanken auf das Bett. Zoll für Zoll erkundete er im Halbdunkel des Zimmers ihren Körper, sah sie dabei auffordernd an, bis auch sie es wagte, ihn zu berühren, seinen festen unddoch schlanken Körper. Wie in einem Spiel nahmen sie sich im Wechsel ein Kleidungsstück nach dem andern ab, hielten inne, betrachteten einander, küssten sich, bis sie nackt und eng umschlungen auf dem Laken lagen.
    Sabina zitterte am ganzen Leib, doch nicht vor Angst oder Kälte, sondern vor Glück und grenzenloser Lust. Niemals hätte sie gedacht, dass es so wundervoll sein könnte, bei einem Mann zu liegen. Alles in ihr brannte und verlangte danach, ihn ganz bei sich zu haben, und so war sie es auch, die ihn drängte, das zu vollenden, was sie schon so lange begehrt hatte: Mit diesem Mann, den sie liebte, eins zu werden.
    Als ihr Atem endlich wieder ruhiger ging, fand sie sich in Dietrichs Armbeuge wieder und sah seinen liebevollen Blick auf sich gerichtet.
    «Ich liebe dich», flüsterte er. «Seit Jahren schon.»
    «Ich habe Angst um dich», gab sie ebenso leise zurück. «Jetzt, mit dieser Flucht, kannst du nie wieder nach Wirtemberg zurück. Ulrich würde dich töten.»
    «Ich weiß.» Seine blauen Augen strahlten selbst im fahlen Dämmerlicht. «Aber ich habe schon einen neuen Dienstherrn – es ist dein Bruder, Wilhelm von Baiern.»

27
    Muthlein nahm Maries Hand und blieb stehen. Er sah sie an mit den bettelnden Augen eines kleinen Jungen.
    «Hast du dich entschieden? Kommst du mit mir nach Wittenberg?»
    Sie hatten die große Handelstraße erreicht, die von Ulmher über die Alb hier ins Neckartal stieß. Der Pfarrer hoffte auf Kaufleute zu stoßen, die sie nach Norden mitnehmen würden.
    Marie war von inneren Kämpfen zerrissen. Muthlein hatte tatsächlich vor den Toren der Stadt auf sie gewartet, als man sie am Morgen nach einer schrecklich kalten Nacht freigelassen hatte. Eine innere Stimme habe ihm geboten zu bleiben, bis er mit Sicherheit wisse, ob die Herzogin sie aufgenommen habe. Als sie im Morgengrauen wiederaufgetaucht war, hatte er sie in ein Gasthaus geführt, damit sie sich aufwärmen und satt essen konnte, denn sie hatte von ihren Wächtern nicht einmal ein Stück trocken Brot erhalten. Dort schließlich hatte er sie gebeten, ihn zu begleiten ins ferne Wittenberg, um ihm dort zur Hand zu gehen und, wer weiß, um eines Tages seine Frau zu werden.
    Sie hatte Casimir Muthlein von Herzen gern, doch damit würde sie ihre Heimat und vor allem Vitus für immer aufgeben. Aber wo sollte sie sonst hin? Zurück in ihr Dorf und mit der Angst im Nacken leben, der Herzog könne sie eines Tages aufspüren? Und jetzt, wo die Herzogin geflohen war, würde gewiss alles nur noch schlimmer im Land. Marie fühlte plötzlich eine unendliche Müdigkeit. Am liebsten hätte sie sich an den Wegesrand gelegt, die Augen geschlossen und den Dingen ihren Lauf gelassen.
    Als könnte Muthlein ihre Gedanken lesen, sagte er: «Es wird schon dunkel. Gehen wir noch ein Stück, bis wir ein Obdach finden. Morgen früh sehen wir dann weiter.»
    Sie nickte stumm. Ihre Beine waren wie Blei, als sie auf der inzwischen menschenleeren Straße durch die

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