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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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überzeugen, dass er sich irrte, dass er sie verwechselt hatte. Sie war eine andere, wusste gar nicht, was man von ihr wolle. Er musste sie einfach gehen lassen. Und dann würde sie herausfinden, was mit dem Pfarrer geschehen war.
    Die Tür ging auf, und Marie fuhr zusammen. Aber es war nur die dürre Frau, die einen Korb in den Armen hielt und damit zum Waschtisch ging.
    «So gut sollte es unsereins mal haben», belferte sie. «Eine gefangene Bauernmetze, die bedient und beschenkt wird!»
    Aus dem Korb zog sie Kamm, Bürste und ein sauberes Tuch, dann warf sie ein paar Hauspantoffeln und ein lindgrünes Kleid mit weißen Spitzenmanschetten aufs Bett.
    «Wasch dich und zieh das an. Der Herzog will dich sehen, und zwar sauber und ordentlich.»
    Als die Frau wieder verschwunden war, trat Marie an das Tischchen. Ein Traum, das alles war nur ein böser Traum; sicherlich würde sie gleich durch einen Hahnenschrei geweckt! Als sie in die Spiegelscherbe an der Wand blickte, erschrak sie: Ihre Locken waren verfilzt, ihr blasses Gesicht schmutzig, und unter den Augen lagen tiefe, dunkle Ränder. Wie hatte sie nur so dumm sein und glauben können, dass die Herzogin Erbarmen mit einem Bauernmädchen haben würde?
    Strähne für Strähne kämmte sie ihr Haar durch, unter Schmerzen, wenn sie dabei an die Beule an ihrem Hinterkopf geriet, und wusch sich sorgfältig Gesicht, Hände und Füße. Sie würde dem Herzog mit Würde begegnen. Als sie sich das grüne Kleid überstreifte, glaubte sie fast, ein neuer Mensch zu sein. Solch schöne Kleider besaßen in ihrem Dorf allenfalls die Wonnhardtsmädchen! Dabei fühlte sie sich armseliger denn je. Was hatte der Herzog mit ihr vor? Wenn er sie hätte töten wollen, hätte er das längst tun können, im Dunkel der Landstraße. Stattdessen hielt er sie gefangen und schenkte ihr ein Kleid.
    Die Stunden vergingen, und der Himmel hinter dem kleinen Dachfenster wurde dunkler. Marie hockte in einer Art Dämmerzustand auf dem Bettrand und wartete. Als sie schließlich vor der Tür Stimmen hörte, fühlte sie fast Erleichterung. Jetzt also war es so weit!
    Das Schloss rasselte. Sie sprang auf. Der Herzog trat ein,gefolgt von zwei Dienern, die Tischchen und Stuhl trugen. Zu ihrer Überraschung lächelte der Herzog. Er war barhäuptig, in leichter Hauskleidung, den rotblonden Bart unter der schmalen Adlernase hatte er sorgfältig gestutzt. So wie er jetzt vor ihr stand, hatte er so gar nichts Bedrohliches. Sie fiel auf die Knie, senkte den Blick und spürte wieder einen Funken Hoffnung.
    «Steh auf», befahl er, nicht ohne Freundlichkeit. «Setz dich auf deinen Stuhl. Wir wollen eine Kleinigkeit speisen zusammen.»
    Er wartete, bis die Diener Platten mit Fleisch, Käse und geräuchertem Fisch aufgetragen hatten, dann nahm auch er Platz, auf seinem kostbaren, mit rotem Samt bezogenen Stuhl.
    «Greif zu!»
    Marie sah hilflos auf das Speisemesser und den silbernen Löffel vor ihr. Der Herzog lachte. «Iss, wie du es gewohnt bist.»
    Da langte sie mit den Fingern mitten hinein in die Platten und aß von all den Köstlichkeiten. Aber obwohl sie sich seit Unzeiten nicht mehr satt gegessen hatte, aß sie ohne eine Spur von Appetit, nur, um ihr Gegenüber nicht zu verärgern. Vergeblich wehrte sie sich dagegen, dass ihr der schwere Wein zu Kopf stieg – sie musste doch klaren Verstandes bleiben, wenn sie denn endlich sprechen durfte.
    Doch vorerst kaute und schluckte der Herzog nur und schwieg. Dann säuberte er sich die Finger in der Kristallschale, die ihm einer der Diener reichte, Marie tat es ihm nach.
    «Räumt alles weg, bis auf den Wein. Und dann lasst uns allein.»
    Die Diener taten, wie ihnen geheißen. Marie schlug das Herz bis zum Hals.
    «Steh auf.»
    Sie erhob sich, und augenblicklich kehrte die grauenvolle Angst zurück. Dabei betrachtete sie der Herzog lediglich. Mit einem alles durchdringenden Blick schien er jeden Zoll ihres Körpers, jede Linie, jeden Muskel in sich aufzunehmen.
    «Jetzt dreh dich.»
    Das war noch weitaus schlimmer, denn nun konnte sie seinen Blicken nicht folgen. Warum nur ließ er sie nicht einfach laufen?
    «Du bist zu mager», hörte sie ihn sagen und glaubte ein leichtes Zittern aus seiner Stimme herauszuhören. «Geben meine Bauern ihren Weibern nicht genug zu fressen? Ich frage mich, warum du dann soeben nicht mehr zugelangt hast.»
    «Weil Ihr mich gefangenhaltet», platzte sie heraus und fuhr herum. Sie sah, dass seine Wangen gerötet waren.
    «Ich bitt Euch,

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