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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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sie recht bald – und das gab ihr wieder Hoffnung   –, dass nach und nach alle Ritter und Edelleute von Ulrich abgefallen waren.
    «Sogar der Truchsess von Waldburg ist zu den bairischen Schandbuben übergelaufen», hatte er in einer Nacht düster gemurmelt. «Nur noch Götz, mein alter Spießgeselle, hält mir die Treue. Und jetzt schicken die Baiernherzöge ihre verlogenen Ausschreiben an den Kaiser und an meine Landstände. Aber ich habe sie alle abfangen lassen. Und wer sich von der Ehrbarkeit gegen mich erhebt, den werde ich außer Landes jagen, allen voran den Breuning, der wie ein Fähnchen im Wind schwankt. Ich lass mich nicht kleinmachen, ich nicht! Jeden Angriff gegen mich werden sie mir hundertfach büßen.»
    Im neuen Jahr dann schien Ulrich tatsächlich neue Bundesgenossen gefunden zu haben, allen voran die Bischöfe von Würzburg, Konstanz und Straßburg. Auch seine größte Furcht, der Kaiser würde sich gegen ihn stellen, erwies sich als unbegründet. Der bat ihn im Gegenteil nur, freundlich und in väterlicher Manier, sich mit seiner Gemahlin zu versöhnen.
    Nichts weniger als das hatte der Herzog im Sinn. Stattdessen begann Ulrich in Wirtemberg und im ganzen Reich Gerüchte auszustreuen: Sabinas Anschuldigungen seien alles Lügen, niemals habe er sie bedroht oder gar einen Kerker für sie einrichten lassen. Allein an das Wohl und Ansehen des Landes habe er gedacht, als er sie von Urach abgefordert habe, zumal eine doppelte Hofhaltung mit seinem Sparwillen nicht zu vereinbaren sei. Und überhaupt sei die tatsächlich Schuldige an diesem Unglück mit Hutten einzig und allein Sabina, die erst mit seinem Stallmeister eine Liebschaft gehabt habe und jetzt mit ihrem Fluchthelfer Speth, dem treulosen Erbtruchsess.
    Zugleich schickte er böse Schmähschriften nach München, die er, wie es üblich war, öffentlich machte. Sein brennender Hass aber galt dem einst so treuen Gefolgsmann Dietrich Speth: Hatte Sabina beim letzten Tanzabend nicht ihm, dem Gatten, den Tanz verweigert, um dann aufs Engste mit dem Speth herumzuhaspeln? War ihre Flucht nicht ein klares Eingeständnis von Schuld? Und dann – diese beiden Bastardkinder! Denen sah man doch an, dass sie von Hutten und von Speth ins Nest geschmuggelt seien! Und dennoch habe er die von ihrer Rabenmutter verlassenen Würmer, wie es seine Pflicht sei, standesgemäß in Stuttgart unterbringen lassen.
    Kurzum: Ulrich unternahm in diesen Wochen alles, damit die Flucht der Herzogin zum Skandal wurde. Und tatsächlich schlug schon bald die Stimmung im Lande um. Die Landschaft verkündete den Baiern, von Misshandlungen sei ihnen nichts bekannt, und auf den Gassen höhnten die Leute, was für eine Hure und herzlose Mutter ihre Landesherrin sei – eine Schmach fürs ganze Land!
    So war Marie über Ulrichs Unternehmungen und über die Vorgänge draußen in der Welt aufs Beste informiert. Das machte all die widerwärtigen Dinge, die er sonst mit ihr trieb, zwar kein bisschen erträglicher, aber ohne Folgen blieben diese sonderbaren Vertraulichkeiten nicht: Nach und nach wagte Marie, selbst das Wort zu ergreifen.
    «Darf ich Euch um etwas bitten, Euer Gnaden?», fragte sie, als Ulrich wieder einmal erschöpft neben ihr lag, während draußen die Winterstürme über die Dächer tobten.
    «Nur zu, meine Goldblume. Sofern es nicht um deine Freilassung geht, werde ich versuchen, all deine Wünsche zu erfüllen.»
    Goldblume! Marie schluckte. Sie hasste diesen Kosenamen, mit dem Ulrich sie seit einiger Zeit bedachte.
    «War der Pfarrer tatsächlich tot?»
    Der Herzog schnaubte. «Was weiß ich? Ich hab mich um den Bock im Priesterrock nicht weiter gekümmert.»
    «Aber ich muss es wissen.»
    «Gut, gut, ich schick ja schon jemanden, um Erkundigungen einzuziehen.»
    Beim nächsten Mal teilte er ihr mit, dass Muthlein spurlos verschwunden sei – wahrscheinlich habe er sich nur tot gestellt, um sich hernach still und heimlich aus dem Staub zu machen. Marie aber dachte: Wahrscheinlich haben seine Männer ihn in den Neckar geworfen.
    Ein andermal nahm sie allen Mut zusammen und fragte ihn, warum er sie nicht endlich freilasse. Sie schwöre bei Gott, dass sie keiner Menschenseele erzählen werde, was sie damals im Schönbuch gesehen habe. Da hatte er laut aufgelacht.
    «Was bist du für ein Dummerchen! Merkst du denn nicht, wie sehr du mir gefällst? Seit meiner Ursel, die man mir weggenommen hat, hat mir keine mehr so gefallen. Du siehst ihr so gleich. Fast bist du noch

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