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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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schlug die Hand vor den Mund.
    «Man hat ihn im Burggraben gefunden, übel zugerichtet. Sie haben ihn wohl peinlich befragt, um herauszufinden, wer der Drahtzieher deiner Flucht ist.»
    Es war, als zöge ihr jemand den Boden unter den Füßen weg. Swinhardus, diese treue Seele, die nicht einmal einer Fliege ein Leid tat, umgebracht! Durfte es sein, dass Ulrich ungestraft immer noch mehr Unheil anrichtete?
    «Ich ertrage das alles nicht mehr», flüsterte sie, während Dietrich sie fest im Arm hielt. Dann gab sie sich einen Ruck. «Gehen wir zurück ins Schloss. Man vermisst uns sicher schon. Wirst du diesmal länger bleiben können?»
    Er sah sie niedergeschlagen an. «Das ist das Nächste. Sobald der Kaiser aus Italien zurück ist, soll ich als bairischer Botschafter an seinen Hof. Ich werde also noch seltener als zuvor in München sein.»

29
    Wider Erwarten erfüllte Ulrich Maries größten Wunsch: Sie durfte in den Abendstunden, wenn auch unter starker Bewachung, in den Garten hinaus. Dazu bedachte er sie mit kleinen Aufmerksamkeiten und Geschenken, und zum Zeitvertreib ließ er ihr Linnen und Garn bringen, damit sie sich die Stunden mit Stickereien verkürzen konnte. All das änderte nichts daran, dass sie sich von Tag zu Tag elender fühlte. Als sie ihm ihren Zustand nicht länger verbergen konnte, reagierte er überraschend: Er freute sich wie ein kleiner Junge.
    «Unser Kind soll es gut haben», beteuerte er ein ums andre Mal. «Ich will es bestens versorgen, hier bei Hofe.»
    «Und ich?», fragte sie leise. «Heißt das, ich bleibe auf ewig gefangen hier?»
    Er zuckte die Schultern. «Vorerst kann ich dir nicht trauen. Du könntest alles verraten, jetzt, wo die Huttens meinen Kopf fordern.»
    Von diesem Tag an beschlief er sie mit größter Vorsicht, beinahe zärtlich, und je runder sich ihr Leib wölbte, desto häufiger hielt er in seinem Liebesspiel oder seinen Gesprächeninne und strich ihr versonnen über den Bauch. Als sich mit heißen Tagen und schweren Gewittern der Erntemonat näherte, ließ er Arzt und Hebamme rufen. Er selbst wartete die Untersuchung vor der Stubentür ab.
    Die Wehmutter, eine energische Frau mittleren Alters, spannte einen Vorhang vor das Bett und begann mit der Untersuchung, während sie dem Medicus jenseits des Sichtschutzes alles kommentierte. Dann durfte sich Marie wieder bedecken, und der Hofarzt war an der Reihe, betastete unter dem dünnen Laken ihre Bauchdecke, fühlte ihren Puls, untersuchte ihren Morgenurin. Sie ließ es stumm über sich ergehen, denn sie spürte genau, mit welchem Widerwillen der alte Arzt dies alles verrichtete. In seinen Augen war sie nichts als eine Hure, für die der Herzog viel zu viel Geld aus dem Fenster warf.
    Als er fertig war, sagte er verächtlich: «Gott sollte dieses Balg besser nie in die Welt setzen!»
    Tränen der Wut stiegen ihr in die Augen. «Sagt dies dem Herzog und nicht mir. Aber ich wette, dazu seid Ihr zu feig!»
    In diesem Augenblick wusste sie, dass sie ihr Kind trotz allem lieben würde, und sie betete zu Gott, dass es gesund zur Welt kommen möge.
     
    Verzückt betrachtete der Herzog das winzige Wesen.
    «Mein Gott, er hat schon dieselben goldblonden Haare wie du. Und dieses Näschen, wie bei einer Puppe.»
    Erschöpft schloss Marie die Augen. Es war vorüber. Niemals hätte sie gedacht, dass ein Mensch solche Schmerzen aushalten konnte.
    «Ist er gesund?», fragte sie
    «Aber ja! Sieh nur, wie er gähnt. So ein hübscher Junge!»
    Marie gab keine Antwort. Einerseits war sie erleichtert, wie freudig der Herzog das Kind annahm, andererseits hatte er sie nun erst recht in der Hand.
    «Tagsüber soll der Junge bei dir bleiben, ich werde für die Amme ein Bett aufstellen lassen. Nachts kommt er dann ins Frauenzimmer.»
    «Ich will keine Amme», fuhr Marie auf. «Ich werde ihn selbst nähren!»
    Niemals würde sie den Kleinen in fremde Obhut geben, sondern ihn selbst stillen, so lange als möglich. Sie wusste von der alten Hacklerin, dass die Mutterbrust den Säugling vor schlimmen Krankheiten bewahrte. Vor allem aber: dass man während der Stillzeit nicht empfänglich war. Und ein weiteres Mal von Ulrich schwanger zu werden, hätte sie nicht ertragen. Wer wusste schon, wie lange seine Fürsorge für sie und das Kind anhalten würde?
    Als er in dieser Nacht zu ihr ins Bett schlüpfte, hatte er nichts anderes im Sinn, als ihre Hand zu halten und über die Zukunft des Kindes zu sinnieren.
    «Er wird fechten und reiten lernen. Und

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