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Das Maedchen von Atlantis

Das Maedchen von Atlantis

Titel: Das Maedchen von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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eine Art moderner Pirat betätigt hatten? dachte Mike. Keiner von ihnen hatte es jemals
deutlich ausgesprochen, aber sie alle wußten, daß der
sagenumworbene Kapitän Nemo auch eine Menge
Dinge getan hatte, die nicht so ganz zu dem RobinHood-Image paßten, das er in den Erzählungen der
Menschen später bekommen hatte. Es gab nicht wenige, die behaupteten, Nemo und seine Männer wären
nichts als gemeine Piraten gewesen - was Mike natürlich empört von sich gewiesen hätte, vor allem jetzt,
wo er Singh und Trautman kennengelernt hatte. Aber
es gab Dinge, über die Trautman nicht gerne sprach,
und was er nun andeutete, gehörte zweifellos dazu.
Und das schlimmste war vielleicht, daß Mike zu wissen glaubte, was er meinte. Schließlich hatte er es
selbst gespürt. Diese düstere, böse Verlockung der
Macht und den fast unbändigen Wunsch, die Kräfte
dieses phantastischen Schiffes einzusetzen, um ihren
Gegner einfach zu zerstören, hatte er ebenso deutlich
gefühlt wie Trautman - und wohl auch alle anderen,
denn als er sich umsah, erblickte er auch auf Juans
und Andrés Gesicht die gleiche Betroffenheit, die
auch er verspürte. Einzig Ben sah nur trotzig drein.
»Wir hätten nicht hierherkommen dürfen«,
fuhr
Trautman fort. »Ich hätte bei meinem Entschluß bleiben und dieses verdammte Schiff an der tiefsten Stelle
des Meeres versenken sollen.«
»Es ist ja nicht viel passiert«, sagte Mike.
»Nicht viel passiert?« Trautman schnaubte. »Wir liegen zweihundert Meter unter dem Meeresspiegel fest.
Um ein Haar hätte ich euch alle umgebracht. Und
wenn es anders gekommen wäre, dann hätte ich vielleicht noch viel mehr Menschen getötet. Habt ihr eine
ungefähre Vorstellung, wie viele Männer an Bord der
LEOPOLD sind?«
»Etwa tausendzweihundert«, sagte Ben - und wahrscheinlich hätte er noch mehr gesagt, hätte Juan ihm
nicht einen so kräftigen Tritt vor das Schienbein verpaßt, daß er vor Schmerz die Luft anhielt.
»Ja, und auch die hätte ich um ein Haar auf dem Gewissen«, sagte Trautman düster. »Ich hätte mein Wort
niemals brechen dürfen. Ich habe Nemo geschworen,
dieses Schiff nie wieder als Waffe gegen Menschen
einzusetzen. Und er wußte, warum er mir
diesen
Schwur abverlangte.«
»Wenn Winterfeld Atlantis findet, wird vielleicht noch
viel größeres Unheil geschehen«, sagte Mike vorsichtig.
»Wir werden ihn kaum davon abhalten können, seine
Suche fortzusetzen, wenn wir auf dem Meeresgrund
    liegen und Wasser aus dem Schiff pumpen«, antwortete Trautman. »Wenn es das Schicksal so will, dann
soll er Atlantis meinetwegen finden. Ich werde jedenfalls nicht mehr versuchen, mich in Dinge einzumischen, die mich nichts angehen.« Er straffte sich und
wandte sich mit einem Ruck von der Schwärze jenseits des Fensters ab.
»Wir werden die NAUTILUS reparieren, und danach
setze ich euch im nächsten erreichbaren Hafen ab«,
sagte er.
Mike schwieg. Er spürte, daß es im Moment vollkommen sinnlos war, mit Trautman darüber zu reden.
»Statt Trübsal zu blasen, sollten wir uns lieber den
Schaden genauer ansehen und versuchen, den Kahn
wieder flottzumachen«, sagte André laut. Er blickte
von Trautman zu Singh und wieder zu Trautman.
Singh nickte. Trautman schwieg, senkte aber zustimmend den Kopf.
»Du hast recht«, sagte er schließlich. »Singh und ich
gehen nach draußen und sehen uns den Schaden an.
Ihr könnt inzwischen hier Ordnung schaffen.«
»Ich komme mit«, sagte Mike spontan.
»Ganz bestimmt nicht«, antwortete Trautman, aber
Mike ließ sich so schnell nicht abwimmeln.
»Wieso nicht?« fragte er. »Es ist für mich dort
draußen nicht gefährlicher als für Sie. Und wenn Ihnen etwas passiert, sind wir sowieso alle geliefert.«
»Es gibt dort draußen absolut nichts Interessantes zu
sehen«, sagte Trautman mit einer Geste auf die Grabesschwärze jenseits des Fensters. »Außerdem ist es
gefährlicher, als du denkst. Es ist nicht so einfach,
sich in einem Taucheranzug zu bewegen.«
»Dann wird es Zeit, daß ich es lerne«, sagte Mike. »Ich
komme mit.«
Und dabei blieb es.
    Eine halbe Stunde später standen Trautman, Singh
und er in der Tauchkammer tief unten im Rumpf der
NAUTILUS, und Mike war sich nicht mehr so sicher,
daß es eine gute Idee gewesen war, die beiden zu begleiten. Er hatte die Taucheranzüge, von denen die
NAUTILUS ein gutes Dutzend an Bord hatte, schon
vorher gesehen, aber es war etwas anderes, ob diese
im Schrank hingen oder ob ein Mensch in ihnen
steckte und sich bewegte.
Trautman

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