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Das Maedchen von Atlantis

Das Maedchen von Atlantis

Titel: Das Maedchen von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und
Singh
hatten
kaum noch etwas
Menschliches an sich: In den klobigen Anzügen sahen
sie wie mißgestaltete Zyklopen mit einem riesigen kugelrunden Kopf aus Metall aus. Das Sichtfenster
prangte wie ein einzelnes, viel zu großes starrendes
Auge darin. In dem spiegelnden
Glas konnte Mike
sich selbst als verzerrten Schatten sehen; ein drittes,
klobiges Ungeheuer mit einem viel zu kleinen Kopf
und einem bleichen Gesicht.
Trautman hob die Hand und winkte ungeduldig, und
Mike griff nach seinem eigenen Helm und stülpte ihn
über. Singh überprüfte gewissenhaft die Verschlüsse,
erst dann gab er Trautman ein Zeichen, der
sich
schwerfällig herumdrehte und an einem kleinen
Handrad drehte.
Ein kreisrunder Ausschnitt öffnete sich im Boden.
Wasser quoll daraus hervor und überspülte ihre Füße,
aber der Druck in der luftdicht abgeriegelten Schleusenkammer verhinderte, daß es höher als einige wenige Fingerbreit stieg. Obwohl der Anzug gut isoliert
war, spürte Mike, wie kalt das Wasser des Atlantik in
dieser Tiefe war.
Singh war der erste, der durch die Öffnung kletterte.
Während er in den mit schwarzem, ölig aussehendem
Wasser
gefüllten
Schacht hinabstarrte,
bedauerte
Mike, darauf bestanden zu haben, an dieser Erkundi
    gungsexpedition teilzunehmen. Dort draußen gab es
wirklich nichts zu sehen. Nur Dunkelheit, Schwärze
und unbekannte Gefahren. Am liebsten hätte er
Trautman signalisiert, daß er doch zurückbleiben
wollte. Aber sein Stolz verhinderte, daß er jetzt noch
einen Rückzieher machte. Tapfer kletterte er in das
Loch im Boden hinab. Das Wasser schlug eisig und
schwarz über ihm zusammen, und
seine
eigenen
Atemzüge erzeugten in dem geschlossenen Kupferhelm unheimlich klingende Echos.
Als er das Schiff verließ, wurde Mike durch das Licht
von Singhs Handscheinwerfer geblendet, bevor der
Sikh die Lampe in eine andere Richtung schwenkte.
Singh stand nur einen Schritt von ihm, aber trotzdem
erahnte Mike ihn mehr, als er ihn wirklich sah. Aber
er begriff die Bedeutung der Geste, die Singh machte
- Mike löste den Scheinwerfer vom Gürtel seines Anzugs, schaltete ihn ein und schwenkte ihn herum.
Was er sah, versetzte ihn in Erstaunen und Schrecken
zugleich. Das Meer war zwar hier unten völlig lichtlos, aber keineswegs ohne Leben. Unter ihren Füßen
quollen braune Wolken aus aufgewirbeltem Schlamm
hoch, aber überall darin bewegte es sich, huschte es
hin und her, verschwanden winzige silbrige Schatten
aus dem Bereich der ungewohnten Helligkeit. Kleine
Schwärme von Fischen stoben vor dem Licht davon,
und Mike konnte erkennen, daß sie in einer regelrechten Wiese kniehoher, grauweißer Algen standen,
die sich in der Strömung sanft hin und her wiegten.
Das Leben hatte selbst in dieser Tiefe Fuß gefaßt, obwohl das Licht der Sonne niemals hierhergekommen
war. Der Gedanke hatte etwas Beruhigendes.
Aber Mike sah auch etwas, was ihn sehr beunruhigte.
Die Tauchkammer befand sich im hinteren Drittel des
Schiffes. Alles, was davor lag, hatte sich unter dem
    ungeheuren Gewicht der NAUTILUS tief in den
schlammigen Grund gegraben - aber auf der anderen
Seite, nur noch wenige Schritte von Singh und ihm
entfernt, war
nichts mehr.
Auch der Inder hatte diese erschreckende Tatsache
bemerkt und näherte sich der klaffenden Schwärze;
mit langsamen, kleinen Schritten, wobei er Mike und
Trautman, der gerade in diesem Moment hinter ihnen
aus dem Schiff kletterte, mit Handzeichen zu verstehen gab, daß sie vorsichtig sein sollten.
Mike schob sich buchstäblich millimeterweise weiter.
Sein Herz klopfte. Er hatte nicht vergessen, was
Trautman ihm über diese Anzüge erzählt hatte: sie
waren zwar so sicher, daß sie ihren Träger in nahezu
jeder Wassertiefe schützten, aber auch viel zu schwer,
um damit zu schwimmen. Wenn er das Gleichgewicht
verlor, würde er wie eine Schildkröte, die auf dem
Rücken gelandet war, hilflos darauf warten müssen,
daß ihn jemand aufhob.
Oder darauf, daß er ungefähr sechstausend Meter tiefer auf dem Meeresboden aufschlug ...
Mike schauderte, als er neben Singh und Trautman
stehenblieb und sich behutsam vorbeugte. Der Abgrund lag genau vor ihnen. Das Licht des starken
Scheinwerfers verlor sich nach wenigen Metern, als
würde es von der Schwärze dort unten aufgesogen wie
ein Wassertropfen von der Wüste.
Sie alle waren dem Tod nur um Haaresbreite entgangen: Die NAUTILUS war an der Klippe eines Unterwasserriffes hängengeblieben, aber wäre sie auch nur
ein winziges Stückchen weiter

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