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Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Titel: Das Mädchen von San Marco (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Hickman
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dass dieser die Schrift erkennen konnte. Kleine, zarte Bleistiftbuchstaben. Celias Handschrift. Er hätte sie überall erkannt.
    »Leb wohl, mein Lieb …« Ambrose las den Titel des Gedichts laut vor und machte eine theatralische Kunstpause. »Nun, Pindar, Ihr seht ziemlich blass aus. Ich garantiere Euch, hier steht alles drin, was Ihr wissen wollt, alles, weswegen Ihr Euch all die Jahre gequält habt.« Ambrose lächelte schwach. »Perfekt, nicht wahr? ›Euer Herzenswunsch‹.«
    »Woher soll ich wissen, dass Ihr die Wahrheit sagt?«, fragte Paul nach einer langen Pause. Er wusste, dass er Zeit gewinnen, darüber nachdenken musste, was zu tun sei, doch sein Körper war bleischwer, sein Geist wie betäubt.
    »Offenbar hat es eine Haremsdame hinausgebracht.«
    »Ich glaube Euch nicht.«
    »Gott ist mein Zeuge.« Ambroses hellblaue Augen bohrten sich in Pauls. »Vertraut mir. Nur ein einziger Münzwurf, das ist alles, worum ich Euch bitte. Ganz gleich, wer gewinnt, das Gedicht gehört Euch. Alles in allem ist das mehr als großzügig.«
    »Und wenn ich ablehne?«
    Ambrose hielt das Blatt an eine Kerze, die auf dem Tisch stand, und schon begannen die Flammen an einer Ecke zu lecken. »Glaubt nur nicht, ich würde es nicht tun.«
    »Halt, halt …« Paul streckte die Hand aus. »Nicht so nahe, ich bitte Euch.«
    Er schwitzte, sein Herz hämmerte. Was konnte er Ambrose entgegenhalten? Er musste sich schnell etwas ausdenken, ehe es zu spät war.
    »Der Stein ist weitergewandert, Ambrose. Jetzt habe ich ihn.« Er hoffte, dass man ihm seine Verzweiflung nicht anmerkte. »Ihr könnt nicht gewinnen. Der Diamant hat mich erwählt.«
    »Dann habt Ihr nichts zu befürchten.« Ambroses Stimme war weich wie Seide. »Kommt schon, Pindar«, flüsterte er, »denkt an den Ruhm.«
    Als Paul ihm die Antwort schuldig blieb, hielt er ihm eine Münze hin, einen Silberdukaten.
    »Bei Kopf gewinne ich den Diamanten«, sagte er geschäftsmäßig, »bei Wappen bleibt er in Eurem Besitz.«
    Paul nickte widerstrebend.
    »Cavaliere Memmo«, wandte sich Ambrose an den Besitzer des ridotto, »Ihr seid mein Zeuge.« Er sah sich im Raum um. »Alle hier sind Zeugen. Wenn ich den Diamanten gewinne, dann in einem fairen Wettbewerb. Niemand kann etwas anderes behaupten.«
    Vielstimmiges zustimmendes Gemurmel war die Antwort.
    »Schlagt ein, Engländer.«
    »Bravo.«
    Memmo nahm das Silberstück an sich und bedeutete Ambrose, ihm auch das Blatt zu geben. Er wandte sich an Paul.
    »Signor Pindar, seid Ihr sicher, dass Ihr das wollt?«, fragte er fast mitleidig. »Ich weiß, dass Ihr ein Hasardeur seid, aber das alles … für ein Stück Papier?«
    »Ihr versteht das nicht.« Pauls Kinn zuckte. »Werft einfach die Münze.«
    »Also gut.« Memmo schüttelte den Kopf. »Wenn Ihr es sagt.«
    Mit einer geschmeidigen Bewegung warf er den Silberdukaten in die Luft.

Kapitel 36
    Als Paul Zuanne Memmos ridotto schließlich verließ, stellte er fest, dass es in der Nacht geregnet hatte. Die Temperatur war stark gefallen, und es war frostig. Er stand auf den Treppen des Weinladens und blinzelte ins Morgenlicht. Wie lange war es her, dass er mit Carew und Francesco zum ersten Mal dort gewesen war? Eine Woche, einen Monat, ein Leben? Er hätte es nicht sagen können, er hatte jedes Zeitgefühl verloren. Er sog die Luft ein. Wie süß sie roch, verglichen mit der verbrauchten Luft in dem stickigen Spielsaal mit den dicken Vorhängen! Ein durchscheinender Dunst, ein feiner, fast unsichtbarer Regen – Engelstränen, wie die Venezianer ihn nannten –, hing wie ein Schleier über der Stadt und ließ das Gold des heraufdämmernden Morgens, das ihm seine Phantasie vorgaukelte, zu einem fahlen Weiß verblassen.
    In der Hand hielt er das Papier, das Memmo ihm überreicht hatte, als Ambrose den Diamanten als sein Eigentum reklamiert hatte.
    Paul setzte sich auf die Treppe des Weinladens und schützte das Papier sorgfältig vor dem Regen. Seine Hand zitterte. Vielleicht war der Blaue Stein des Sultans wirklich ein magischer Stein, vielleicht musste man ihn nicht besitzen, damit sein Zauber wirkte. Auf diesem unscheinbaren Blatt standen Worte, die Celia von den Toten auferstehen ließen, Worte, die am Ende vielleicht die Vergangenheit enthüllen und ihn befreien würden. Doch jetzt, da der Moment gekommen war, verließ ihn der Mut. Er saß wie erstarrt dort. Wenn Ambrose nun gelogen hatte? Ein Kälteschauer durchlief ihn. Er glaubte zwar, Celias Handschrift erkannt zu

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