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Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Titel: Das Mädchen von San Marco (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Hickman
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natürlich.« Paul ließ sich noch tiefer in die Kissen sinken. »Er weiß, dass Ambrose alles, was hier geschieht, nach London berichtet. Er will mich vor Parvish bloßstellen.« Plötzlich umschloss er Constanzas Handgelenk mit Daumen und Zeigefinger. »Aber das muss er dir doch gesagt haben! Du hast es gewusst.« Er packte ihr Gelenk fester, bis sie sich wand. »Deshalb hast du nach mir geschickt, oder? Ihr habt beide gewusst, dass ich herkommen würde.«
    »Carew hat mir keinen Grund genannt.« Constanza versuchte sich seinem Griff zu entziehen, aber Pauls Finger schienen aus Eisen zu bestehen. »Ich habe nichts von Ambrose gewusst, das schwöre ich.« Er war ungewöhnlich kräftig für einen so gebildeten Mann, das hatte sie schon früher überrascht.
    »Bist du dir da ganz sicher?«
    »Ja. Aber wenn ich es gewusst hätte, hätte ich es dennoch getan. Mit Freuden.«
    »Ah, so ist das?« Er stieß sie so unvermittelt von sich, dass sie nach hinten fiel und sich den Kopf am Bettgestell anschlug.
    »Carew war schon immer ein schlauer Bursche, das muss ich zugeben«, sagte Paul kühl. »Viel zu schlau, wenn du mich fragst.«
    Er stemmte sich hoch und trat auf den kleinen Balkon, einen von Steinbögen überwölbten Vorsprung an der Ecke des Gebäudes. Ambrose. Was hatte sich Carew nur dabei gedacht! Paul fuhr sich mit den Fingern nervös durch die Haare und über die Bartstoppeln. Es war noch früh, aber die Sonne brannte schon unbarmherzig auf die Mauern des gegenüberliegenden Palazzo. Paul hatte immer Mühe, das für Venedig so typische Rosarot der Fassaden präzise zu benennen. Der vertraute Geruch des Kanals stieg ihm in die Nase. Heute würde es brütend heiß werden. Das Wasser unter ihm sah einladend aus, kühl und grün. Gewöhnlich mochte Paul den Kanal – die Spiegelungen der Bogenfenster auf der glatten Wasserfläche, die Rufe der Gondoliere, das Spiel von Licht und Schatten –, aber heute konnte er an nichts anderes denken, als dass seine Gondel fort war, was ihn maßlos irritierte. Von Carew natürlich auch keine Spur.
    »Carew sagt, du seist so gut wie ruiniert«, ließ sich Constanza vom Bett her vernehmen, als habe sie seine Gedanken gelesen.
    »So, das sagt er über mich?« Paul wandte sich nicht um. »Und was meint der Herr sonst noch?«
    »Dass jedermann in Venedig Bescheid weiß. Sämtliche Kaufleute.«
    »Nur weiter.«
    »Dass du aufgehört hast, Handel zu treiben. Dass du stattdessen dein Geld verspielt hast. Oder vertrunken.« Constanza geriet in Fahrt. »Dass du eine Schande für die Ehrenwerte Kompanie bist.«
    Pauls Augenbrauen schossen in die Höhe.
    » Das hat Carew gesagt?«
    »Nun ja, er nicht. Das stammt von deinem Freund Ambrose Jones, glaube ich.«
    »Hmmm.« Paul schloss die Augen und wartete, bis eine Welle der Übelkeit verebbt war.
    »Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«
    »Wenn du mich fragst, so hat Ambrose kräftig übertrieben«, erklärte Paul milde. Doch die Neugier ließ ihm keine Ruhe. »Was hat er denn noch gesagt?«, bohrte er weiter.
    »Ein Thema in Variationen, könnte man es nennen. Er behauptet, es gäbe Gerüchte, dass du aus der Kompanie ausgeschlossen werden sollst.«
    »Wirklich?«
    »Mein Gott, wie betrunken warst du denn letzte Nacht?«, stieß Constanza hervor, kaum noch imstande, ihren Unmut zu zügeln. »Erinnerst du dich an überhaupt nichts mehr?«
    Paul antwortete nicht.
    »Er war sehr wütend.«
    »So viel habe ich begriffen.«
    »Wütend, weil ein Taugenichts und Trunkenbold wie du in der Gesellschaft ehrenhafter Kaufleute nichts zu suchen hat. Weil ein Taugenichts und Trunkenbold und Hurenbock nicht unter achtbare Kaufleute gehört.« Sie hatte sich in Eifer geredet.
    »Ein Hurenbock?«
    »So hat er es, glaube ich, ausgedrückt.«
    »Ach, Constanza.« Endlich wandte sich Paul zu ihr um. »Es tut mir leid, Ambrose geht zu weit.«
    Er trat zu ihr ans Bett, ergriff ihre Arme, liebevoller diesmal, und zog sie an sich. Sie leistete keinen Widerstand, sondern ließ sich gegen ihn sinken und legte die Wange auf seine Brust. Sie spürte, wie seine Hand geistesabwesend ihre Haare streichelte. Das hatte er vor all den Jahren auch immer getan, die Geste war ihr so vertraut wie sein Geruch.
    »Das war aber ein gewaltiger Seufzer«, bemerkte Paul lächelnd und legte die Hand an ihre Wange.
    »Kam er von mir?«, fragte Constanza mit geschlossenen Augen.
    Erst jetzt merkte sie, wie müde sie war. Zum Umfallen müde. Seit einem Tag und fast zwei Nächten hatte sie

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