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Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Titel: Das Mädchen von San Marco (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Hickman
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lassen?«
    »Nicht sonderlich.«
    »Ich habe meine Edelsteine als Sicherheit geboten«, sagte Paul leise und schnell, als säße er in einem Beichtstuhl. »Ich habe alle meine Anteile an der Levante-Kompanie verkauft, um die Steine kaufen zu können. Und jetzt liegen sie bei Zuanne Memmo.«
    »Du hast ihm alles gegeben, was dir gehört, damit du an diesem einen Spiel teilnehmen kannst?«
    »Alles, was mir gehört, damit ich diesen Diamanten gewinne, den Blauen Stein des Sultans. Ich muss ihn haben, John, ich muss!«, Paul schluckte. »Alles oder nichts. Mir gefällt das, dir nicht?«
    »Hast du nicht gehört, was Constanza gesagt hat? Hat sie dich nicht gewarnt –«
    »Ja, ja.« Paul machte eine abwehrende Handbewegung. »Natürlich hat sie mich gewarnt. Und du hast sie dazu angestiftet, das weiß ich.«
    Carew brummte etwas Unverständliches. »Du ruinierst dich!«
    »Dieses Spiel werde ich nicht verlieren.«
    »Woher willst du das wissen?«
    Paul biss die Zähne zusammen. »Weil ich es spüre. Mein Glück ist nahe.«
    »Du wirst dich ruinieren«, wiederholte Carew.
    »Du verstehst das nicht.« Zum ersten Mal suchte Pindar Carews Blick. Seine Augen hatten den glasigen, abwesenden Ausdruck eines Menschen, der monatelang schlecht geschlafen hat. »Was auch immer geschieht, ich werde mich wenigstens lebendig fühlen.«
    Ambroses Gondel schrammte über die Stufen zu Constanzas Palazzo. Gleich hinter ihm bog eine zweite Gondel um die Ecke, die direkt auf ihn zusteuerte und neben ihm hielt.
    Von dem ölig schwarzen Kanalwasser stieg ein überwältigender Gestank auf. Ambrose presste angeekelt ein mit Rosenöl beträufeltes Stück Baumwollbatist gegen seine riesige Nase.
    »Entschuldigt, Signore, ist das der Palazzo der Dame, die Donna Constanza Fabia genannt wird?«, rief ihm ein etwa zwölf- oder dreizehnjähriges Mädchen in schäbiger Nonnentracht von der Gondel aus zu.
    Ambrose betrachtete das junge Mädchen wenig begeistert. Wenn sie nichts zu den Papiersammlungen oder Kuriositätenkabinetten beitragen konnten, für die er mit Leidenschaft die Welt durchkämmte, vermochte Ambrose mit Nonnen wenig anzufangen. Damit er sich für sie interessierte, mussten sie ihm schon besondere Raritäten liefern, etwa ein erlesenes Botanik-Aquarell, wie es Schwester Veronica malte, oder eine heilige Reliquie aus einer Kapelle. So etwas erwarb er gern, ohne allzu viele Fragen zu stellen – ein Stück vom Schienbein des heiligen Johannes und ein Tropfen Muttermilch von Unserer Lieben Frau waren zwei besonders befriedigende Neuerwerbungen.
    Aber nun: Warum wohl wollte eine Nonne eine Kurtisane ausfindig machen? Das war selbst in dieser Stadt des immerwährenden Lasters ungewöhnlich. Sein Interesse war jetzt doch geweckt.
    »Die Kurtisane Constanza Fabia?«
    »Si signore. La cortegiana honesta.«
    »Und wer, wenn ich diese dreiste Frage stellen darf, wünscht das zu wissen?«
    »Eufemia«, antwortete das Mädchen in breitestem venezianischen Dialekt, der auf Ambrose leicht schnarrend und schrill wirkte. »Suor Eufemia«, fügte sie stolz hinzu. Als sie das Inselkloster, zu dessen Orden sie gehörte, nannte, zuckte eine von Ambroses blonden Augenbrauen in die Höhe.
    »Nun, meine Liebe, dann seid Ihr weit fort von zu Hause.«
    Ambrose kannte das Kloster von seinen häufigen Besuchen in den Gärten und bei Suor Veronica sehr gut, doch er hielt es nicht für angebracht, mit dieser Information herauszurücken.
    »Ist es nicht recht ungewohnt für Euch, in der Stadt unterwegs zu sein?« Er zwinkerte ihr zu. »Ich dachte, Euer Orden sei ein geschlossener.«
    »Ach nein, mein Herr. Ich bin eine Laiennonne, Signore, das, was wir conversa nennen.« Eufemia lächelte ihn an. »Die Regeln gelten nicht für uns, nur für die Chornonnen. Obwohl keine von uns noch draußen sein dürfte, wenn der alte Sauertopf … ich meine Suor Purificacion ihren Willen hätte. Sie sagt, dass es zu grober Unmoral führt und nicht erlaubt sein sollte, aber wir kümmern uns einfach nicht darum, was sie denkt, jetzt, wo unsere Ehrwürdige Mutter Oberin Suor Bonifacia den Löffel abgegeben hat, möge ihre Seele in Frieden ruhen –«
    »Gut, gut, das reicht, ich danke Euch sehr, ich denke, ich habe verstanden.« Immer noch mit dem süßlich duftenden Taschentuch vor der Nase, betrachtete Ambrose Eufemia leidenschaftslos.
    »Sagt mir, Schwester …«
    »Ihr könnt mich Femia nennen, wenn Ihr wollt.«
    »Darf ich wirklich? Wie freundlich, Femia.« Ambrose

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