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Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Das Mädchen von San Marco (German Edition)

Titel: Das Mädchen von San Marco (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Hickman
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getroffen«, begann Carew unwillig. »Aber sie ist nicht Celia.« Er verstummte und fragte sich, wie er jemals sich selbst – geschweige denn einem anderen – erklären sollte, was sich am Nachmittag im Kloster abgespielt hatte.
    »Du weißt etwas.« Paul beobachtete ihn aufmerksam.
    »Nein, ich weiß nichts …«
    »O doch.« Mit erstaunlicher Behändigkeit sprang Paul vom Bett und ging drohend auf Carew zu.
    »Ich hatte noch keine Möglichkeit –«
    »Und das soll ich dir glauben? Ich kenne diesen Blick, ich kenne ihn schon seit langem. Ich sehe das Weiße in deinen Augen, und das bedeutet immer Ärger. Du weißt etwas, du verdammter Rattenfänger, und erzählst es mir nicht.«
    Aus dem Gürtel unter seinem Hemd zog Paul einen kurzen Dolch hervor, und Carew spürte die kalte, scharf geschliffene Spitze, mit der Paul über seine Wange fuhr, der langen hellen Narbe folgend, die von einem Ohr zum Mundwinkel führte.
    »Sag es mir oder ich schneide dir diesmal das ganze Ohr ab.«
    Carew roch Pauls schalen Atem.
    »Schon gut, schon gut, ich habe ja noch eins … Ah! Verdammt! « Carew fuhr sich mit der Hand an den Kopf und riss sich heftig los. »Musste das sein?« Er spürte, wie das Blut klebrig und warm an seinem Hals hinunterlief. Er betastete sein Ohr. Ein kleiner Hautfetzen hing herunter. »Maria und Jesus, du hast mir wirklich das Ohr abgeschnitten!«
    »Du hast wohl gedacht, dass ich nur scherze? Dann möchte ich dich daran erinnern, dass ich dies niemals tue«, sagte Paul kalt. »Stell dich nicht so an, es ist nur das Ohrläppchen.« Er wischte die Klinge sorgfältig an seinem Hemdzipfel ab. »Abgesehen davon hast du ja noch ein anderes, wie du gerade so frohgemut meintest.«
    »Großer Gott …«
    Carew ging zu Constanzas Tisch, griff nach der Flasche, goss etwas Wein auf eine der Leinenservietten und presste sie an sein Ohr.
    Paul setzte sich auf die Kante von Constanzas Bett und betrachtete Carew ungerührt. »Tut es weh?«
    Carew antwortete nicht. Stattdessen nahm er eines der Küchenmesser aus seinem Hüftgürtel und führte es an sein blutendes Ohr.
    »Du kannst mir nicht wehtun, Pindar.«
    Mit einem geübten Schnitt, so als würde er ein Stück Fleisch filetieren, trennte er den Rest seines Ohrläppchens ab. Ein Stück Haut von der Größe eines Viertelpennys landete zu Pauls Füßen.
    Pindar starrte darauf.
    »Es tut mir leid.«
    Carew lehnte sich gegen die Wand und rutschte daran hinunter, bis er auf dem Boden hockte.
    »Das glaube ich dir nicht.«
    Für eine Weile saßen sich beide schweigend gegenüber. Die Sonne war gewandert und strahlendes Sonnenlicht strömte ins Zimmer. Dadurch sah man, dass ein Stück der verzierten Ledertäfelung fehlte und dass der Damast der Bettvorhänge ausgefranst war.
    »Wie du aussiehst!« Carew presste das Tuch gegen sein pochendes Ohr. »Was ist nur aus dir geworden! Was würde dein Vater denken, wenn er dich so sähe?«
    »Du hältst ihn da raus.«
    Carew schnaubte.
    »Ambrose glaubt, dass du schwermütig geworden bist.«
    Pindar streckte sich wieder auf dem Bett aus.
    »Zur Hölle mit Ambrose«, sagte er leise, »zur Hölle mit euch allen.«
    »Warum, Paul? Warum hasst du mich so sehr?«
    »Du hast Unrecht. Ich hasse dich nicht.« Pauls Stimme wurde leiser. »Jedenfalls nicht ununterbrochen.«
    »Was ist es dann?«
    »Du bist derjenige, der Celia gesehen hat. Ich nicht. Du hättest mit deinen bloßen Händen die Mauern niederreißen müssen, um sie zu retten.«
    »Das war unmöglich.«
    »Ich weiß. Aber denkst du etwa, das macht für mich einen Unterschied?«
    »Komm mit mir nach England zurück, Paul. Das Schiff legt in ein paar Tagen ab – vielleicht sogar schon morgen, wenn die Winde günstig sind.«
    Für eine Weile schien Pindar darüber nachzudenken. Dann schüttelte er den Kopf. »Ich kann nicht. Ich kann mich dort nicht zeigen, nicht in diesem Zustand. Außerdem … Ich habe mich verpflichtet, an dem Spiel teilzunehmen.«
    Carew schloss resigniert die Augen.
    »An welchem Spiel?«
    Als ob er die Antwort nicht schon kannte.
    »Was glaubst du? Zuanne Memmos Spiel natürlich. Das große.«
    »Ich dachte, er wollte dich nicht dabeihaben. Ich dachte, die Wetteinsätze seien zu hoch?«
    »Was? Glaubst du wirklich, ich lasse mir so ein Spiel entgehen? Für wie dumm hältst du mich? Was meinst du wohl, was ich in den letzten Tagen gemacht habe?«
    Carew antwortete nicht.
    »Interessiert es dich nicht, wie ich ihn überredet habe, mich mitspielen zu

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