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Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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Fremdenfeindlichkeit geworden. Es war ausgesprochen angenehm für den radikal-nationalistischen französischen Adel des 18. Jahrhunderts, sämtliche negativen politischen und gesellschaftlichen Umstände ihrer in Österreich geborenen Königin zuzuschreiben. Bei einer Forschungsreise nach Frankreich hatte Maureen nicht schlecht gestaunt, als siehatte feststellen müssen, dass dieses Denken bis heute Bestand hatte. Der englischsprachige Reiseführer in Versailles hatte noch immer mit unverhohlenem Hass von der enthaupteten Königin gesprochen und dabei die historischen Beweise schlichtweg ignoriert, die Marie Antoinette von vielen böswilligen Anklagen freisprachen. Und all das trotz der Tatsache, dass die arme Frau schon vor zweihundert Jahren brutal verstümmelt und getötet worden war.
    Die erste Fahrt nach Versailles hatte Maureen in ihrer abweichenden Interpretation nur noch bestärkt. Sie hatte zahlreiche Bücher gelesen, von wissenschaftlichen Beschreibungen Frankreichs im 18. Jahrhundert bis hin zu historischen Romanen, die die Geschichte aus der Perspektive der Königin erzählten. Das Gesamtbild, das sich daraus ergab, wich von der weithin akzeptierten Karikatur zwar ab, aber nicht sehr: Marie Antoinette sei oberflächlich, selbstverliebt und nicht gerade die Hellste gewesen. Maureen lehnte dieses Bild ab. Was war beispielsweise mit Marie Antoinette als Mutter? Mit der trauernden Frau, die ihre Tochter schon im Säuglingsalter verloren hatte und später auch noch ihren Sohn verlieren sollte? Dann war da Marie die Ehefrau, die man wie Ware auf dem politischen Marktplatz gehandelt hatte, eine Frau, die in Gefangenschaft wartete, während man die Menschen, die sie geliebt hatte, um ihretwillen abschlachtete. Maries engste Freundin, die Prinzessin Lamballe, war vom Mob im wörtlichen Sinne in Stücke gerissen worden; Teile ihres Leibes hatte man daraufhin auf Piken gesteckt und am Fenster von Marie Antoinettes Zelle vorbeigetragen.
    Maureen war fest entschlossen gewesen, ein sympathisches, aber auch realistisches Bild von einer der meistverachteten Herrscherinnen der Geschichte zu zeichnen. Das Ergebnis war beeindruckend, und das entsprechende Kapitel ihres Buches erfuhr große Aufmerksamkeit und wurde zum Gegenstand so mancher Debatte.
    Aber so kontrovers Marie Antoinette auch sein mochte, ihrFall war nur die Nummer zwei nach Maria Magdalena. So war es auch die übernatürliche Anziehungskraft von Maria Magdalena, die Maureen gerade mit einer erregten Blondine diskutierte.
    »Haben Sie übrigens gewusst, dass McLean bei den Anhängern von Maria Magdalena als heiliger Ort gilt?«, fragte die Frau plötzlich.
    Maureen öffnete den Mund, um etwas darauf zu erwidern, schloss ihn dann jedoch wieder, bevor sie schließlich stammelte: »N… nein … Das habe ich nicht gewusst.« Da war sie wieder: diese elektrisierende Welle, die sie jedes Mal überkam, wenn etwas Seltsames am Horizont erschien. Sie konnte sie deutlich spüren, selbst unter den Neonlichtern dieses amerikanischen Supereinkaufszentrums. Maureen atmete tief durch und fasste sich wieder. »Okay, ich gebe auf. In welcher Hinsicht ist McLean, Virginia, für Maria Magdalena relevant?«
    Die Frau reichte Maureen eine Visitenkarte. »Ich weiß nicht, ob Sie ein wenig freie Zeit haben, solange Sie in McLean sind, aber falls ja, dann kommen Sie doch mal vorbei, und besuchen Sie mich.« Die Visitenkarte stammte von einer Buchhandlung namens »Zum Heiligen Licht«, Eigentümerin: Rachel Martel.
    »Natürlich ist der Laden nicht mit dem hier zu vergleichen«, sagte die Frau, von der Maureen annahm, dass es sich um die besagte Eigentümerin handelte. Sie deutete auf die riesigen Bücherregale. »Aber ich glaube, wir haben ein paar Bücher, die Sie vielleicht interessant finden könnten. Sie stammen von Einheimischen und sind im Eigenverlag erschienen. Sie beschäftigen sich mit Maria. Unserer Maria.«
    Maureen schluckte erneut, vergewisserte sich, dass die Frau in der Tat Rachel Martel war, und bat sie dann um eine Wegbeschreibung zu ihrer Buchhandlung.
    Zu Maureens Linken ertönte ein diskretes Husten, und sie sah den Geschäftsführer der Buchhandlung nachdrücklich winken, dass sie weitermachen solle, bevor die Schlange noch länger wurde. Maureen wandte sich wieder Rachel zu.
    »Sind Sie heute Nachmittag vielleicht da? Das sind die einzigen freien Stunden, die ich habe.«
    »Das werde ich mit Sicherheit sein. Und Sie finden mich nur ein paar Meilen die

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