Das Magdalena-Evangelium: Roman
Hauptstraße hinunter. So groß ist McLean nicht. Es ist leicht zu finden. Rufen Sie ruhig an, wenn Sie eine genauere Wegbeschreibung brauchen. Und danke für das Autogramm. Ich hoffe, Sie später zu sehen.«
Maureen schaute der Frau hinterher und blickte dann zu dem Buchhändler hinauf. »Ich glaube, jetzt könnte ich doch eine Pause vertragen«, sagte sie leise.
Paris, 1er Arrondissement
Caveau des Mousquetaires
März 2005
Der fensterlose Steinkeller in dem antiken Gebäude hieß schon Caveau des Mousquetaires, solange die Menschen denken konnten. Seine Nähe zum Louvre in den Tagen, als das große Museum noch die Residenz der französischen Könige gewesen war, verlieh ihm eine strategische Bedeutung – eine Bedeutung, die er auch heute noch besaß. Der verborgene Ort war nach den Männern benannt, die Alexandre Dumas in seinem gefeiertsten Werk berühmt gemacht hatte. Dumas hatte seine Helden an real existierende Männer mit einer wirklichen Mission angelehnt. Dieser Raum war einer der geheimen Treffpunkte der Garde der Königin, nachdem der schurkische Kardinal Richelieu sie in den Untergrund getrieben hatte. In der Realität war es nämlich nicht der König von Frankreich gewesen, den zu beschützen die Musketiere geschworen hatten, sondern die Königin. Anna von Österreich war die Tochter einer weit älteren und königlicheren Familie als ihr Gemahl.
Dumas würde sich ohne Zweifel im Grabe umdrehen, hätteer gewusst, dass dieser einst heilige Ort nun in die Hand des Feindes gefallen war. In dieser Nacht diente die »Höhle der Musketiere« einer anderen geheimen Bruderschaft als Treffpunkt. Diese Organisation war nicht nur fünfzehnhundert Jahre älter als die Musketiere, sie stand deren Mission auch feindselig gegenüber, wofür sie sogar einen Eid mit Blut geschworen hatten.
Zwei Dutzend Kerzen warfen tanzende Schatten über die Wand; auch die in lange Gewänder gekleidete Gruppe war nur in Umrissen zu erkennen. Sie standen um einen alten rechteckigen Tisch herum, die Gesichter einem ständigen Wechselspiel von Licht und Dunkel ausgesetzt. Während ihre Gesichtszüge in dem Zwielicht nicht zu erkennen waren, war das besondere Emblem ihres Ordens bei jedem deutlich zu sehen: eine blutrote Schlinge, die sich jeder von ihnen um den Hals gelegt hatte.
Gedämpfte Stimmen enthüllten eine Vielzahl von Akzenten: englisch, französisch, italienisch und amerikanisch. Alle verstummten, als ihr Führer seinen Platz am Kopf des Tisches einnahm. Vor ihm glänzte ein polierter menschlicher Schädel im Kerzenschein, der auf einem mit Gold eingelegten Teller lag. Auf einer Seite des Schädels stand ein Kelch, verziert mit goldenen Spiralen und eingelegt mit Juwelen, die denen auf dem Teller entsprachen. Auf der anderen Seite des Schädels lag ein handgeschnitztes Kruzifix auf dem Tisch, mit dem Korpus nach unten.
Ehrfürchtig berührte der Anführer den Schädel, bevor er den mit einer dunkelroten Flüssigkeit gefüllten Kelch hob. Er sprach in typischem Oxford-Englisch.
»Das Blut des Lehrers der Gerechtigkeit.«
Langsam trank er einen Schluck, bevor er den Kelch an den Bruder zu seiner Linken weitereichte. Der Mann nahm ihn mit einem Nicken entgegen, wiederholte die Worte, allerdings auf Französisch, und trank ebenfalls. Jedes Mitglied des Ordens wiederholte diesen Ritus und antwortete in seiner eigenen Sprache, bis der Kelch wieder am Kopf des Tisches angelangt war.
Vorsichtig stellte der Anführer den Kelch wieder vor sich ab. Als Nächstes hob er den Teller und küsste den Schädel ehrfürchtig auf den Stirnknochen. Wie bei dem Kelch reichte er auch den Schädel nach links weiter, und jedes Mitglied der Bruderschaft wiederholte die Handlung. Dieser Teil des Rituals wurde in vollkommenem Schweigen vollzogen, als wäre es zu heilig, um von Worten entwürdigt zu werden.
Auch der Schädel ging einmal im Kreis um den Tisch, bis er wieder bei dem Mann am Kopfende angelangt war. Dieser hob daraufhin den Teller hoch in die Luft, bevor er ihn mit weit ausholender Geste und den Worten »Der Erste und Einzige« wieder auf den Tisch stellte.
Dann hielt der Anführer kurz inne und griff nach dem hölzernen Kruzifix. Er drehte es um, sodass er den Gekreuzigten ansehen konnte, hob es auf Augenhöhe … und spie Jesus Christus voller Hass ins Gesicht.
S arah-Tamar kommt oft und liest meine Erinnerungen, während ich schreibe. Sie hat mich daran erinnert, dass ich noch nicht erklärt habe, was es mit Petrus und dem
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