Das Magdalena-Evangelium: Roman
Gleichgewicht zu bringen. Alles in allem betrachtet, ist das eine recht machtvolle Kombination. Aber wenn Sie wollen, ich habe hier drüben auch reinen Amethyst.«
Maureen hörte dem Gespräch nur mit halbem Ohr zu. Sie war wesentlich neugieriger, was die Bücher betraf, von denen Rachel gesprochen hatte. Die Bücherregale schienen nach Themen geordnet zu sein, und Maureen ließ rasch ihren Blick darüberschweifen. Da waren Bände, die sich mit den amerikanischenUreinwohnern beschäftigten, eine keltische Sektion, wo eine Maureen, die es weniger eilig hatte, einen ganzen Tag hätte verbringen können, und der allgegenwärtige Engelbereich.
Rechts von den Engeln standen einige Bücher zur christlichen Gedankenwelt. Aha, da komme ich der Sache ja schon näher. Maureen schaute weiter und hielt abrupt inne. Da war ein großes weißes Buch mit einem Titel in dicken schwarzen Buchstaben: MAGDALENA .
»Wie ich sehe, kommen Sie auch ganz gut ohne mich zurecht.«
Maureen sprang einen halben Fuß in die Höhe; sie hatte Rachel nicht kommen hören. Die junge Kundin verließ den Laden und drückte dabei eine blau-weiße Tüte mit ihrem Ametrin an die Brust.
»Das ist eines der Bücher, von denen ich Ihnen erzählt habe. Der Rest sind eher Broschüren. Hier, das sollten Sie sich vielleicht einmal ansehen.«
Rachel zog eine dünne Broschüre aus dem Regal, kaum mehr als ein Pamphlet. Sie war pink und sah aus, als wäre sie am PC gemacht worden. Maria in McLean hieß es in Times New Roman, 24 Punkt.
»Um welche Maria geht es hier?«, fragte Maureen. Während der Arbeit an ihrem Buch war sie vielen interessanten Spuren gefolgt, nur um in den meisten Fällen herauszufinden, dass sie sich auf Maria, die Mutter Jesu, bezogen und nicht auf Maria Magdalena.
»Ihre Maria«, antwortete Rachel und lächelte wissend.
Maureen schenkte der Frau zur Antwort ein halbes Lächeln. Meine Maria … in der Tat. Allmählich empfand sie es tatsächlich so.
»Auf dem Einband muss es nicht näher erläutert werden, da es ein Einheimischer geschrieben hat. Die spirituelle Gemeinde in McLean weiß, dass es sich um Maria Magdalena handelt.Wie ich Ihnen vorhin schon gesagt habe, hat sie ihre eigene Gefolgschaft hier.«
Rachel fuhr fort zu erklären, dass schon seit vielen Generationen Einwohner in dieser kleinen Stadt über Erscheinungen berichtet hatten. »Im vergangenen Jahrhundert hat man Christus hier bei fast einhundert dokumentierten Gelegenheiten gesehen. Das Seltsame ist, dass man ihn oft am Straßenrand stehen sieht – an der Hauptstraße, der, auf der Sie hierhergekommen sind. Ein paar der Visionen zeigten Christus am Kreuz, ebenfalls von der Hauptstraße aus gesehen. In anderen Visionen ging Christus jedoch neben einer Frau. Man hat sie wiederholt als kleine Gestalt mit langem Haar beschrieben.«
Rachel blätterte durch die Broschüre und wies Maureen auf unterschiedliche Kapitel hin. »Die erste dokumentierte Vision dieser Art stammt vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Frau, die die Vision hatte, hieß Gwendolyn Maddox, und sie hatte sie ausgerechnet in ihrem eigenen Garten. Sie bestand darauf, dass die Frau bei Christus Maria Magdalena gewesen sei, während ihr Gemeindepfarrer darauf beharrte, dass die Vision Jesus und die Jungfrau Maria gezeigt habe. Ich nehme an, wenn man sie sieht, bekommt man mehr Punkte beim Vatikan. Aber die alte Gwen war nicht von ihrer Aussage abzubringen. Es war Maria Magdalena. Sie erklärte, sie könne nicht sagen, woher sie das wisse, sie wisse es einfach. Und Gwen behauptete auch, dass die Vision sie vollständig von einer üblen rheumatischen Arthritis geheilt habe. Da hat sie dann auch einen Schrein in ihrem Garten gebaut und ihn für die Öffentlichkeit geöffnet. Bis zum heutigen Tag beten die Menschen hier zu Maria Magdalena um Heilung.
Es ist auch interessant zu erwähnen, dass keiner von Gwens Nachkommen mehr unter rheumatischer Arthritis gelitten hat, was, soviel ich weiß, eine Erbkrankheit ist. Ich bin sehr dankbar dafür wie auch meine Mutter und meine Großmutter. Ich bin nämlich Gwendolyns Urenkelin.«
Maureen blickte auf die Broschüre in Rachels Hand. Sie hatte den klein gedruckten Text am Fuß des Titelblatts übersehen. Von Rachel Maddox Martel.
Rachel reichte Maureen die Broschüre. »Nehmen Sie. Es ist ein Geschenk. Sie enthält Gwens Geschichte und ein paar weitere Einzelheiten in Bezug auf die Visionen. Nun das andere Buch hier …« Rachel deutete auf den dicken
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