Das magische Buch
sonst wird das Buch nie fertig … und Papa wir nie mehr gesund!«
9
W ir sind ins Krankenhaus gegangen, um Papa die ausgedruckten Seiten zu bringen. Vielleicht diktiert er uns ja das nächste Kapitel.
Inzwischen kennen wir den Weg. Wir fahren mit dem Aufzug in den zweiten Stock und klopfen an die Tür mit der Nummer 202. Mama öffnet uns.
An ihrem seltsamen Gesichtsausdruck sehen wir, dass jemand im Zimmer ist.
»Kommt rein, kommt rein«, sagt Papa. »Ich möchte euch Julio Cortés vorstellen, meinen Verleger.«
Wir gehen ins Zimmer und begrüßen den fremden Mann. Er sieht nett aus, und als ich seine Stimme höre, erkenne ich sie sofort wieder:
»Hallo! Du musst César sein, stimmt’s?«
»Ja, und ich bin Lucía«, stellt Lucía sich selbst vor. »Ich will später einmal Schriftstellerin werden, so wie Señor Durango.«
»Ach ja? Sehr schön«, antwortet Julio Cortés. »Ich finde, das ist eine ausgezeichnete Idee.«
»Julio ist gekommen, um nach Papa zu sehen«, sagt meine Mutter, »und um sich nach dem Magischen Buch zu erkundigen. Ihr wisst doch, dass Papa ein neues Buch schreibt, oder?«
Ich sehe Mama an. Sie hat immer noch diesen seltsamen Gesichtsausdruck.
»Ein neues Buch?«, fragt Lucía. »Nein, davon hatte ich keine Ahnung.«
Ich staune nicht schlecht. Aber dann weiß ich, was ich zu sagen habe:
»Doch, irgendetwas habe ich gehört, aber ich wusste nicht, dass er schon angefangen hat.«
»Du kannst stolz auf ihn sein«, sagt Julio. »Dein Vater schreibt eine Fortsetzung vom Unsichtbaren Buch !«
»Superidee!«, ruft Lucía. »Der erste Teil hat mir sehr gut gefallen.«
»Ja, mir auch«, beeile ich mich zu sagen. »Hoffentlich wird der zweite Teil auch so gut.«
»Ganz bestimmt«, versichert Julio. »Aber ihr müsst deinen Vater schonen. Er muss gesund werden, damit er es fertig schreiben kann. Ihr wisst ja, ein Vertrag ist dazu da, um erfüllt zu werden.«
»Und was passiert, wenn nicht?«, fragt Lucía.
»Nun, wir haben vor, das Buch in ein paar Monaten zu veröffentlichen. Wenn es sich verzögert, können wir es erst in einem oder zwei Jahren herausbringen.«
»In zwei Jahren!«, rufe ich.
»Wir im Verlag planen die Veröffentlichung eines Buches lange im Voraus«, erklärt Julio Cortés. »Aber ich bin sicher, dein Vater wird rechtzeitig wieder auf den Beinen sein, um die Geschichte zu beenden.«
»Aber sicher!«, sagt Mama. »Du brauchst dir darum keine Sorgen zu machen.«
»Ich werde den Termin bestimmt einhalten«, versichert Papa. »Die Geschichte ist schon weit vorangeschritten.«
»Das Wichtigste ist, dass du wieder gesund wirst«, sagt der Verleger. »Aber wenn du die erste Fassung rechtzeitig fertig kriegst, umso besser.«
»Du kannst dich auf mich verlassen«, erwidert mein Vater. »Ich hab da eine neue Technik entwickelt, die spart viel Zeit …«
»Eine neue Technik? Ich hoffe, du machst es dir damit nicht noch schwerer! Diese Manie von dir, zuerst alles mit der Hand zu schreiben und dann abzutippen … Das ist doch sehr umständlich, findest du nicht?«
»Bringt aber viel. Keine Sorge, mit dem neuen System geht es viel schneller.«
»Du wirst schon wissen, was am besten für dich ist. Ich möchte mich da nicht einmischen. Ich wünsche mir nur, dass du schnell wieder gesund wirst. Das mit dem Buch schaffen wir schon … In Ordnung?«
Während er spricht, schiebe ich unauffällig meine Mappe unter die Bettdecke.
»Also dann … Wir hören voneinander«, sagt Julio. »Adiós!«
»Adiós, Julio!«, erwidert Mama. »Wir sehen uns, wenn César den Roman beendet hat.«
»Wenn ich den Roman beendet habe …?«, frage ich entsetzt.
»Nein, sie meint deinen Vater«, stellt Julio klar und streicht mir übers Haar. »Du bist noch zu klein, um Bücher zu schreiben. Das ist was für Erwachsene.«
»Er ist ziemlich aufgeregt, müssen Sie wissen«, erklärt Lucía.
Julio lächelt uns an und geht hinaus. Bevor er die Tür schließt, sagt er noch:
»Wenn du mit dem Buch fertig bist, musst du es mir sofort schicken, ja? Ich möchte der Erste sein, der den Text liest. Kann es kaum erwarten!«
»Wir werden ein großes Essen machen, um es zu feiern«, verspricht Mama.
»Gute Idee. Adiós!«
Die Tür fällt ins Schloss, und wir atmen erleichtert auf. Endlich alleine!
»Du bist wirklich zu blöd«, schimpft Lucía. »Fast hättest du uns verraten.«
»Ich dachte, Mama hätte mich gemeint, als sie gesagt hat …«
»Los, Kinder, an die Arbeit«, mahnt Papa. »Wir
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