Das magische Buch
Insel. Sie wollten mit eigenen Augen die Verwüstungen sehen, die Scrooms Armee angerichtet hatte. Vor allem jedoch wollten sie herausfinden, ob das unsichtbare Buch tatsächlich den Barbaren in die Hände gefallen war.
Es bot sich ihnen ein furchtbarer Anblick. Von der Bibliothek standen nur noch ein paar Mauern, der Rest war zerstört. Rauchsäulen stiegen aus den noch qualmenden Resten der Bücher auf, die aus hochwertigem Papier bestanden hatten.
Als die alten Männer sie erkannten, traten sie aus dem Wald, um sie zu begrüßen. Ihr Zustand war beklagenswert. Seit dem Überfall hatten sie kaum etwas gegessen und getrunken. Sie hatten ihren Lebensmut verloren.
›Es ist das größte Unglück, das uns passieren konnte‹, klagte einer von ihnen.
›Und das Schlimmste kommt erst noch‹, sagte ein anderer. ›Wenn es ihnen gelingt, die Bücher in den Vulkan Hutlan zu werfen, wird die gebildete Welt lange brauchen, um sich davon zu erholen.‹
›Bevor das passiert, sterbe ich lieber‹, jammerte ein Dritter.
Hanna ging zu dem Baum, unter dem sie das unsichtbare Buch gelesen hatte. Und als sie an jenen glücklichen Tag dachte, fing sie bitterlich an zu weinen. Der Baum, der sie viele Stunden geschützt und ihr das richtige Licht geboten hatte, um das unsichtbare Buch zu lesen, war niedergebrannt, ohne Blätter, mit gespaltenen, verkohlten Ästen. Das Feuer hatte ihn vernichtet.
›Wir müssen Scroom unbedingt daran hindern, sein grausames Werk zu vollenden!‹, rief sie wütend.
›Aber was können wir gegen ihn tun?‹, fragte Sigfrido. ›Wir sind zu wenige.‹
Einer der Greise hob die Hand, um etwas zu sagen.
›Vielleicht kann uns jemand helfen …‹, begann er.
›Wer denn?‹, fragte Hanna hoffnungsvoll.
›Die Schreiber aus der Schwefelmine‹, antwortete der Alte. ›Sie könnten ein magisches Buch schreiben. Eines, das Scrooms Herz gewinnt.‹
›Scroom liest keine Bücher. Er hasst sie bis aufs Blut‹, sagte Hanna. ›Er betrachtet sie als seine größten Feinde.‹
›Er hasst sie, weil er noch keins gelesen hat‹, erwiderte der Alte.
›Wir müssen ihn dazu zwingen, es zu lesen‹, sagte Sigfrido und sah Nasshan an.
›Man kann niemanden zwingen, ein Buch zu lesen‹, erklärte Hanna. ›Lesen kann man nur freiwillig, mit Lust!‹
›Das stimmt. Bücher, die zu lesen man gezwungen wird, liebt man nicht.‹
›Es sei denn …‹, sagte die Prinzessin geheimnisvoll.
›Ja?‹, fragten alle wie aus einem Mund.
›Ach, nichts, das wird sich ergeben, wenn der Moment gekommen ist‹, antwortete sie. ›Erst einmal müssen wir zur Schwefelmine gehen und dafür sorgen, dass dieses Buch geschrieben wird. Falls es nicht schon zu spät ist …‹
›Mach dir darüber keine Sorgen‹, sagte einer der Greise. ›Es gibt keinen besseren Beweggrund für einen Schreiber, als zu wissen, dass sein Buch mindestens einen Leser haben wird.‹
›Gut, dann machen wir uns sofort auf den Weg‹, schlug die Prinzessin vor.
›Da ist noch etwas, das mir Sorgen macht‹, sagte Sigfrido. ›Wer garantiert uns, dass das magische Buch Scrooms Herz gewinnen wird?‹
›Niemand‹, antwortete einer der Männer. ›Bücher haben zweifellos einen Einfluss auf die Menschen, aber nichts garantiert uns, dass sie auch einen Barbaren beeinflussen. Es gibt keine Gewissheit, dass es funktioniert. Aber es ist unsere einzige Hoffnung.‹
Alle sahen sich mit besorgter Miene an. Nasshan fühlte sich veranlasst, etwas zu sagen:
›Also gut, ich werde euch zur Schwefelmine begleiten. Aber dann trenne ich mich von euch. Dieses magische Buch wird nichts nützen. Scroom wird es niemals lesen! Und wenn er es doch tut, wird es keine Wirkung auf ihn haben.‹
›Vielen Dank, dass du uns begleiten willst‹, sagte Hanna.
›Gleich morgen früh brechen wir auf‹, entschied der Jäger.
Die Sonne ging langsam hinter der Insel der Leser unter, während viele Kilometer entfernt die Armee der Barbaren unaufhaltsam auf den Vulkan zumarschierte. Hutlan spuckte rote Lava aus seinem Krater, als wüsste er, dass der Tyrann ihn bald mit Tonnen von Büchern füttern würde. ‹
Ich versuche an Papas Gesichtsausdruck abzulesen, ob es ihm gefallen hat. Aber ich kann seine Gedanken nicht ergründen. Wenn er von unserer Geschichte nicht überzeugt ist, haben wir ein Problem.
Er sieht uns an und überlegt eine Weile, bevor er etwas sagt.
»Es hat Ihnen gefallen, oder?«, fragt Lucía.
»Wirst du wohl still sein und ihn sagen lassen, was er
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