Das Magische Labyrinth
fortgesetzten und schrecklichen Folterungen unterworfen hatte. Des Nachts sah die Sache allerdings anders aus. Dann bestanden seine Träume daraus, daß John einem gelähmten oder sonst wie rettungslos in die Enge getriebenen Sam Clemens die abscheulichsten Dinge antat. Wenn nicht gerade Erik Blutaxt wutschnaubend hinter ihm her war.
Sam zog eine Grimasse und kehrte in die Kochnische zurück. Wie er vermutet hatte, enthielt die Wasserleitung der Duschanlage noch genug Wasser, um mehrere Gläser zu füllen. Er trank noch einmal und füllte das Glas für John. Dann kehrte er in die Kabine zurück und setzte es seinem Gefangenen an die Lippen. John trank. Er schmatzte und stöhnte erleichtert auf.
»Kann ich bitte noch etwas haben?«
»Noch etwas?« fragte Sam laut. »Und sogar bitte! Du bist wohl nicht bei Sinnen! Ich habe dich nur trinken lassen, damit du wachen Auges verfolgen kannst, was ich jetzt mit dir machen werde!«
John lächelte kurz. Er war ebenso wenig hinters Licht zu führen wie sein Bezwinger.
Dieses Wissen regte Sam dermaßen auf, daß er beinahe in der Lage gewesen wäre, seinen ursprünglichen Plan doch noch auszuführen. Sein Ärger schwand jedoch rasch. Er blieb mit der zum Schlag erhobenen Pistole vor John stehen.
Johns Lächeln schwand, aber nur deswegen, weil er Sam offenbar nicht zum Äußersten verführen wollte.
»Warum bist du so selbstsicher?« fragte Sam. »Warum glaubst du dir meiner sicher zu sein? Glaubst du etwa, ich hätte es nicht fertiggebracht, dich vom Wasser zu blasen, dich zu versenken, zuzusehen, wie du ersäufst, oder dich niederzumachen, wenn du versucht hättest, mein Schiff zu betreten?«
»Aber sicher«, sagte John. »Aber das wäre dann in der Hitze der Schlacht passiert. Du wirst mich nicht foltern, so gern du es auch möchtest. Du wirst mich auch nicht kaltblütig abknallen.«
»Aber du hättest keine Skrupel, so mit mir zu verfahren, stimmt’s, du herzloser Schweinehund?«
John lächelte.
Sam wollte etwas sagen, hielt aber dann doch den Mund. Der Lärm im Korridor war plötzlich verstummt. Auch John hatte etwas sagen wollen, aber auf Zeichen von Sam hin hielt er inne. Offenbar war ihm klar, daß er einen Schrei bedauern würde. So weich war sein Widersacher nun auch wieder nicht.
Minuten vergingen. Sam stand an der Tür, preßte ein Ohr gegen die Füllung und behielt John im Auge. Jetzt konnte er leise Männerstimmen hören. Da die Kabinen fast schalldicht waren, war es ihm nicht möglich, ihre Entfernung festzustellen. Er kehrte zu John zurück, legte ihm einen Knebel über den Mund und band ihn hinter seinem Kopf fest. »Damit du nicht auf dumme Gedanken kommst«, sagte er. »Solltest du es trotzdem schaffen, einen Hilfeschrei auszustoßen, würde ich mich gezwungen sehen, dich zu erschießen. Vergiß das nicht!«
Hoffentlich gelingt es ihm, dachte er.
Sam schaltete das Licht ab, entriegelte die Tür und drückte sie, die Pistole in der Hand haltend, langsam auf. Es dauerte ein paar Sekunden, bis seine Augen sich an das im Korridor herrschende Dunkel gewöhnt hatten. Auf dem Boden lagen mehr Tote als zuvor. Er schaute vorsichtig um die Ecke und sah sich im Korridor um. Dort lagen noch mehr. Offenbar hatten Johns Leute den Gang von der einen Seite aus betreten und waren durch den gegenüberliegenden Ausgang geflohen. Irgendwann war das Feuer aus den Faustwaffen verstummt und durch das Geklirr aufeinanderschlagender Klingen ersetzt worden. In der Ferne erklang Stimmengewirr und das Klirren von Metall. Es sah so aus, als wäre beiden Seiten die Munition ausgegangen.
Er verstand nicht, wieso die relativ wenigen Leute, denen es gelungen war, die Nicht vermietbar zu entern, sich so lange gegen seine Leute zu halten vermochten. Am besten wartete er noch eine Weile, bis er die Kabine mit seinem Gefangenen sicher verlassen konnte.
Aber dachte er nicht zu pragmatisch? War es nicht seine Pflicht, hinauszugehen und seine Leute anzuführen? Sicher war es das. Aber was wurde dann aus seinem Gefangenen?
Kein Problem. Er würde John mit Hilfe des Schlüssels, der neben der Tür hing, einschließen. Dann würde er nach seinen Leuten Ausschau halten. Es konnte nicht schwer sein, sie zu finden. Die meisten würden sich dort aufhalten, wo der größte Lärm erzeugt wurde.
Sam kehrte in die Kabine zurück, schloß die Tür und schaltete das Licht wieder ein. John musterte ihn mit einem neugierigen Blick.
»Es geht zu Ende«, sagte Sam. »Deine Leute sind fast
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