Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
verstecken, nach den Pferden und Maultieren zu schauen und sich ab und an, wenn er Glück hatte, von der rothaarigen Stallmagd bei der Abendfütterung helfen zu lassen. Sie war eine angenehme Überraschung gewesen. Wenn er Zeit hatte, konnte er sich ins Gedächtnis rufen, wie sie sich bewegt hatte und wie ihr schlichtes Dienerinnengewand es nicht vermocht hatte, die Form ihres Körpers gänzlich zu verhüllen.
Sie hatte eine wundervolle Figur, kräftig und anmutig, und sie war groß genug, dass sie ihm ohne Weiteres ins Gesicht sehen konnte. Das war nicht alltäglich. Es gefiel ihm recht gut.
Im Augenblick hatte er Befehle, und er war klug genug, sie zu befolgen. Ein wenig zu spät, aber gehorsam sprach er im Mutterhaus des Rosenordens vor. Es befand sich im oberen Teil der Stadt, direkt unterhalb des Herzogspalastes. Ein Teil davon war in den Felsen gebaut, der vom Fluss steil aufragte. Von der Straße sah es aus wie eine lange Steinmauer, die ab und an von einem Tor unterbrochen wurde. Erst als Gereint sich im Inneren befand, erkannte er, wie stark das Haus befestigt war und wie weit es sich erstreckte. Es war größer als die ganze Stadt Morency.
Es war zu spät, und er war zu verwirrt, um zu verstehen, wohin er geschickt worden war. Sankt Emile war imposant genug für seine ans Dorf gewohnten Augen gewesen. Dies hier überstieg seine Vorstellungskraft.
Zuerst musste er ein Tor auswählen. Das größte schien ihm irgendwie zu offensichtlich. Es war hell erleuchtet und glitzerte von geschliffenem Glas; Wächter in glänzender Rüstung standen auf beiden Seiten. Selbst so spät war es noch geöffnet und schien einladend auf einen Gast zu warten.
Gereint schlich daran vorbei und mied den Lichtschein des Tores. Er passierte noch sechs weitere, bis er eines fand, das ihm richtig erschien.
Es war ein kleines Tor, halb verborgen. Wäre es ganz dunkel gewesen, hätte er es vielleicht übersehen. Auf den ersten Blick hielt er es für eine Art Lichttäuschung. Eine Hundsrose wuchs aus dem Steinpflaster, wand sich um die Pfosten und den niedrigen steinernen Sturz. Ihre Blüten waren rot wie Blut, und ihr betörender Duft erfüllte die Nachtluft.
Gereint hob die Hand, um an das Tor zu klopfen, aber es öffnete sich, bevor er es berührte. Ein uralter Mann stand darin, verhutzelt und gebeugt, in der Hand eine Laterne, mit deren Hilfe er Gereints Gesicht inspizierte. Was er darin sah, schien ihn nicht zu entsetzen. Er nickte, seine schlupflidrigen Augen blitzten. »Kommt herein, Messire«, sagte er. Gereint verbeugte sich tief. Ein so alter Ritter musste zu seiner Zeit ein Meister gewesen sein, selbst wenn er seine letzten Tage als Wächter eines sehr kleinen Tores eines riesigen Hauses verbrachte. Es schien eine angenehme Pflicht, inmitten von Rosenduft Wache zu stehen. Gereint könnte sich glücklich schätzen, wenn er so weit kommen würde.
Der alte Mann lächelte bemerkenswert liebenswürdig. Er trat einen Schritt zurück und winkte Gereint herein.
Gereint zögerte nur einen kurzen Moment, dann trat er ein. »Geradeaus«, sagte der Pförtner, »und an der Laube nach links. Von dort aus wirst du den Weg finden.«
»Aber wie kann ich —«, begann Gereint zu sprechen, doch der Pförtner war fort, verschwunden. Ein Lufthauch fuhr durch die Rosen und ließ einen Schauer aus Blütenblättern auf Gereints Kopf niederregnen. Sie fühlten sich an wie ein kurzes Aufflackern von Gelächter. Dies war Magie. Gereint hatte sich so etwas niemals vorstellen können: diese Leichtigkeit, diese reine Freude über das, was sie bewirken konnte.
Er nahm die Freude mit auf den schattigen Weg, an dessen Ende sich eine von Rosen überrankte Laube befand. Er hielt inne und füllte seinen Kopf mit dem Duft der Blüten, dann wandte er sich nach links, wie es ihm gesagt worden war, und ging unter einer Reihe von Bogen auf einen von Fackeln erleuchteten Säulengang zu.
Die Fackeln führten ihn. Sie wurden heller, wenn er sich näherte, und verblassten, wenn er an ihnen vorbeigegangen war. Mehr Magie. Nach der Freude entdeckte er noch etwas anderes: die Selbstverständlichkeit, mit der das Licht stärker und schwächer wurde.
Er hätte nie gedacht, dass Magie leicht oder freudvoll sein könnte. Alles, was er kannte, war Furcht. In Sankt Emile hatte er alles gelernt, außer Magie, und er hatte niemanden gesehen, der sie ausübte. Er hatte gedacht, die Ritter würden ein großes Geheimnis darum machen, aber dieser Ort sprudelte über
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