Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
dar, Messire. Eine nicht zu bewältigende, könnte man denken, aber du kamst durch das Rosentor. Der Pförtner sprach gut von dir.« »Ich bin zu alt, nicht wahr?«, fragte Gereint. »Es ist zu spät für mich.« »Einige Leute würden das vielleicht sagen«, erwiderte der Meister. »Aber der Pförtner mag dich. Und du kamst auf dem direkten Weg. Wenn wir deine Anwesenheit überleben sollten, wirst du unserem Orden alle Ehre machen.« »Glaubt Ihr das?«
Die Braue über dem guten Auge des Meisters senkte sich. »Wenn wir es überleben, dass du da bist. Du bist ein Flickenteppich aus Halbwissen und Unkenntnis. Deiner Magie fehlt jegliche Ordnung und Kontrolle. Dennoch denke ich, dass man dich ausbilden kann. Der Knappe Riquier hat gebeten, dich in seine Obhut nehmen zu dürfen. Er ist sich der Gefahren bewusst und hat erklärt, dass er die möglichen Konsequenzen nicht fürchtet.« »Und wenn er daran stirbt?«
»Du solltest nicht so schlecht über dich denken«, erwiderte der Meister der Novizen. »Riquier verfügt über zwei äußerst nützliche Gaben: endlose Geduld und ein außergewöhnliches Talent für Aufbau und Erhaltung magischer Schutzvorrichtungen. Und er sagt, dass er dich mag. In ihm und dem Pförtner hast du zwei unerschütterliche Fürsprecher.«
Gott weiß warum, dachte Gereint und verkniff es sich, die Worte laut auszusprechen.
Es schien jedoch, als hätte der Meister sie dennoch gehört. Mit seiner gesunden Hand packte er Gereints Schulter und schüttelte ihn so heftig, dass seine Zähne aufeinanderschlugen. »Betrachte dich niemals durch das dunkle Glas. Stell dich der Wahrheit, aber sieh sie klar. Je dunkler das Glas, durch das du schaust, desto wahrscheinlicher ist es, dass du die Kontrolle über deine Magie verlierst.«
Gereint starrte ihn an.
Der Meister der Novizen nickte wie als Zeichen der Zufriedenheit. »Geh. Iss etwas. Dann mach dich auf die Suche nach Riquier.«
Gereint war ratlos: Sollte er sich verbeugen, sich hinknien, sich zu Boden werfen - oder einfach den Kopf einziehen und losrennen? Er hoffte, dass Riquier seine Fragen geduldig beantworten würde. Gereint hatte Tausende davon, und das waren nur diejenigen, die ihm sofort in den Sinn kamen. Der Knappe Riquier entpuppte sich als Gereints Führer vom Abend zuvor. An diesem Morgen trug er die nachtblaue Cotte der Knappen statt des abgetragenen grünen Gewandes, in dem Gereint ihn kennen gelernt hatte. Gereint runzelte die Stirn. »Ich dachte, Ihr wärt ein Novize«, sagte er. »Das war ich«, erwiderte Riquier, »bis gestern Abend.« »So kurz bevor sie Euch befördert haben, haben sie Euch mein Kindermädchen spielen lassen?« »Warum nicht?«
Gereint wusste keine Antwort auf diese Frage, genauso wenig wie auf so viele andere. Riquier grinste und klopfte ihm auf die Schulter. »Schau nicht so ängstlich. Du wärst nicht hier, wenn wir nicht dächten, dass du es schaffen kannst.«
»Da waren ein paar Leute in Sankt Emile aber ganz anderer Meinung.« Riquiers Grinsen verflüchtigte sich einen Augenblick lang. In diesem Moment erkannte Gereint, wie Respekt einflößend er sein konnte. Dann lächelte er wieder. »Einige Leute wissen nicht, wovon sie reden. Komm. Je eher wir anfangen, desto schneller kannst du ihnen beweisen, dass sie Unrecht hatten.« Die Worte zauberten ein leichtes Lächeln auf Gereints Lippen. Riquier zog ihn hinter sich her, bis er genug Verstand aufbrachte, die Füße aus eigener Kraft voreinanderzusetzen, und zeigte ihm das gesamte Mutterhaus: Hallen, Schlafsäle, Refektorien, Trainingshöfe, Kapellen, Ruheräume und die Bibliothek. Zwischendurch gab es irgendwann etwas zu essen, und nach Besichtigung der Bibliothek durfte Gereint sich eine Weile ausruhen.
Am nächsten Tag, so teilte ihm sein Führer mit, würde sein Unterricht ernsthaft beginnen. Dieser Tag sollte dazu dienen, ihn mit dem Mutterhaus vertraut zu machen.
Es gab eine Menge zu lernen. Aber das hatte Gereint gewusst. Eine Fähigkeit musste er allerdings unbedingt noch schnell erwerben: Wie man Fragen stellte und, was noch wichtiger war, wie man die Antworten verstand.
»Magie«, sagte Riquier, »ist im Grunde ganz einfach. Menschen haben sie eingeteilt in Orden und Regeln und Stufen der Meisterschaft. Aber alles in allem ist es nur das eine: Licht, das durch alles hindurchscheint, was es gibt. Glas sammelt und formt es, aber die Magie an sich ist sich selbst genug.« »Wäre das dann wilde Magie?«, fragte Gereint.
Riquiers Blick wirkte
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