Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
Badehaus heraustrat. Der Gesandte ihres Vaters sowie ein Trupp bewaffneter Männer erwarteten sie hoch zu Ross. Zwischen den Reihen befand sich eine, von zwei Maultieren getragene, vergoldete Sänfte.
Entschieden schüttelte Averil den Kopf. »Oh, nein. Ich werde alles tun, was als angemessen betrachtet wird, sobald wir die Insel verlassen haben, aber ich reise nicht in diesem Ding da über die Berge. Gebt mir ein Pferd oder wenigstens ein Maultier, und sucht mir etwas, worin ich reiten kann.« Die Männer warfen sich viel sagende Blicke zu. Sie hatten ihre von einem Schutzzauber umgebene Erscheinung taxiert, und der Schwall ihrer Gefühle verriet ihr, dass sie zu einer hübschen oder zumindest halbwegs ansehnlichen jungen Frau herangewachsen sein musste. Jetzt nahm sie bei ein, zwei Männern einen Anflug von Missfallen wahr, aber die übrigen sahen aus, als müssten sie sich ein Grinsen verkneifen.
»Ein Pferd«, wiederholte Averil. »Reitkleidung. Sofort.«
Grane und ihre Schwester Gerda waren zutiefst enttäuscht, aber sie folgten Averil zurück ins Badehaus und befreiten sie von dem lächerlichen Gewand. Gackernd schwirrten sie um sie herum und halfen ihr in ein anderes Gewand, das kaum praktischer war, jedoch weniger Perlenstickerei aufwies und mit einer Art Reitrock versehen war.
Sie erklärten, dies sei das Beste, was Averil erwarten könnte. Sie beschloss, bei nächster Gelegenheit anständige, praktische Reitkleidung zu bestellen. In der Zwischenzeit stieg sie auf den friedfertigen Wallach, der auf sie wartete, während der Mann, der ihn geritten hatte, sich unter überraschend wenig Protest mit einem der Maultiere begnügte.
Dann konnten sie ihre Reise beginnen. Die Sonne ging gerade auf, warf ihre langen, goldenen Strahlen ins Tal und tauchte die Berghänge in rotgoldenes Licht.
Die lieblichen Klänge des Morgengesangs schallten aus der Kapelle. Averils Herz sang die wohlvertrauten Worte mit. Sie begleiteten sie hinaus aus der geheiligten Stätte der Priesterinnen, durch den Hain, vorbei an blühenden Obstbäumen bis an das Ufer des Sees.
Im immer heller werdenden Licht des frühen Morgens ritt sie schließlich schweigend den ersten steilen Hang Richtung Bergkuppe hinauf. Unten schimmerte der See; die Türme der Kapelle wirkten wie ein gezackter Edelstein.
Sie war schon zu weit entfernt, um die Prozession zu sehen, die die Kapelle verließ, oder die Priesterinnen und Akolythinnen, wie sie sich an die Pflichten des Tages machten. All dies war Vergangenheit und existierte für sie nur noch in der Erinnerung.
Averil schaute nach vorn. Es war ein langer Weg bergauf und ein langer Weg des Herzens von dieser Welt bis zu jener, für die sie geboren wurde. Für einen Moment verließ sie der Mut. Sie konnte es nicht tun. Sie war nicht dafür geeignet. Sie kannte nichts als die Insel und ihre Geheimnisse. Ihr Vater hatte sie im Stich gelassen, als sie ein winziges Kind war, hatte sie abgeschoben, als der Tod ihrer Mutter ihn in tiefe Trauer gestürzt hatte. Sie kannte ihn durch seine Briefe -jedes Jahr einer, steif und formell und voller weiser Ermahnungen - und aus den Geschichten, die ihre Lehrerinnen erzählten, und von einem Emailleportrait, das er ihr zum Namenstag geschickt hatte, als sie neun Jahre alt war. Jahrelang hatte sie gehofft, er würde eine andere Herzogin finden und einen willkommeneren Erben zeugen, aber nach dem Verlust seiner geliebten Alais hatte er nie wieder Augen für andere Frauen gehabt.
Jetzt hatte dieser fast Fremde sie zurück in seine Welt gerufen, und in dieser Welt wirkten Kräfte, für deren Verständnis ihre Auffassungsgabe kaum ausreichte. Sie war ein Mädchen, ein Kind, fünfzehn Sommer alt. Was wusste sie schon über Dinge, die von Bedeutung waren?
Sie streckte ihren Rücken gerade und hob das Kinn. Sie wusste, wie man lernte —, und das, so hatten ihre Lehrer sie gelehrt, war der Schlüssel zu allem. Sie würde diese neue Welt meistern, genauso wie sie ihre alte Welt gemeistert hatte.
Schon hatten sie den ersten Berghang zur Hälfte erklommen. Drei weitere lagen noch vor ihnen, jeder steiler als der vorherige, und dann der Gipfel, wo sich die Macht der Priesterinnen zu einer Wand aus Licht erhob, die niemand durchdringen konnte, dem sie keine Erlaubnis gaben. Averil konnte sie mit ihrem geistigen Auge über sich erkennen, so durchsichtig wie das klarste Glas. Sie war nur zu sehen durch das Licht, das sanft an ihr entlang strömte.
Das war der Rand der ihr
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