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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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war: ein Ritter der Rose.
    Sie zählte sechs goldene Dornen am Stiel der Rose. Er hatte also einen hohen Rang. Sie bückte in seine ruhigen, dunklen Augen und sah dort dieselbe Kraft, die sie bei den älteren Priesterinnen bemerkt hatte.
    Er verbeugte sich, nicht zu tief, aber tief genug, um ehrlichen Respekt zu erweisen. »Comtesse«, sagte er, »mein Name ist Bernardin. Ich überbringe Grüße von Eurem Vater und unser aller Dank, dass Ihr geruht habt, so schnell hierherzukommen.«
    Averil zog ihre Brauen hoch. »Bernardin? Großritter der Rose und Landvogt von Quitaine? Das ist eine Ehre.«
    Er verbeugte sich erneut, diesmal ein wenig tiefer. »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Comtesse. Wollt Ihr hereinkommen?«
    Sie neigte den Kopf, wie es sich für eine Dame ziemte. Er führte sie über den Hof und durch eine niedrige Tür, hinter der plötzliche Dunkelheit herrschte. Der Anflug von Panik war schnell verflogen. Hier gab es keine Gefahr - nicht für Averil. Die Präsenz des Ritters war klar und stark zu spüren. Langsam passten sich ihre Augen an. Die Dunkelheit wurde zu einem von Lampen beleuchteten Gang, an dessen Ende ein paar Stufen zu einer weiteren Tür führten.
    Die Tür öffnete sich zu einem hellen, kleinen, aber luftigen Raum. Bernardin sagte: »Hier könnt Ihr Euch ausruhen und baden, wenn Ihr es wünscht. Das Bad ist dort drüben, hinter der Tür. Ich lasse Euch in einer Stunde abholen, dann werden wir essen.«
    Averil war nicht hungrig, aber in einer Stunde würde sie es sicher sein. Sie dankte dem Ritter mit einem Lächeln, das ihn blinzeln ließ.
    Sie war klug genug, sich nicht über sein mädchenhaftes Erröten lustig zu machen. Ritter lebten weder klösterlich noch notwendigerweise keusch, aber wie die Priesterinnen hatten sie selten Zeit für Zerstreuungen.
    Er trat den geordneten Rückzug an. Sie verriegelte die Tür hinter ihm, ließ ihre erdrückenden Kleider fallen, wo sie stand, und gab sich den Freuden des Bades hin.
    Das Essen war sehr einfach, aber reichlich, so wie Averil es gewohnt war. Sie teilte es mit Bernardin und zwei schweigsamen Knappen. Bedient wurden sie von einem Novizen, der jedes Mal feuerrot wurde, wenn sie ihn ansah. Dies wurde ihr sehr schnell lästig, aber sie wusste nicht, was sie dagegen tun sollte. Wenn sie den Jungen anlächelte, wurde es noch schlimmer: Um ein Haar hätte er ihr Wein in den Schoß statt in den Becher geschüttet. Er zog sich in tiefer Verwirrung zurück, die sie nicht zu mildern wagte, aus Furcht, ihn wie einen sabbernden Idioten aussehen zu lassen. Als Averil sich satt gegessen hatte, erhob sich Bernardin und streckte die Hand aus. Er war von einer erwartungsvollen Aura umgeben, die er mit aller Macht zu verbergen suchte, aber Averil konnte dennoch einen Hauch davon spüren und schmecken.
    Sie war süß und feurig auf der Zunge. Sie ließ sich von ihm aus der kahlen Schlichtheit des Speisezimmers führen, durch einen langen Korridor in eine strahlende Pracht.
    Wie die Kapelle der Priesterinnen, so war auch diese Halle aus Glas. Sie war nicht groß, kaum vierzig Fuß lang, aber die Macht, die darin schimmerte, zog ihre Kraft aus der Sonne selbst. Ihr Herz war ein Brennglas, in einem Schutzrahmen aus Blei: Glas und Matrix, Feuer und Erde.
    Wenn Averil allein gewesen wäre, hätte sie lange Zeit damit verbracht, die ins verzauberte Glas eingearbeiteten Bilder zu studieren, die sich an allen Wänden, Nischen und in der schimmernden Deckenkuppel befanden. An diesem Ort gab es keine Steine, bis auf die schwarzen Bodenfliesen - und selbst die waren aus Glas, tief im Inneren der Erde geschmiedet und aus dem Herzen der Berge empor geschleudert. Das Material, das die Wände zusammenhielt, war Metall, eine meisterhafte Arbeit, so kunstvoll und gewaltig, dass Averil in Ehrfurcht erstarrte.
    Bernardin führte sie in die Mitte, wo eine silberne Rose in den Boden eingelegt war. »Ich bitte um Vergebung«, sagte er, »dass ich Euch so schnell mit einer derart hohen Bürde belaste, aber die Zeit drängt. Wir segeln mit der morgendlichen Flut. Morgen Abend gehen wir in Lys an Land, und dann wird die Zeit noch knapper sein.«
    Es fiel ihr nicht leicht, ihre Aufmerksamkeit von der Herrlichkeit der Halle abzuwenden und auf die gewöhnliche Menschlichkeit seines Gesichts zu lenken. Wärme lag darin, aber unter der Oberfläche war etwas Stahlhartes zu erahnen. Er wurde durch Pflichtgefühl angetrieben - ebenso wie sie.
    »Ich bin bereit«, sagte sie mit fester

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