Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange
aufgepeitschten See genossen sie Ruhe und Wärme. Alle magischen Stränge der Flotte liefen durch Gamelins Hände; ab und zu zupfte der König an einem Strang, zur Unterhaltung oder um selbst zu sehen, was seine Diener taten.
»Messire«, sagte Gereint, ohne sich umzuwenden, »ich nehme an, Ihr wisst keinen Weg, dieses Kästchen vom Schiff zu entfernen?«
»Ihr meint den meistgehüteten Schatz am bestbewachten Ort auf dem Flaggschiff des Königs?«, fragte Peredur. »Ja«, sagte Gereint. »Es gibt keinen Weg.«
»Es muss einen geben«, sagte Gereint und sah Peredur ins Gesicht. Beide mussten sich in der niedrigen Kabine ducken; Gereint schaute Peredur in die Augen. Der Schimmer darin war nicht direkt menschlich.
Gereint fand diesen Umstand nicht erschreckend. »Wenn wir es finden können, können wir es auch an uns bringen. Sie haben alle Hände voll mit der Flotte und dem Ding in der Tiefe zu tun. In der Kabine sind keine Wachen, und auf dem Kästchen sind keine Schutzzauber.«
»Keine, die man sehen kann«, sagte Mauritius.
»Es kann keine Schutzzauber geben«, sagte Peredur. »Der Bannzauber, der menschliche Seelen raubt, würde solche Schutzvorrichtungen verschlucken.« »Es gibt auch keine Schutzzauber auf unserem Mysterium«, sagte Gereint. »Wer nicht weiß, was es ist, denkt, dass es keinerlei Magie hat.« Peredur nickte. »Solche Dinge sind oft für jedermann sichtbar und dennoch versteckt. Aber wir müssen bedenken, wo es sich befindet. Das Fläschchen mag nicht mit Schutzzaubern versehen sein, das Schiff ist es jedoch mit Sicherheit — und zwar mehrfach. Schon unser bisschen Spionieren kann einen Alarm ausgelöst haben, auch wenn wir nichts davon merken.«
»Das glaube ich nicht«, sagte Gereint. »Ich glaube, es gibt eine Schwäche in den Verteidigungsmauern der Feinde, und ich glaube, dass es einen Weg gibt, wie wir das Fläschchen an uns bringen können.« »Uns bleibt nicht viel Zeit«, sagte Mauritius.
Gereint machte ein finsteres Gesicht. Er wollte nicht unfreundlich sein; er dachte angestrengt nach. Ein Gedanke versuchte Gestalt anzunehmen, löste sich jedoch immer wieder auf, bevor er ihn fassen konnte. Es hatte mit dem Ding in der Tiefe zu tun, dem Zauber, der es bannte, und damit, auf welche Weise Magie durch die schwarze Flotte gewoben war.
Es war nicht hilfreich, dass die Magier der Königin versuchten, den Eisdrachen zu bezwingen, bevor er durch den Meeresboden brach. Ihr Werk überspannte die Flotte der Königin, hielt sie zusammen und zog Magie aus allen, die an Bord der einzelnen Schiffe und Boote waren, aber Gereint sträubte sich dagegen.
Das Werk hatte nicht die beabsichtigte Wirkung — und jene, die es schufen, merkten es nicht. Selbst jene Magier aus Prydain, die bereit waren, ihre Welt mit der wilden Magie zu teilen, waren eingeschränkt durch die Zwänge ihrer Orden. Diese Zwänge machten sie blind für das, was sie am dringendsten hätten sehen müssen.
Die Orden mussten sich verändern. Aber dafür war jetzt keine Zeit, genauso wenig wie für höfliche Überzeugungsversuche. Der Eisdrache war kurz vor dem Durchbruch.
Das Schiff schwankte und wurde in die Höhe gehoben. Gereint presste sich gegen die Reling, um nicht ins Wasser geschleudert zu werden. Averil stolperte in seine Arme. Als das Schiff erneut hochgerissen wurde, drückte er sie an sich und hielt sie fest umklammert.
Der Eisdrache freute sich ganz und gar nicht über den neuen Zauber, der ihn bannen sollte. Gereint bekam langsam eine Ahnung davon, wie riesig er war und wie viel Kraft er besaß. Er hätte sich mit Leichtigkeit um beide Flotten winden können.
Der Gedanke, der versucht hatte, sich zu formen, war mittlerweile fast klar, fast in Reichweite. Der Eisdrache befreite sich von den Zaubern, die ihn bannten - und er schien nicht gewillt, wieder in den Tiefen zu versinken. Er kochte vor Zorn, und er war hungrig.
»Messire«, schrie Gereint über das Brausen des Meeres in Richtung Peredur, »hat sich irgendetwas außer der Schlange von Seelen ernährt?« »Nach dem Wissen der Magier nicht«, antwortete Peredur. »Den Übrigen reichte lebendiges Fleisch.«
Gereint schnappte nach Luft und hielt einen Moment lang den Atem an. Er hatte die Lösung gefunden, dachte er. Es hing von einer Sache ab, die vielleicht unmöglich sein mochte, doch es gab keinen anderen Weg.
Er musste daran glauben, dass es möglich war. Außerdem musste er seine liebsten Freunde bitten, ihm blind zu vertrauen, und das würde
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