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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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schon ein paar Jahrzehnte hin oder her. Es darf kein Verdacht auf uns fallen, verstehst du? Am besten, du freundest dich erst einmal mit ihr an, dann sehen wir weiter. Die Zeit schenkt uns immer wieder gute Gelegenheiten und wenn es soweit ist, werden wir sie nutzen.“
    „ Sag mir was ich tun soll, mein Liebster und es wird geschehen.“
    `Das wird es, in der Tat.` dachte Tristan, `Ich will Emmaline. Und Nathaniel. Und Adam.`

55.

    2002
    London
    England

    In weniger als einer Stunde würden sie in London landen. Adam war seit vielen Jahren nicht mehr dort gewesen. Er sah auf Emmaline, die neben ihm saß und ihn erwartungsvoll anblickte. Wie sollte er ihr während des kurzen Fluges von Edinburgh in die englische Hauptstadt alles erzählen, was dazu geführt hatte, dass sie sich in dieser schrecklichen Lage befanden?
    Er seufzte. „Die Geschichte, die Viktor uns im Übungsraum erzählt hat, über Tristan, entspricht nicht ganz den Ereignissen, an die ich mich erinnere. Wahrscheinlich glaubt er mittlerweile selbst an seine Version, aber eine Lüge wird auch dann nicht zur Wahrheit, wenn man sie tausendmal erzählt. Victor hat Unrecht getan. Es liegt schon Jahrhunderte zurück, aber alles holt uns irgendwann wieder ein. Jede Rechnung will beglichen werden. Victor war nicht immer das gerechte Oberhaupt als das du ihn kennengelernt hast, sondern ein zorniger, wilder Krieger, der versuchte, sich gerne als Rächer Gottes darzustellen. Aber alle, die ihn besser kannten wussten, dass ihm das Töten gefiel. Er erlegte die Sünder nicht nur, sondern er eignete sich auch deren Vermögen und Ländereien an. Die Familie in Edinburgh wurde bald zu einem reichen Clan. Wohl auch deshalb taten wir, was er uns befahl.“
    Emmaline hob fragend die Augenbrauen, „Wir?“
    „ Liam und ich. Und alle anderen Zeitjäger in Schottland, auch Graham, zum Beispiel. Alle außer Nathaniel. Er war schon immer weniger leicht zu manipulieren, als wir. Wahrscheinlich, weil ihm Victors Geld egal war. Oder weil er sich sein Gewissen bewahrt hatte. Ich weiß es nicht. Es war eine dunkle Zeit, damals.
    Ich denke, dass auch ich mich heute anders verhalten würde, wäre ich noch einmal in derselben Situation. Aber ich kann die Vergangenheit nicht ungeschehen machen, es ist, wie es ist.
    Es begann alles im Sommer des Jahres fünfzehnhundert dreiundzwanzig. Victor teilte uns mit, dass er vorhatte zu jagen. Das war nicht weiter außergewöhnlich. Liam und ich sollten mit ihm kommen und Nathaniel als Stellvertreter in seiner Abwesenheit in Edinburgh bleiben. Er wusste wohl, dass von uns kein Widerstand zu erwarten war.“ Für einen kurzen Augenblick schloss Adam gequält die Augen.
    Emmaline konnte sehen, dass es ihm schwer fiel, weiter zu sprechen. Nachdem er einen Schluck aus seinem Wasserglas genommen hatte, fuhr er fort.
    „ Ich weiß nicht, wo er ihn entdeckt hatte, aber im Nachhinein bin ich mir sicher, dass er sich Tristan schon vorher ausgesucht hatte, denn er wusste genau, wo er ihn finden würde. Uns sagte er, Tristans Vater sei ein Sünder, den er erlegen müsste. Wie angenehm, dass dieser zufällig auch über große Ländereien und eine volle Schatzkammer verfügte. Wir ritten vier Tage lang. Während der ganzen Reise sprach Victor nur das Nötigste, er war wie in Trance. Als wir die Burg von Tristans Familie erreichten, warteten wir bis es dunkel wurde und verschafften uns Zutritt, als alle schliefen. Niemand sah oder hörte uns. Wir schlichen uns ins Haupthaus und suchten nach den Schlafgemächern. Tristans Vater wachte nicht einmal auf, als Victor ihm sein Schwert ins Herz stieß. Seine Frau schon. Victor töte auch sie.“
    „ Obwohl sie nicht dazu bestimmt war?“
    Adam nickte, „Dann ging er in Tristans Zimmer und schnitt ihm die Kehle durch. Ich werde nie diesen überraschten Blick in seinen Augen vergessen, als er aus dem Schlaf gerissen wurde. Mit der Hand tastete er nach seinem Hals und sein eigenes Blut rann ihm durch die Finger. Alles war totenstill.“
    Unwillkürlich griff Emmaline nach der kleinen Narbe an ihrem eigenen Hals und schauerte. Sie konnte sich Tristans Panik gut vorstellen.
    „ Und was habt ihr getan?“, fragte sie, „Was hast du getan?“
    „ Nichts. Wir haben nicht versucht Victor aufzuhalten. Weder, als er Tristan die Kehle durchschnitt, noch als er sich über ihn beugte und ihm neues Leben einhauchte. Wir standen nur da und beobachteten alles voller Entsetzen. Wir haben dieses Unrecht einfach zugelassen.

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