Das Mal der Schlange
fanden, den Adam beschrieben hatte. Fensterlos und kaum breiter als zwei Armlängen, diente er als Aufbewahrungsort für Mülltonnen.
Zahlreiche Fußgänger liefen achtlos daran vorbei, die Krägen ihrer Mäntel hochgeschlagen, auf dem Weg von einem Lokal in das nächste.
Beinahe wäre auch Emmaline weitergeeilt, aber Adam streckte den Arm nach ihr aus und zog sie beiseite. Nathaniel und Tristan folgten, nicht ohne sich vorher noch einmal genau umzusehen, ob sie beobachtet wurden.
„ Was zur Hölle macht er hier?“ Adams Reaktion auf Tristans Anwesenheit war verständlich. Er nahm sofort eine Abwehrhaltung ein und stellte sich schützend vor Emmaline.
Nathaniel schob die kleine Gruppe weiter nach hinten in die Dunkelheit, „Das erklären wir dir später. Von Tristan geht keine Gefahr aus, ich gebe dir mein Wort und ich bitte dich inständig, mir zu glauben, Bruder.“
Trotz aller Unstimmigkeiten zwischen den beiden Männern zögerte Adam keine Sekunde, als er sagte, „Das tue ich.“
Er wies auf eine geschützte Nische hinter einer großen Mülltonne. Lily lag auf dem Rücken, anscheinend ohnmächtig, Stella kauerte weinend über ihr, beide Hände fest auf Lilians linke Seite gepresst.
„ Bauchschuss“, sagte Adam knapp, „Sie wird verbluten.“
Trotz der Dunkelheit konnten sie sehen, dass Stellas Finger nass glänzten und nicht vermochten, die Blutung zu stoppen. Nun bemerkten sie auch, dass Lily nicht bewusstlos war, sondern sie aus weit aufgerissenen Augen entsetzt anstarrte.
„ Wie lange?“, fragte Nathaniel.
„ Acht Minuten. Der Schuss kam von schräg oben, er streifte mich zuerst und traf dann Lily. Ich habe euch sofort kontaktiert, nachdem ich uns in Sicherheit gebracht hatte.“
„ Konntest du sehen, wer auf euch geschossen hat?“
Adam verneinte.
„ Es wird nicht mehr lange dauern“, sagte Tristan.
Lilys Augenlider flatterten. Ihr Gesicht verzog sich schmerzverzerrt.
„ Hast du einen Krankenwagen gerufen?“, fragte Stella mit zitternder Stimme, „Adam, wo bleibt der Krankenwagen?“
Nathaniel gab Adam ein Zeichen. Behutsam zog er Stella weg.
„ Nathaniel wird sich um Lily kümmern, bis der Rettungswagen kommt. Er ist Arzt, hatte ich dir das nicht erzählt? Lass uns etwas beiseite gehen, damit er mehr Platz hat.“, er trat mit ihr noch ein paar Schritte weiter nach hinten und drehte sie so, dass sie nicht sehen konnte, was die anderen machten. Stella setzte sich weinend mit dem Rücken an eine Hauswand und schlug die blutigen Hände vor die Augen.
Adam spürte Tristans Hand auf seiner Schulter, „Sie brauchen dich. Ich bleibe bei ihr.“
Nathaniel hatte sich nun anstatt Stella über Lilian gebeugt und sprach leise auf sie ein.
„ Was sollen wir tun?“, flüsterte Emmaline.
Adams Augen glitzerten in der Dunkelheit, „Was meinst du? Wir können ihr nicht mehr helfen. Niemand kann die Blutung stoppen, sieh dir das Loch in ihrer Seite an! Es ist ein Wunder, dass sie überhaupt noch lebt.“
„ Das stimmt“, sagte Nathaniel.
Lily wimmerte leise, als er den Druck auf die Wunde verstärkte.
„ Wir können sie doch nicht einfach sterben lassen!“, Emmalines Flüstern klang verzweifelt, „Wir müssen sie retten!“
„ Ich will nicht sterben“, hauchte Lily nun, „Bitte. Ich habe doch noch nicht einmal richtig gelebt!“
Die drei Zeitjäger sahen sich unschlüssig an.
„ Wir nehmen sie zu uns“, Emmaline sank bestimmt neben Nathaniel auf die Knie, „Lilian, hörst du mich? Du verblutest.“
„ Ich weiß. Es tut so weh! Aber ich will nicht sterben!“
„ Es gibt eine Möglichkeit weiterzuleben. Allerdings müsstest du dich dann von deinem alten Leben verabschieden und nach bestimmten Regeln leben.“
Lilys Hand fuhr nach oben und packte Emmalines Arm, „Alles! Alles, was du willst, nur hilf mir!“
„ Du müsstest alle, die du liebst, verlassen. Ich möchte dir nichts vormachen, Liebes, wenn wir dich retten, müsstest du gewissermaßen als eine Art Henker arbeiten. Dafür könnte ich dir ein sehr langes und gesundes Leben garantieren. Verstehst du mich? Du müsstest Verbrecher töten und den Kontakt zu deiner Familie und deinen Freunden abbrechen.“
„ Schnell, ich spüre, dass es zu Ende geht.“
Nathaniel hatte alles stumm beobachtet, aber jetzt schaltete sich er ein, „Emmaline, wir haben keinen Auftrag, sie zu uns zu holen. Du kannst nicht einfach eigenmächtig jemanden zu einem Jäger machen.“
„ Aber sie bittet darum! Es geschieht nicht
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