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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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Kraft fließt aus mir heraus, wie Wasser aus einem zerbrochenen Gefäß.“
    „ Aber es gibt etwas, das du dagegen tun kannst.“
    Nach einer kurzen Pause öffnete sie die Augen, „Ja. Wenn ich ihn töte wird er mir seine Kraft geben und ich werde weiter leben. Aber wie soll ich es tun? Ich habe keine Waffe und keinerlei Ahnung von so etwas.“
    Tristan zog einen schlanken Dolch aus dem Ärmel seines Jacketts.
    Erleichtert nahm Emmaline ihn und zog Lily mit sich. „Wir tun so, als ob wir uns an dem Mann vorbei drängen. Es ist ohnehin sehr voll hier drin und wir werden nicht auffallen. Du stolperst und erstichst ihn.“ Sie nahm Lilians Hand und legte sie auf ihre linke Schulter, dann schob sie sie etwas in Richtung ihres Halses. „Spürst du diesen Knochen? Das ist das Schlüsselbein. Dahinter ist eine weiche Stelle.“
    Lilian nickte.
    „ Gut. Du verwendest das Schlüsselbein als Führung und schiebst die Klinge senkrecht nach unten. Achte darauf, dass du sie bis zum Schaft versenkst, damit du das Herz gut triffst. Es kann gar nichts schief gehen. Der Mann sitzt, du stehst über ihm und der Dolch ist sehr scharf, du musst also nicht ausholen. Eine einzige, kräftige Bewegung genügt. Nutze dein Körpergewicht, lehne dich nach vorne ohne abzusetzen.“
    Schweißperlen standen auf Lilians Stirn.
    „ Wenn du Erfolg hast, wirst du für einen kurzen Augenblick weiche Knie bekommen“, fuhr Emmaline fort, „Keine Angst, das ist ganz normal und ich werde dich halten.“
    Mittlerweile hatten sie eine der beiden Palmen erreicht, die die Sitzecke begrenzten.
    Im Halbdunkel flackerten ockerfarbene Funken in Lilys Augen. Sie nahm den Dolch aus Emmalines Hand und versteckte ihn in ihrem Ärmel, „Also los.“
    Tristan und Nathaniel standen in der Nähe des Durchgangs zum Treppenhaus, scheinbar entspannt an eine Wand gelehnt und beobachteten die beiden. Unbemerkt von allen anderen Gästen starb der Mann. Sein Körper blieb aufrecht sitzen. Irgendwann würde er sicher vorne über kippen oder sonst irgendwie auf sich aufmerksam machen. Doch bis dahin würden sie weit weg sein.
    Ein neuer Todesengel hatte erfolgreich seine Arbeit aufgenommen.
    Anerkennend pfiff Tristan durch die Zähne, als Emmaline und Lily zurück kamen.
    „ Gut gemacht“, sagte Nathaniel, „Und jetzt lasst uns schnell von hier verschwinden“ Er schob Lilian in Richtung des Ausgangs. Tristan stieß sich von der Wand ab und bedeutete Emmaline, vor ihm zu gehen. Aus dem Augenwinkel sah sie plötzlich etwas Glitzerndes, das genau dort in das Holz der Wandvertäfelung einschlug, wo sich vor einer Sekunde noch Tristans Hals befunden hatte.
    Vorsichtig zog Emmaline eine dünne Stahlnadel aus dem Holz, deren Kopf mit einer winzigen silbernen Rosenblüte verziert war.
    Einen Augenblick lang dachte sie, ihr Herz würde stehen bleiben.

65.

    2002
    London
    England

    „ Das gehörte Georgianna! Ich weiß es hundertprozentig! Sie hatte ein kleines Etui, in dem all ihre vergifteten Nadeln steckten und das sie immer bei sich trug. Es war ihre bevorzugte Art zu töten.“
    Aufgebracht lief sie durch die kreisrunde Bibliothek unter Nathaniels Haus.
    Sie hatten sich hierher zurückgezogen und Lilian das Zeichen der Schlange gegeben, sofort nachdem sie den Club verlassen hatten.
    In der Kürze der Zeit versuchten sie ihr wenigstens die Grundzüge dessen begreiflich zu machen, zu dem sie geworden war.
    „ Es tut mir so leid, Liebes“, hatte Emmaline gesagt, während Lily sich das schmerzende Handgelenk gerieben hatte, „Ich wünschte wirklich, es wäre nicht alles so überstürzt passiert. Normalerweise werden die neuen Jäger von unseren Ältesten ausgewählt, nicht von uns. Sobald das alles hier vorbei ist, wirst du deine Ausbildung erhalten, danach wird es dir sicher besser gehen.“
    „ Ich fühle mich nicht schlecht.“
    „ Aber sicherlich verstehst du nicht, was mit dir geschehen ist?“
    „ Nicht vollständig. Aber ich bereue meine Entscheidung keinesfalls, wenn es das ist, was du meinst. Ich war immer ein schwaches, kränkelndes Kind, hatte schweres Asthma, auch jetzt noch. Und nun kann ich zum ersten Mal richtig atmen. Ich fühle mich so stark und glücklich, wie nie zuvor. Obwohl ich einen Menschen getötet habe. Aber selbst das erschien mir richtig, ich bereue es nicht. Natürlich brenne ich darauf, den tieferen Sinn hinter all dem zu erfahren. Aber mir ist auch klar, dass wir von einem Killer verfolgt werden, der uns bedroht. Die Lösung dieses

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