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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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Stufen zu mir aufgeholt hatte. Ich hingegen hatte keinerlei Ambitionen und erwarb meine weitere Kraft langsamer. Dennoch werde ich immer ein höheres Ansehen in der Familie genießen, als er. Das wird er mir nie verzeihen. Ich bin sozusagen Adams Erzrivale, was allerdings bei genauem Betrachten lächerlich ist, denn es gibt noch einige von uns, die auch über ihm stehen und der gesellschaftliche Stand sagt nichts über das Herz eines Menschen aus. Aber Adam hatte von Anfang an beschlossen, mein Feind zu sein“, ein Mundwinkel hob sich abfällig. „Wahrscheinlich kann er mich einfach nicht leiden. - Dieses Gefühl beruht durchaus auf Gegenseitigkeit, wie du vielleicht bemerkt hast.“
    „ Ich dachte, wir sind alle Brüder und Schwestern? Eine Familie, ein Volk? Betont ihr das nicht immer ganz gerne?“
    Er beugte sich verschwörerisch nach vorne, „Offiziell ist das wohl so – aber die Praxis sieht bekanntlich immer anders aus als die Theorie und wie es in jeder Familie Streitigkeiten gibt, so auch bei uns.“
    Nun war es an Emmaline, spöttisch zu lächeln.
    Sein Gesicht verdunkelte sich wieder, als er sich im Stuhl zurücklehnte und sie beinahe schmollend ansah. „Was mir allerdings wirklich den Abend verdirbt, ist Adams nur wenig subtile Drohung.“
    Das musste ihr entgangen sein. Sie hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    „ Spätestens morgen, ich vermute allerdings eher noch heute, wahrscheinlich sogar jetzt, während wir sprechen, wird er zu Victor und Georgianna laufen und darüber lamentieren, dass ich dich zwar in der Öffentlichkeit ausführe, aber der Familie noch nicht vorgestellt habe.“
    „ Wer sind Victor und Georgianna?“
    „ Die Oberhäupter der Kriegerschaft Edinburghs. Jeder neue Krieger muss ihnen seine Aufwartung machen. Du musst ihre Autorität anerkennen, wenn du zu ihrer Familie gehören willst. Und du kannst nur bleiben, wenn sie es billigen.“
    „ Dann sollten wir wohl bald zu ihnen gehen“, meinte sie trocken, „Denn immerhin haben wir vor, noch länger in dieser wunderschönen Stadt zu sein.“

19.

    Emmaline hatte die Orientierung in den gewinkelten unterirdischen Gängen längst verloren.
    Bereits am frühen Morgen hatten sie sich auf den Weg gemacht, waren durch eine versteckte Tür im Keller von Nathaniels Anwesen in Edinburghs geheime Stadt unter der Stadt eingestiegen und nun sahen sie in der Ferne einen schwachen Lichtschein.
    „ Müssen wir dort hin?“, ihre Stimme hallte von den Wänden wieder und sie verfiel automatisch in ein Flüstern.
    Er nickte.
    „ Woher weißt du, dass sie da sind? Hätten wir nicht vorher eine Nachricht senden sollen? Ich meine, es ist noch so früh, wer sollte zu dieser Zeit unter der Erde auf uns warten?“
    Er flüsterte ebenfalls, „Glaube mir, sie werden da sein und sie werden uns erwarten.“
    Als sie den Lichtschein erreicht hatten, bemerkte Emmaline, dass er von einer Fackel stammte, die eine breite Eichenholztür mit eisernen Beschlägen beleuchtete.
    Er klopfte mit seiner Faust an die Tür und eine Stimme dahinter sagte, „Komm nur herein, Nathaniel.“
    Der Raum, den sie betraten, war sehr groß. Wände und Decke bestanden aus gemauerten Ziegelsteinen. Bis auf den runden Tisch in der Mitte befanden sich allerdings keinerlei Möbel darin. Emmaline erkannte Adam wieder. Er saß neben einem alterslosen, schlanken Mann mit schulterlangem silbergrauen Haar und stahlblauen Augen. Auch aus der Ferne sah sie, dass der Flammenkranz darin weiß brannte. Seine Gesichtszüge waren fein und ebenmäßig und er strahlte Erhabenheit aus. Mit einer leichten Bewegung seiner langen Finger bedeutete er ihnen an den beiden freien Plätzen am Tisch Platz zu nehmen.
    „ Ich freue mich, dich zu sehen, Bruder“, sagte er ehrlich zu Nathaniel.
    „ Auch ich freue mich, dich zu sehen“, antwortete dieser ebenso ehrlich, „und stelle dir unsere neue Schwester Emmaline vor.“
    Ein interessierter Blick glitt über Emmalines Gesicht und blieb an ihrem silbernen Flammenkranz hängen, „Willkommen in der Familie, Schwester. Wie ich sehe brennt auch in deinen Augen ein kaltes Feuer.“, er zwinkerte, „Wir sind Kinder des Geistes und der Selbstbeherrschung, im Gegensatz zu unseren hitzköpfigen Brüdern und Schwestern mit den warmen Augen.“
    „ Hitzköpfig, aber auch leidenschaftlich“, unterbrach die zierliche Frau neben ihm. Ihre Augen waren schokoladenbraun, beinahe ebenso, wie die Flammen darin, was ihrem Blick ein geheimnisvolles Funkeln

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