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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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Gesicht. Du wirst irgendwann wirklichen Frieden finden. Das ist etwas, das weit außerhalb meiner kühnsten Hoffnungen liegt.“

16.

    1901
    London
    England

    Emmaline schreckte hoch. Schweißgebadet, in Panik.
    „ Ich kann nicht mehr“, flüsterte sie.
    Nathaniel saß neben dem Bett auf einem Stuhl und beobachtete sie. Er hatte nicht geschlafen, in seinen Augen stand die gleiche Qual wie in den ihren.
    „ Wie lange noch?“
    „ Ich weiß es nicht“, antwortete er traurig, „Es wird mit einem Mal aufhören, wenn du genug dafür gebüßt hast.“
    Die Alpträume waren die Strafe Gottes für den Mord an Ruth. Sobald sie die Augen schloss, sah sie grausame Dinge, die ihr das Herz zerrissen und sie in Angst und Schrecken versetzten und sie spürte körperlichen Schmerz, als ob sie alles am eigenen Leib erfahren würde. Nacht für Nacht.
    „ Theoretisch müssen wir nicht schlafen“, hatte er ihr erklärt, „Aber das funktioniert nur für diejenigen von uns, die ohne Schuld sind. Du hast die falsche Person getötet und dadurch große Schuld auf dich geladen und während du schläfst, bezahlst du dafür. Wenn wir wach sind, sind wir stark, aber im Schlaf sind wir verwundbar und wehrlos.“
    „ Und wenn ich einfach nicht mehr schlafe?“
    „ Dann wirst du wahnsinnig, Liebes. Dein Gewissen wird dich nicht zur Ruhe kommen lassen. Du musst für deinen Fehler bezahlen, dann erst kannst du in Frieden weiterleben.“
    „ Dann ist es besser, so viel wie möglich zu schlafen, bis es aufhört?“
    Er nickte.
    Aber das war einfacher gesagt als getan. Ihre Träume bestanden aus Blut und Schmerz. Tausendmal schon hatte sie mit ansehen müssen, wie man Nathaniel, oder Louise oder einen ihrer Freunde hinschlachtete, wie sie selbst wie ein wildes Tier mordete oder selbst getötet wurde, alles war vollkommen außer Kontrolle.
    Er strich mit einer Hand über ihre heiße Stirn. „Es wird bald besser werden, bestimmt.“
    Aber das wurde es nicht. Obwohl sie jede Nacht dazu bereit war, für ihren Fehler einzustehen, schienen die Träume nicht leichter zu werden.
    An einem klaren kalten Morgen im Januar sagte er zu ihr, „Emmaline, ich werde dich von hier wegbringen.“
    Sie sah ihn fragend an.
    „ Diese Stadt scheint so voll von schlechten Erinnerungen für dich zu sein, dass du nicht heilen kannst. Du bist weit über der Zeit, die man für ein derartiges Vergehen verbüßen muss und ich höre dich noch immer jede Nacht schreien. Wenn wir London verlassen, werden deine Träume aufhören.“
    Sie widersprach ihm nicht.
    „ Wohin gehen wir?“
    „ Nach Norden“, sein Blick war entschlossen, „Nach Edinburgh. Dort leben viele Zeitjäger und ich habe ein Haus in der Stadt. Es wird dir guttun, andere Mitglieder unseres Volkes kennenzulernen. Die Jäger leben in einem engen Verbund, wie große Familien. Wenigstens die meisten von uns. Manche allerdings, so wie ich, ziehen es vor die meiste Zeit alleine zu verbringen. Aber ab und an kehre auch ich zur Familie zurück, für eine kleine Weile.“
    Emmaline war einverstanden. Sie war sogar erleichtert bei dem Gedanken, nicht in London bleiben zu müssen.
    „ Was sagen wir den anderen?“
    Er nahm ihre Hand. „Das ist der schwierige Teil. Du musst deine Freunde verlassen und darfst sie nicht wiedersehen. Und sie dürfen nicht nach dir suchen. Es muss sein, als wärst du tot.“
    „ Wieso?“, sie entriss ihm ihre Finger.
    „ Weil du unseren Weg gehen musst. Im Verborgenen. Das hast du der Jägerschaft geschworen.“
    Sie sank verzweifelt zurück aufs Bett. „In Ordnung“, sagte sie mit kaum hörbarer Stimme, „Ich habe es versprochen und ich werde nicht noch einmal die Regeln brechen.“ Ihr Blick wanderte hinaus zum Fenster und sie sagte beinahe gleichgültig, „Was willst du, dass ich tue?“
    „ Es muss aussehen wie Selbstmord. Du bist so verzweifelt über Jacobs Tod, dass du bis ans Ende des Landes fährst und dich in die reißende See stürzt. Dein Körper wird nie gefunden.“
    „ Wie dramatisch.“
    „ Nein, wie einfach und wirkungsvoll.“
    „ Du hast offenbar Erfahrung in diesen Dingen, also machen wir es so, wie du vorschlägst.“ `Aber Louise wird es niemals glauben`, dachte sie.
    „ Emmaline“, er küsste sie sanft, „Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Für mich zählt nur, dass es dir gut geht. Die Alpträume müssen aufhören. Glaube mir, dieser Schritt ist notwendig und du wirst darüber hinweg kommen.“
    Sie schlang ihre Arme um seinen

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