Das Mal der Schlange
Emmalines neue Papiere aus, sie bekam einen amerikanischen Pass mit ihrem neuen Namen darin, Emmaline di Corvo.
„ Und was noch viel wichtiger ist“, flüsterte Daniele ihr grinsend ins Ohr, „Wenn der Krieg vorbei ist, bekommst du auch noch einen italienischen Pass!“
Anschließend fuhren sie hinaus nach San Giovanni in Laterano.
„ Der Priester ist ein entfernter Cousin meiner Großmutter“, erklärte Daniele, als sie zusammen die hellen Steinstufen hinauf liefen, „Er wartet schon auf uns.“
San Giovanni in Laterano war ihre Lieblingskirche in Rom. Viele Male schon war sie hier gewesen, in der Stille des großen Kirchenschiffes und draußen, in dem alten Kreuzgang, der eine Oase der Ruhe im hektischen Treiben der Stadt bildete. Sie interessierte sich weder für das Christentum, noch für eine andere der großen Religionen – wenn man so unmittelbar unter dem konkreten Einfluss einer höheren Macht stand wie die Zeitjäger, brauchte man keine Glaubenstheorien mehr. Aber sie spürte die Faszination, die ein Gebäude ausstrahlen konnte, das von Menschenhand geschaffen worden war. Und die Laterankirche war einer dieser besonderen Orte, an denen man, egal wer oder was man war, Frieden fand.
Emmaline hatte Tränen in den Augen, als sie ihr Ehegelübde sprach, auch Daniele musste blinzeln. Sie versprachen einander Liebe und Treue bis in den Tod und sie wusste, dass es eines Tages Danieles Tod sein würde, der sie scheiden würde. Schnell verdrängte sie diesen Gedanken.
Er freute sich, als der Ring perfekt auf ihren Finger glitt.
„ Ich danke dir, Onkel Pasquale“, Daniele drückte die Hand des Priesters als sie fertig waren, dann zog er Emmaline mit sich.
Beinahe rannten sie aus der Kirche zu ihrer Vespa und Daniele fuhr in beängstigendem Tempo zurück nach Trastevere.
„ Wenn wir uns den Hals brechen, wird es nichts mit dem Konsumieren der Ehe“, scherzte Emmaline hinter ihm.
Sobald die Haustür sich hinter ihnen geschlossen hatte, fielen sie einander in die Arme. Daniele streifte Emmaline das Kleid von den Schultern und sie schauerte, als sie zum ersten Mal seine Hände auf ihrer nackten Haut spürte.
Er hob sie hoch und trug sie durch den Flur, „Ich will dich jetzt sofort, hier“, flüsterte er zwischen zwei Küssen und setzte sie auf der Treppe ab. Sie knöpfte sein Hemd auf und zog es ihm aus. Seine muskulöse Brust war sonnengebräunt und glatt. Als er sich über sie beugte, fielen ihm Strähnen seines blonden Haares in die Stirn und Emmaline fand, dass er perfekt war.
28.
Die Sonne war noch nicht wieder aufgegangen, aber vereinzelt begannen die Vögel bereits zu zwitschern. Daniele schlief, als Emmaline lautlos die Treppe hinab lief. Sie konnte die Anwesenheit eines Kriegers vor ihrer Tür spüren. Vorsichtig stieg sie über die im Flur verstreuten Kleidungsstücke.
„ Ilaria“, sagte sie zu der zierlichen Gestalt in der Dämmerung, „Wie ich sehe reisen Neuigkeiten schnell in Rom.“
„ Du sollst hinunter zum Fluss kommen“, sie ignorierte Emmalines Anspielung.
Auf dem kurzen Weg sprachen sie kein Wort. Ilaria ging voraus und Emmaline folgte ihr. Am Ufer des Tibers war die Luft etwas frischer als in den engen Straßen, in denen es auch nachts nicht abkühlte, und sie erkannte schon aus der Entfernung, wer dort auf sie wartete.
„ Massimo“, Emmaline verbeugte sich gerade so weit, wie sein höherer Rang es von ihr erforderte. Die Arme hielt sie dabei vor sich verschränkt, ohne ihm ihr linkes Handgelenk zu zeigen. Diese trotzige Begrüßung war beinahe inakzeptabel und sie wusste es, deshalb überraschte sie auch Massimos säuerlicher Gesichtsausdruck nicht.
Offenbar hatte er aber beschlossen, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, denn er überging ihre Provokation.
„ Was gibt es so Wichtiges, dass sich das Oberhaupt der Familie zu dieser Stunde hierher bemüht?“
„ Das weißt du ganz genau, Schwester“, in der Morgendämmerung sah seine olivfarbene Haut grau aus, „Ich bin hier wegen des amerikanischen Soldaten, der in deinem Bett liegt.“
„ Du sprichst von meinem Ehemann, Bruder, und er ist Italiener.“
Sein Mund verzog sich zu einer schmalen Linie, „Dann ist es also wahr. Du hast es tatsächlich gewagt, ihn zu heiraten!“
„ Ich nehme an, du würdest kaum hier sein, wenn du dich nicht vorher vergewissert hättest, dass es so ist.“
„ Sind dir die Jäger nicht gut genug? Konntest du dir nicht einen Mann aus unserem Volk suchen? Du
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