Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)
draußen sind. Folgt mir jetzt. Angin gibt uns Deckung. Bleibt nicht stehen, redet mit niemandem,
schaut euch nicht um und helft niemandem. Verstanden? «, brüllte er Sergej förmlich an.
Der nickte nur eilig.
»Die Biester können die Anzüge nicht durchbeißen. Wenn sie euch ins Gesicht fliegen, wendet euch ab.«
Sergej nahm den zitternden Denis auf die Arme. In seiner warmen Kleidung und dem Strahlenschutzanzug war das Kind ziemlich schwer.
»Mein armer Junge«, murmelte Sergej, »jetzt hast du nicht einmal mehr Schokolade probieren können … Na gut, es wird schon noch eine Gelegenheit geben … Hab keine Angst. Onkel Max und Onkel Angin helfen uns.«
Sie rannten den Flur entlang zur Treppe mitten durch den allgemeinen Wahnsinn und die umherschwirrenden Schwärme schwarzer, haariger Insekten, die bedrohlich summten. Die Menschen versuchten, sich von den Tieren zu befreien, aber sie hatten keine Chance: Die Insekten hüllten ihr Opfer ein, warfen es zu Boden und wühlten so lange in ihm herum, bis es von ihrem Gift starb.
Einige Kolonisten hatten zunächst noch allerhand Hilfsgegenstände benutzt: Tafeln, Holz- und Metallgegenständen, die eine breite Fläche hatten und sich zum Schlagen eigneten … Aber es waren einfach zu viele Tiere, und selbst wenn sie nach einem schweren Schlag zunächst von ihrem Opfer abließen, taumelten oder zu Boden fielen, erholten sie sich schnell wieder und stürzten sich erneut in den Kampf, wenn man sie nicht augenblicklich zerquetschte.
Männer, Frauen und Kinder liefen wahnsinnig vor Angst auf den Fluren durcheinander. Einige versteckten sich unter
Betten, Tischen oder in Schränken, aber die Hummeln kamen überall hin. Die Wachposten hatten begonnen, aus ihren Schnellfeuerwaffen zu schießen, wodurch die Zahl der menschlichen Todesopfer augenblicklich anstieg, denn es war alles andere als leicht, mit einer Kugel ein Insekt zu treffen, selbst wenn es so groß war wie diese Hummeln.
Panik, Tod und Blut umgab sie.
Mit geschickten Bewegungen wich Sergej mit Denis auf dem Arm den schrecklichen Insekten aus. Denis versuchte wegzusehen, doch blickte er immer wieder wie gebannt auf das, was sich vor seinen Augen abspielte. Dort beugte sich Vater Serafim schreiend über die tote Lisa, als ob er gar nicht bemerken würde, dass sich mehrere Insekten an seinen Kopf und Rücken geheftet hatten. Dort taumelte Onkel Marat vor sich hin, der unter der dicken Schicht der ihn einhüllenden Hummeln fast nicht zu erkennen war. Jetzt stürzte er. Dort drüben rannte seine Lehrerin Anna Wassiljewna und schüttelte heftig den Kopf in dem Versuch, die Wolke von Insekten loszuwerden, die über ihr hing. Sie kreischte mit schrecklicher Stimme …
Max, Sergej mit Denis und Angin eilten ins Verwaltungsstockwerk hinauf. Auf der Treppe lag der Chirurg in einer Blutlache – Dutzende von Hummeln bearbeiteten seinen Körper.
»Schnell in den Saal«, befahl Max.
»Rusla-an!« Ein unmenschliches, wildes Heulen ertönte im Flur, überdeckte alle anderen Geräusche, das Schreien der Menschen, das Summen Hunderter von Hummeln, das Gellen der Sirene.
Die Flüchtenden blickten sich nach der Stimme um.
Am anderen Ende des Flurs, von der Krankenabteilung her lief Dina, übersät von Krabbeltieren, auf sie zu. Sie prallte gegen eine entgegenkommende Frau, verlor das Gleichgewicht, stürzte zu Boden, ruderte, unfähig wieder aufzustehen, mit den Armen und streckte sie in Denis’ Richtung aus: »Ruslan! Ruslan!!«
»Keine Zeit«, sagte Max. »Wir sind da.«
Sie stürzten in den riesigen verlassenen, finster daliegenden Großen Saal. Hier gab es noch keine Insekten. Angin knallte augenblicklich die Tür hinter ihnen zu und verschloss sie. Sergej stellte Denis auf dem Boden ab. Seine Arme brannten vor Anstrengung.
»Merkwürdig, dass noch keiner auf die Idee gekommen ist, den Saal als Zufluchtsort zu benutzen«, sagte Max. »Hier könnte man den Ansturm sogar aussitzen … He, nicht zurückbleiben. «
Wie ein Eisbrecher steuerte er bereits auf den hinteren Winkel des Raumes zu, wobei er alle Möbel auf seinem Weg einfach beiseiteschob.
»Warum hast du die Tür nicht abgeschlossen, du Idiot?«, erklang plötzlich eine Stimme von irgendwoher.
Max blieb augenblicklich stehen und griff nach seinem Gewehr.
Die Schränke in der hinteren Ecke waren schon zur Seite gerückt worden, ein Teil der Bücher lag auf dem Boden verstreut. Hinter den Schränken tauchte der erschrockene, blasse, zerzauste Arkadi
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