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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
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Anstrengung zurück vor die Öffnung und trat als Letzter in den schmalen, kalten Betonschacht.
    Die Tür zum Großen Saal krachte laut, unnatürlich, und stürzte dann ins Innere des Raumes. Sergej vernahm Geräusche, die ihn erstarren ließen: Heulen, Summen, Schreie, Fußgetrappel, Schüsse. Für euch gibt es keine Zuflucht mehr, dachte Sergej. Die Kolonie hatte sich endgültig in eine Hölle verwandelt.
    »Angin!«, erklang Max’ Stimme wie ein geflüsterter Schrei. »Verschließ die Tür von innen mit dem Riegel.«
    Angin drängte Sergej und Denis weiter in den Flur, schloss die Eisentür fest, schob den Riegel vor und befestigte ihn mit zwei Bolzen.
    Sergej atmete erleichtert auf. Selbst wenn die Kolonisten den geheimen Ausgang finden würden, sie würden ihn kaum öffnen können. Die Tür aufsprengen? Dazu mussten sie erst einen Sprengsatz holen und dann mit heiler Haut zurück in den Großen Saal gelangen. Ein Ding der Unmöglichkeit bei den unzähligen gnadenlos attackierenden Hummelschwärmen.
    Die Geräusche aus dem Saal waren jetzt stark gedämpft, aber Sergej begriff trotzdem, was dort vor sich ging: ein Abschlachten.
    Max schaltete seine Brustlampe an und leuchtete in den Korridor. Vor ihnen lag ein kalter, vom Boden bis zur Decke betonierter Gang.
    Der Verletzte stöhnte auf. Max’ Anzug war an mehreren Stellen blutverschmiert.
    Sergej griff nach dem Geigerzähler und maß die Strahlung, die sich im Normbereich befand, ehe er langsam hinter Arkadi, Max, der immer noch Grischa schleppte, und Denis den Gang hinabging. Angin, der Letzte in der Prozession, blickte sich immer wieder nach der Tür um.
    Sergej wurde von widerstreitenden Gefühlen fast zerrissen. Einerseits wollte er selbst auf einmal furchtbar gern leben. Seinen Sohn retten. Für Denis überleben …
    Andererseits litt er fürchterlich wegen der Leute, die er in der Kolonie zurückgelassen hatte, die dort gerade umkamen.
Trotz des harten Lebens, das er nun seit zwanzig Jahren führte, war Sergej normal geblieben. Ein Mensch. Er hatte sich seine Güte und seine Fähigkeit mitzufühlen bewahrt.
    Aber womit hätte er helfen können?
    Wahrscheinlich würde die Kolonie in wenigen Stunden für immer ausgelöscht sein, und die ehemalige Militärhochschule würde in den Besitz jener mutierten Insekten übergehen … Sergej spürte einen Kloß in seiner Kehle. Alles, was sie über zwanzig Jahre erhalten, was sie aufgebaut hatten, würde diesem stumpfsinnigen, hirnlosen Feind in die Hände fallen …
    Der Boden neigte sich fast unmerklich abwärts. Max hielt Arkadi an, übergab ihm ohne weitere Umstände den bewusstlosen Grischa, drängte sich zwischen ihm und der Wand vorbei und übernahm die Führung. Ohne sich umzudrehen, rief er nach hinten: »Achtet auf die beiden!«
    Es war völlig klar, wer auf wen achten sollte, aber Sergej konnte erkennen, dass Arkadi bereits gebrochen war und nicht mehr in der Lage war, irgendwelche Ränke zu schmieden. Der ehemalige Bankier war vollauf damit beschäftigt, Grischa weiterzuschleppen, der in seinen Armen hing.
    Denis ging ruhig und sicher. In seinem Herzen spürte er keine Angst – sein Vater war bei ihm. Er wusste, dass Papa krank war, die gleiche Krankheit hatte, an der Mama gestorben war. Aber der Junge hatte das sichere Gefühl, dass ihnen am Ende ihres Weges geholfen würde. Und daran, dass sie ihr Ziel erreichen würden, hegte Denis nicht den geringsten Zweifel.
    Max blieb stehen und hob eine Hand zur Faust geballt in die Höhe. Alle erstarrten. Sogar der Verletzte hörte für einige Sekunden auf zu stöhnen. Dann tat Max einen großen Schritt nach vorne und verschwand aus dem Blickfeld. Sie vernahmen das leise Piepsen des Gerätes, das die radioaktive Strahlung maß, dann erklang Max’ Stimme von unten: »Kommt runter.«
    Der Ausgang aus dem betonierten Gang befand sich etwa eineinhalb Meter über dem Erdboden. Arkadi konnte den Verletzten nicht mehr halten, so dass dieser unter Heulen und Schimpfen über einen aus Schotter aufgeschütteten Damm hinabrutschte. Max beobachtete ungerührt, wie Grischa sich stöhnend auf dem Boden wälzte und versuchte, auf die Beine zu kommen.
    Denis kletterte hinter Arkadi über den aufgeschütteten kleinen Hügel hinunter, dann folgte Sergej. Als Letzter tauchte Angin in der Öffnung auf, stieg, das Gewehr am Lauf führend, hinunter und blickte sich um.
    Sie befanden sich in einem weitläufigen, länglichen Raum mit hoher Decke, der an eine Höhle oder einen Tunnel

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