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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
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drohender Stimme und stieß die Hand zurück, die der Kahlrasierte ihm hinstreckte.
    Sergej wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte.
    Die Männer zogen ihre Schutzanzüge aus und legten sie ordentlich gefaltet in eine Ecke.
    »Wie kommt es, dass sie dich noch am Leben lassen, Freundchen?«, fragte Max mit einem Grinsen.
    Der andere seufzte: »Ach, ich weiß auch nicht …« Er machte eine für seine männliche Statur unerwartet gezierte Handbewegung.
    Sergej ertappte sich selbst bei einem Lächeln. In den guten alten Zeiten vor der Katastrophe war er einige Male, nicht oft, auf solche Menschen getroffen.
    »Wera hat schon oft gedroht, mich an die Pteros zu verfüttern … Sie sagt immer: ›Ich hab es satt, dich zu erziehen, ich werf dich den Vögeln zum Fraß vor, vielleicht machen sie noch einen richtigen Mann aus dir.‹ Aber es ist doch nicht meine Schuld. Die Natur lässt sich nicht täuschen … Die Natur – fordert nun mal ihren Tribut.« Bei diesen Worten blickte er Max zärtlich an.
    Angin stieß unvermittelt ein Grunzen aus. Sergej sah überrascht zu ihm hinüber: Ausgerechnet dieser unerschütterlich schweigsame Mann, der nie auf etwas reagierte, zeigte auf einmal so etwas wie eine Regung. Somit war die Situation auf ihre Weise wirklich außerordentlich.
    »Setzt euch und esst«, sagte der junge Mann. »Wera kommt bald.«
    Die Männer und Denis aßen schweigend. Der Kahle machte sich währenddessen im Haushalt nützlich, fegte, wischte Staub und sang dabei leise vor sich hin. Von Max und Angin hielt er instinktiv Abstand, denn er spürte, dass sie befremdet, ja fast aggressiv auf ihn reagierten. Um Sergej jedoch flatterte er freudig herum.
    »Papa …« Denis lehnte sich flüsternd zu ihm. »Ärgere dich nicht über ihn … Er kann nichts dafür …«
    Der Mann hörte Denis’ Worte.
    »Ach, ist schon gut, Junge!«, sagte er. »Ich habe ein gutes Leben hier – mach dir keine Sorgen.«
    »Du hast dich nicht vorgestellt«, sagte Max wieder mit drohender Stimme.
    »Ich heiße Ljonetschka«, sagt der andere in unbeschreiblichem Tonfall. »Und ihr …«
    »Unsere Namen gehen dich nichts an«, sagte Max schneidend. »Wie bist du hierhergekommen, Lenotschka? Ref. 22 … Ach, entschuldige, ich meine natürlich Ljonetschka … Bist du etwa hier geboren?«
    »Das fehlte noch!«, sagte Ljonetschka mit aufgesetzter Empörung. »Ich bin aus der Metro geflüchtet. Von der Roten Linie. Dort war es unerträglich, einfach un-er-träg-lich! Ich galt als politischer Flüchtling und konnte dann mit einer Karawane abhauen. Die Kerle in der Karawane reagierten aber bald gereizt auf mich: Mit Ach und Krach hab ich es hierhergeschafft. Zum Glück konnte ich Wera überreden, mich zu behalten. Sie ist meine Patentante … Am Anfang musste ich mich ein bisschen verstellen … Und als ihnen klarwurde, wie ich ticke, war die Karawane längst weg. Einen Menschen bringt man ja nicht einfach so um.«
    »Ich schon«, sagte Max ruhig.
    »Ach, bist du grob und schrecklich!«, sagte Ljonetschka genüsslich. »In deinen gewaltigen Pranken zu sterben – das wäre die reinste Wonne!«
    »Ich geb dir gleich Wonne …«, sagte Max und erhob sich von seinem Platz.
    »Beruhige dich«, bat ihn Sergej. »Hör mal, Leonid, an welchen Stationen warst du denn?«
    »An verschiedenen. Eine Zeit lang habe ich an der Woikowskaja bei den Anarchisten gewohnt … Ihnen war es egal, wer ich war und woher ich kam. Dann bin ich zur Sokol gewechselt. Dort war alles ganz prächtig: Die sind ja durch ihre ausgezeichnete Schweinefleischproduktion reich geworden. Mich wollten sie auch anstellen, aber ich habe kein Talent zum Schweinehüten …«
    »Wozu hast du überhaupt Talent, du Vogelscheuche?«, warf Max ein.
    »Hör schon auf, mich zu beleidigen. Siehst du nicht, dass dein Freund sich für mein Leben interessiert … Dann kam ich zur Roten Linie, und dort blieb ich hängen … Dort herrscht eine totale Dik-ta-tur! Da wird man ja so unterdrückt! «
    Sergej ließ nicht locker. »Und wie sieht es aus mit Ploschtschad Iljitscha , Perowo und Nowogirejewo ? Warst du mal da?«
    Ljonetschka nickte. Sergejs Herzschlag beschleunigte sich.
    »An der Perowo ging ich mit der Karawane nach oben … Dort sieht’s es aus, ich sag’s euch … Brrr!«
    Leonids Gesicht hatte sich gerötet, geschmeichelt von dem Interesse, das man ihm entgegenbrachte.
    »Hast du mal den Namen ›Wosnizyn‹ gehört?«
    »Eduard Georgijewitsch? Sicher, ich kenne ihn … Ein freundlicher,

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