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Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Titel: Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Wickert
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ein.«
    Jacques sah sich den Tatort von ferne an. Als sein Blick aber auf den toten Radfahrer fiel, wandte er sich schnell ab.
    »Der Wagen sieht ja aus, als hätte jemand wild drauflosgeballert«, sagte er. In der Tür sah er mehrere Einschüsse. Blut war von innen an die Scheiben gespritzt. Er schaute auf die Uhr. Es war zwanzig nach drei.
    »Und warum sind die Toten immer noch nicht abtransportiert? Ist das nicht menschenunwürdig, sie hier liegen zu lassen?«
    »Je weniger wir am Tatort verändern, desto besser können wir uns ein Bild machen«, antwortete Jean Mahon ruhig.
    Der Kommissar stand kurz vor seiner Pensionierung. Seine Truppe hatte er über Jahre hinweg mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Zu ihm kamen junge, aufstrebende Spezialisten gern. Er hatte einen hervorragenden Ruf. Wer sich hier auszeichnete, hatte später gute Chancen auf Beförderung.
    Kommissar Jean Mahons Büro war im selben Gebäudekomplex wie das des Untersuchungsrichters Jacques Ricou. Beide betraten das Palais de Justice auf der Île de la Cité durch den Eingang 36 , Rue des Orfèvres.
    Als Jacques noch mit Jacqueline verheiratet gewesen war, was allerdings schon einige Jahre zurücklag, sind die beiden Ehepaare oft gemeinsam in den Skiurlaub gefahren. Jean und Jacques scheuten selbst vor Touren im Tiefschnee nicht zurück, während Jacqueline Ricou und Isabelle Mahon ihre Pelzmäntel spazieren trugen und sich jedem neuen Wellnesstrend hingaben, um abends für das Après-Ski runzelfrei und sportlich zu wirken. Ihre Falten bekämpften sie heimlich mit Botox, solange das modern war, später mit »Weiß-Gott-was« sagten Jean und Jacques im Chor und verdrehten die Augen.
    Jacques war zu bodenständig für eine Frau wie Jacqueline. Mit seinem Gehalt als Untersuchungsrichter konnte er ihr die Wünsche nach neuen Klamotten und Schuhen, die sie ständig immer aggressiver wiederholte, nicht erfüllen. Als Jacqueline dann bei einer der häufiger werdenden Streitigkeiten um Geld, eine Flasche Champagner nach ihm warf, ihn zwar nicht traf, aber mit dem Champagner bespritzte, rief er lachend: »Schade um das Gesöff!« Sie schrie hysterisch auf, er packte seinen Koffer und zog zu Margaux, die er kurz zuvor kennengelernt hatte.
    Da er aber bald merkte, dass er nach der anstrengenden Ehe seine Unabhängigkeit brauchte, blieb er bei Margaux, der Journalistin, die unter Kollegen in Paris geachtet wurde, weil sie immer wieder besondere Fälle aufdeckte, nur so lange wohnen, bis er eine eigene kleine Wohnung in Belleville gefunden hatte. Ihre Beziehung ging auseinander, sie kamen wieder zusammen, gingen wieder auseinander. Aber in Zeiten, in denen sie nicht zusammen waren, blieben sie sich doch nah. Die letzte Trennung war allerdings »endgültig« gewesen.
    Zwei blaue Kastenwagen der Polizei fuhren am Tatort vor. Sie hatten keine Fenster. Polizisten öffneten die Hintertür und zogen tragbare Bahren aus ihren Halterungen.
    »Warum werden die Leichen von der Polizei abtransportiert und nicht von einem Beerdigungsinstitut?«, fragte Jacques seinen Freund, den Kommissar.
    »Ach, das ist so ’ne leidige Sache«, seufzte Jean. »Die bekommen für jede Leiche, die sie selbst in der Gerichtsmedizin abliefern, einen ordentlichen Zuschlag.«
    »Dafür müsste man mir schon viel zahlen«, sagte Jacques.
    »Das kann gut hundert Euro pro Leiche ausmachen«, sagte Jean. »Das Geld kommt aus einem Sonderfonds des Präfekten. Irgendwie pervers.«
    Der Radfahrer wurde auf eine Bahre gelegt und in einen Wagen getragen. Zwei Polizisten zogen den Fahrer, der hinter seinem Steuer zusammengesunken war, aus dem Citroën, streckten ihn auf einer Bahre aus und verstauten ihn im selben Wagen wie den toten Coiffeur.
    Als die Frau von der Hinterbank gehoben wurde, griff eine Polizistin mit an. Sie legte jeweils eine Decke über die Toten. Dann wurden die hinteren Türen der Polizeiwagen wieder geschlossen. Sie fuhren mit Blaulicht, aber ohne Sirene ab.
    Erst jetzt wagte es Jacques, sich den großen alten Citroën genauer anzusehen.
    »Kannst du dir das erklären?«, fragte er Jean. »Der Mörder muss wild drauflos geballert haben. Es gibt Einschüsse in die Seitenfenster, in die Windschutzscheibe vorn, in die Fahrertür, und hier sogar in die Motorhaube. Ich frage mich, wie viele Täter es waren. Denn die drei Leute im Auto wurden präzise mit je nur einem Kopfschuss exekutiert.«
    »Nach den Patronenhülsen zu urteilen, die wir gefunden haben«, sagte Jean, »war nur eine

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