Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)
von hellblauen Perlenschnüren geflochten. Sie gehört zum Orthokratieadel, was bedeutet, dass sie mehrere Sprachen fließend spricht, einen ausgesuchten Kunstgeschmack hat und dir die Kehle aufschlitzt, wenn du ihr die Gelegenheit dazu gibst.
»Scan in Ordnung«, sagt Mimi, »im Gegensatz zu den Manieren dieser Frau.«
Ich beantworte Madames Frage: »Die Mission war nicht so einfach. Sie haben ein paar Fakten verschwiegen, die uns die Arbeit sehr erschwert haben.«
»Erschwert? Lächerlich.« Dame Bramimonde streichelt eine flachgesichtige Katze, die auf ihrem Schoß hockt. Ihr Schnurren klingt eher wie ein rasanter Schluckauf. »Ich habe Sie losgeschickt, damit Sie meine Tochter retten und mit dem Lösegeld zurückkommen. Stattdessen bringen Sie mir diesen ... Jungen . Ich nehme an, es ist meine eigene Schuld. Was heuere ich auch einen Dalit an, anstelle eines Profis.«
Mir steigt die Galle hoch. Gerade in diesem Moment werden Madames Kinder gewaschen. Jede Ecke, jede Ritze wird mit Wasser gespült – mit echtem Wasser, nicht mit dem Chem/Aqua, das wir Gemeinen benutzen. Ich dagegen bin nach wie vor von Kopf bis Fuß mit getrocknetem Abwasser beschmutzt. Mein ganzer Körper ist ein wandelnder Haufen widerlichen Gestanks. Und nun darf ich auch noch um die vertraglich vereinbarte Vergütung betteln. Ich verabscheue Orthokraten.
»Was ist los, Regulator?« Madame kneift das Tier auf ihrem Schoß. Es kreischt, wagt aber nicht, sich zu rühren. »Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?«
»Mir hat es gar nichts verschlagen.«
»Warum sind Sie dann immer noch hier? Ihr Gestank stört das olfaktorische Feng-Shui meines Hauses. Oh, verzeihen Sie – die Definition des Begriffs olfaktorisch ist Ihnen natürlich nicht bekannt.«
»Doch!«, mischt Mimi sich ein, ehe ich sie zum Schweigen bringe.
»Ich warte auf mein Honorar«, sage ich geradeheraus.
»Sie haben den Job nicht wie abgesprochen erledigt«, erwidert die Dame.
»Wir haben Ihnen Ihre Tochter zurückgebracht. Die, ganz nebenbei, kein Kind ist. Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass sie eine Regulatorin ist?«
Dame Bramimonde schürzt die Lippen. »Sie haben das Lösegeld verloren, und Sie haben Postule nicht getötet. Wenn ich nur daran denke, dass er einmal mein Verwalter war.«
»Postule wurde von einem Stoßtrupp beschützt – noch so ein kleines Detail, das Sie nicht erwähnt haben. Er hat das Lösegeld, aber wir haben Ihnen Ihren Sohn gebracht. Das sollte als Ausgleich reichen.«
»Ich will den Jungen nicht!« Ihre Stimme erklingt nun eine Oktave höher. »Hätten Sie mir stattdessen einen Sack der Exkremente mitgebracht, in denen Sie sich gesuhlt haben, hätte mich das mehr erfreut.«
Ich lächele mit zusammengebissenen Zähnen. »Wissen Sie, das CorpCom-Militär dürfte großes Interesse an Damen haben, die Regulatoren anheuern, damit sie ihre Dreckarbeit erledigen.«
»Es wäre eine Dummheit, diese Information weiterzugeben.«
»Ich habe schon viele Dummheiten begangen.«
»Das ist geradezu schmerzhaft offensichtlich.« Sie rümpft die Nase. »Was würde CorpCom wohl von einem Dalit halten, der als Söldner arbeitet?«
»Ungebundene Regulatoren unterstehen nicht der Autorität des CorpCom-Militärs.«
»Ungebunden? So nennen Sie es, für Almosen zu arbeiten? Ihnen hätte die Selbstverbrennung gute Dienste geleistet, als Ihr Vater in Schande geraten ist.«
»Er ist nicht in Schande ... er ...«, sage ich und bedauere es sogleich.
Madames höhnisches Lächeln verzerrt sich zu einem makabren Grinsen. »Versagen ist Schande.«
»Ich will mein Geld.«
»Die Hälfte oder gar nichts.«
»Sie sind eine Diebin.«
»Ich bin Geschäftsfrau.« Sie nimmt eine kleine Metallkassette aus einer Schublade ihres Pults. Wirft sie mir zu. »Hier haben Sie Ihr Salär.«
Es ist nicht genug; das erkenne ich am Gewicht der Kassette. Sie hat mich betrogen, aber ich werde nicht schweigend das Feld räumen. »Warum nur das Mädchen? Warum wollten Sie sie retten?«
»Weil sie meine Erbin ist, natürlich. Sie ist die Frau, die hier Chefin wird, wenn ich in den Ruhestand gehe.«
»Sie ist auch eine für den Kampf ausgebildete Regulatorin. Warum ist Ihre Erbin Regulatorin geworden?«
»Das ist bloß ein notwendiges Übel, das kann ich Ihnen versichern. Der klischeehafte Kämpfer im Chefsessel ist nun einmal en vogue . Meine Tochter bringt dieses Opfer zum Wohl ihrer Familie. Das kennen Sie doch gewiss besser als viele andere, nicht wahr, Durango? Oder soll ich
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