Das Matarese-Mosaik
unseren auf Abwege geratenen Kardinal halten. Das wird als Beweis genügen.«
»Das dürfte reichen«, stimmte Scofield zu.
»Außerdem habe ich Freunde in der Kurie. Dieser Verräter an seinem Glauben wird eine Schande für die Kirche sein, ein Paria in seiner eigenen Welt.«
Plötzlich sprang Kardinal Paravacini aus seinem Stuhl und entwand Togazzi die Waffe. Ehe Scofield reagieren konnte, drückte der Priester sich die Mündung der Pistole gegen die Schläfe, zog den Abzug durch und ließ seinen Schädel zerbersten.
»Morte prima di disonore«, sagte Togazzi und blickte auf die zuckende Leiche herab. »Ein alter italienischer Ausdruck aus dem sechzehnten Jahrhundert.«
»›Lieber tot als entehrt‹«, sagte Scofield leise. »Das Tätowiergewerbe läßt das inzwischen etwas banal erscheinen, aber darum geht es immer wieder. Er besaß Macht, Reichtum und gewaltigen Einfluß innerhalb und außerhalb der Kirche. Ohne das blieb ihm nichts, für das es sich zu leben lohnte.«
»Rispetto«, sagte Togazzi. »Er besaß Respekt, und ohne Respekt hat er seine Männlichkeit verloren. Und ein Italiener, besonders ein Priester, muß seine Männlichkeit behalten.«
»Soviel zum italienischen Zweig der Matarese. Wir tun gut daran, dieses Material so schnell wie möglich zu unseren Computerzauberern nach Amsterdam zu fliegen. Vielleicht stoßen die auf etwas.« Irgendwo im Schiff klingelte ein Telefon und ließ die beiden Männer zusammenfahren. Es klingelte fünfmal, bis Scofield den Apparat schließlich fand. »Pronto«, sagte er und schickte sich an, den Hörer Togazzi zu geben, falls die Stimme am anderen Ende der Leitung zu schnell reden sollte. Aber die Stimme an seinem Ohr sprach präzises, wenn auch nicht akzentfreies Englisch, es war die Stimme einer Frau.
»Sie haben das Blut eines Paravacini vergossen, eines Mannes von Ehre. Dafür werden Sie bezahlen.«
In der Bibliothek der Villa legte das Hausmädchen den Hörer auf die Gabel. Tränen rannen ihr über die Wangen; ihr Geliebter war dahin und damit ein Leben, wie sie es nie wieder kennen würde.
34
S ie müssen alle drei zurück nach London«, sagte Frank Shields zu Pryce in Philadelphia. »Auf dem schnellsten Weg.«
»Und was ist mit Wahlburg?«
»Darum werden wir uns kümmern. Unsere Leute waren bereits dort und haben die Leiche und alle Spuren des Selbstmords beseitigt. Es wird nichts in die Medien kommen, er ist einfach verschwunden.«
»Hat denn sonst niemand dort gewohnt?«
»Nur ein Butler oder Kammerdiener, oder wie man diese Leute nennt. Er hatte ein Zimmer neben dem von Wahlburg. Er war ausgebildeter Krankenpfleger; Wahlburg war ein ziemlicher Hypochonder. Seine Frau ist vor einigen Jahren gestorben, und seine beiden Töchter sind verheiratet und wohnen in Los Angeles und San Antonio. Sie können ganz sicher sein, es gibt keine Spuren; er hat seinen Anrufbeantworter besprochen und gesagt, er sei verreist.«
»Und was wird Ihrer Meinung nach jetzt passieren?«
»Ich denke und hoffe, daß seine drei Matarese-Freunde Fowler, Whitehead und Nichols durchdrehen, wenn sie keine Verbindung mit ihm bekommen. Und wenn Sie in New York und Palm Beach Ihre Sache gut gemacht haben, dann werden die drei das Schlimmste annehmen und sich nach einer Zuflucht umsehen. Und dann werden sie mit Sicherheit Fehler machen.«
»Ich habe meine Sache gut gemacht. Und was ist in London los?«
»Sitzen Sie gut? Matareisen ist entkommen.«
»Unmöglich!« rief Pryce.
»Aber wahr«, erwiderte Shields. »Ich will jetzt nicht auf Einzelheiten eingehen, aber er ist jedenfalls entkommen und vermutlich bereits irgendwo auf dem Kontinent.«
»Herrgott im Himmel!«
»Das ist noch nicht alles. Scofield und sein alter Freund Togazzi haben die Matarese-Verbindung in Mailand gefunden. Es war dieser Kardinal Paravacini, den Sie erwähnt hatten.«
»Überrascht mich nicht«, sagte Pryce. »Haben die beiden ihn im Schlepptau?«
»Nein, er hat Selbstmord begangen. Er hat sich eine Kugel durch den Kopf gejagt, als sie ihn stellten und ihm klarmachten, wie erdrückend die Beweise gegen ihn waren.«
»Die haben ihm eine Waffe gegeben?«
»Er hat sie dem alten Togazzi entrissen. Das entscheidende ist, daß der Kardinal über Kurier ein Päckchen von Matareisen bekommen hat, das dieser abgesandt hatte, ehe Sie ihn erwischt hatten. Eine Unmenge Computertext, und deshalb schicken wir das Zeug zur Keizersgracht. Das Ganze läuft darauf hinaus, daß der Termin zum Losschlagen
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