Das Matarese-Mosaik
finden können. Und schließlich ist da noch der Kontakt dieser Montrose mit dem Weißen Haus. Wenn man das alles zusammenzählt – was kommt dabei raus?«
»Sie sind jetzt doch wieder beim Denken«, sagte Shields mit einem traurigen Lächeln. »Was diese Montrose angeht, so ist sie sauber, auch wenn sie kurz durchgedreht hat. Mir ist allerdings ein Rätsel, wie sie überhaupt noch was auf die Reihe kriegt. Die Angst um ihren Sohn muß sie doch auffressen.«
»Und wie hat sie diesen Kontakt zum Weißen Haus hergestellt?«
»Über Colonel Bracket. Er und seine Frau sind – in seinem Fall muß ich wohl sagen: war – eng mit Montrose befreundet. Als ihr Junge entführt wurde, und die Entführer – wir dürfen wohl annehmen, daß sie Matarese waren – mit ihr Verbindung aufnahmen, hätte sie beinahe einen Nervenzusammenbruch bekommen. Sie hatte niemanden, an den sie sich wenden konnte, ganz sicherlich nicht die Bürokratie, die ja niemals den Mund halten kann. Also hat sie sich – das haben wir von Mrs. Bracket erfahren, die im Moment selbst unter einer ziemlichen Belastung steht – an ihren Mann gewandt, Everett, einen Kollegen beim Militär, der in mancher Hinsicht für sie ein Mentor war.«
»Das klingt einleuchtend«, sagte Scofield. Sie hatten inzwischen den asphaltierten Hubschrauberlandeplatz erreicht. »Sie hat sich ihm anvertraut, weil er ihr Freund und mit ihr in West Point war, jemand, dem sie vertraute. Aber was ist mit dem Weißen Haus?«
»Bracket hat seine Fachsemester in Yale absolviert, und einer seiner Kommilitonen war Thomas Cranston…«
»Den Namen kenne ich«, fiel Scofield ihm ins Wort. »Er war einer von uns, nicht wahr?«
»Einer der besten, die wir hatten. Abgesehen von seinen fachlichen Talenten konnte er sich hervorragend verkaufen. Wenn er in Langley geblieben wäre, hätte er gute Chancen gehabt, einmal Direktor zu werden, und ich hätte ihn unterstützt.«
»Squinty, das hätte Ihr Job sein können! Gibt es denn kein bißchen Ehrgeiz in Ihrem gebrechlichen Körper?«
»Nicht, wenn ich weiß, daß ich dafür nicht qualifiziert bin, und an dem Spaß habe, was ich tue – was ich gut tue. Cranston hat die Agency verlassen und die Leitung einer dieser Denkfabriken übernommen, die von internationalen Möchtegernakademikern finanziert werden. Und von da war es nur ein kleiner Sprung in die Strudel der Politik. Er ist jetzt Chefberater des Präsidenten für Belange der nationalen Sicherheit.«
»Also hat Bracket Montrose zu ihm geschickt.«
»Ja, das war durchaus logisch, und wenn man die letzten Ereignisse bedenkt, auch klug. Wir verfügen über Erfahrung und Macht, aber bei uns gibt es ganz offenkundig Krebsgeschwüre. Wenn sie zu uns gekommen wäre, hätte das den Tod ihres Sohnes bedeuten können.«
»Aber was kann dieser Thomas Cranston tun?«
»Ich habe keine Ahnung. Aber was auch immer es ist, es wird irgendwie hintenrum laufen.«
»Mit wem?«
»Das weiß ich nicht.«
»Dann sollten wir es herausfinden.«
»Ich habe mich bereits um ein vertrauliches Gespräch mit ihm bemüht. Vielleicht erfahren wir dabei etwas, was uns das Weiße Haus nicht wissen lassen möchte – in diesem kritischen Augenblick.«
»Stehen wir denn nicht auf derselben gottverdammten Seite?« fragte Scofield mit erhobener Stimme.
»Wir arbeiten manchmal mit unterschiedlichen Zielsetzungen.«
»Das ist doch ausgemachter Blödsinn!«
»Keine Frage, aber so stehen die Dinge nun mal.«
»Schon gut, schon gut. Ich bestehe natürlich darauf, an diesem Gespräch teilzunehmen. Und Pryce und Antonia auch. Schließlich sind wir die Experten, nicht wahr?«
»Sie werden teilnehmen«, stimmte Shields zu. »Aber Colonel Montrose nicht. Cranston glaubt, daß sie die Dinge in diesem Stadium nicht objektiv genug sehen könnte.«
»Das ist verständlich. Und jetzt zu dem, was zur Zeit auf den Finanzmärkten läuft – die vielen Fusionen, die Firmenbündnisse, die Marktabsprachen. In dieser Sache kann ich helfen. Ich bin kein Computer, aber ich erinnere mich an Namen, Beziehungen, Freunde der Matarese und die Feinde, die sie entweder geschluckt oder vernichtet haben. Ich brauche nur Hintergrundmaterial über die Firmen und Einzelheiten über die Vorgehensweisen – das ist wichtig, sogar lebenswichtig. Die größte Schwäche der Matarese ist ihre Inzucht: Sie stützen sich immer auf die eigenen Leute, auch wenn die Verbindungen Jahrzehnte zurückliegen. Sie arbeiten mit Erpressung und bauen auf die
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