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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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waren, einen eigenen, unabhängigen Mayastaat zu bekommen. Ein Verrat, der den Weg zum Frevel von Cancun und der Riviera Maya geebnet hat« - er spie die Worte heraus, als handelte es sich um Fliegen, die in seinem Mund gelandet waren - , »wo man unsere Kultur in den Apparat der Tourismusindustrie einspeist, um sie sterilisiert und im Paket verkaufen zu können. Einem Mann, der im Begriff war, seinen Verrat zu wiederholen, als die Mittel zur Verfügung standen, diesem ganzen Tourismus, der die Eroberung unseres Volkes vollendet, ein Ende zu machen.«
    »Wenn Sie das glauben, ist es Ihre Sache und traurig genug. Aber er hat diese Behandlung nicht verdient.«
    »Drastische Situationen erfordern drastische Maßnahmen. Wenn die Mayakönige adlige Gefangene machten, unterwarfen sie diese den erniedrigendsten Foltern, um so ihre eigene Größe deutlicher hervortreten zu lassen. Dr. de Valdivia war in den Augen vieler noch immer ein großer Mann.«
    »Und wer hat also umso mehr Größe bewiesen, indem er Dr. de Valdivia erniedrigte?«
    »Sein Sohn.«

49
    »Bartolomé?«, fragte ich ungläubig.
    »Rafael de Valdivia hatte zwei Söhne«, entgegnete Kan Ek. »Einer wuchs in einer Villa in Mérida auf. Der andere in einer Hütte im Dschungel von Quintana Roo.«
    Ich sah ihn verdutzt an. Was offenbarte er mir hier? Dann begriff ich, dass er es bereits gesagt hatte. »Sie sind sein Sohn?«
    Ich blickte einem Mann in die Augen, der seinen eigenen Vater gefoltert und getötet hatte. Sein Hass musste tief und schwarz wie Xibalba sein.
    Kan Ek sah auf die Uhr. »Holen wir die Chilam-Balam- Handschrift«, sagte er.
    Ich erhob mich mechanisch und ging zum Schlafzimmer; Kan Ek folgte mir. Ich nahm den Aktenkoffer vom Fensterbrett und schichtete die Dokumente hinein. Währenddessen trat Kan Ek ans Fenster und blickte hinaus.
    »Ich weiß, dass Sie bei Bartolomé zu Besuch waren. Haben Sie dort ein Porträt an der Wand gesehen?«
    »Ja, von einer sehr schönen Frau.«
    »Das war meine Mutter.« Er drehte sich um, und zum ersten und letzten Mal im Laufe unserer Begegnung lächelte er.
    Während ich versuchte, diese Mitteilung zu verdauen, schaute Kan Ek wieder aus dem Fenster, aber plötzlich drückte er sich flach an die Wand. Dann packte er mich an der Gurgel und hielt mir die Pistole an die Schläfe. »Gibt es hier einen zweiten Ausgang?«, zischte er.
    »Durch den Laden«, röchelte ich. »Aber lassen Sie mich los, Sie erwürgen mich.« Er lockerte seinen Griff.
    »Sie kommen mit.«
    Er klemmte sich den Aktenkoffer unter den Arm und schob mich vor sich her, auf die Treppe zum Laden hinab. Da ich vorneweg ging, sah ich die Männer zuerst und erstarrte.
    Kan Ek wusste sofort, dass sie da waren, und zerrte mich zurück nach oben in die Wohnung. »Wie tief ist es zum Ufer hinab?«
    »Ungefähr vier Meter. Da unten sind Felsen.«
    »Das riskiere ich«, sagte er und drängte mich auf die Terrasse hinaus. Dort hielt er inne und prüfte die Lage, bevor er mir die Pistole in die Rippen stieß und mich zur rückwärtigen Wand schob. Er blickte nach oben und nach allen Seiten, als erwarte er einen Trupp Fallschirmspringer, und eilte dann weiter zum Ende der Terrasse.
    Als wir uns der Brüstung näherten, sah ich das Patrouillenboot vor ihm und machte mich auf Geschützfeuer gefasst. Stattdessen ertönte das Knistern eines Lautsprechers von dem Gefährt, das dreißig Meter vom Ufer entfernt am Ende der Mole lag. »Lassen Sie die Frau los, werfen Sie die Waffe weg, und Ihnen wird nichts passieren.« Ich erkannte die Stimme von Sanchez.
    Kan Ek ging in die Hocke und winkte mich zurück in Richtung der palapa. Als er sich halb umdrehte, um darauf zuzukriechen, zielte ein Polizist in einer schwarzen Kevlarjacke vom Treppenabsatz mit einem Sturmgewehr auf ihn. Kann Ek ließ den Aktenkoffer fallen, der aufsprang, packte mich am Arm und schob mich wieder vor sich.
    »Schieß, und sie ist erledigt«, rief er.
    Er versuchte, mich auf den Bewaffneten zumarschieren zu lassen, aber ich sackte absichtlich auf die Knie, als sei ich ohnmächtig geworden, und er konnte mein Gewicht nicht halten. Als ich seinem Griff entglitten war, ging Kan Ek weiter auf den Beamten zu, der auf der Treppe zurückzuweichen begann. Ich fragte mich, wieso er den Rückzug antrat, als eine Schusswaffe knallte und ein Stück von Kan Eks Knie seitlich wegflog. Er brach auf den Fliesen zusammen, während ein zweiter Beamter, der über den Laden durch die Wohnung vorgedrungen war, auf

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