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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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die Terrasse kam; er hielt die Pistole, die er gerade abgefeuert hatte, mit beiden Händen umfasst und richtete sie weiter auf Kan Ek.
    Ich fing an, mich aufzurappeln.
    »Runter mit Ihnen, runter«, schrie der Polizist aufgeregt. Ich legte mich flach. Der Bursche war gefährlich.
    Ich hob den Kopf.
    »Unten bleiben!«, bellte er.
    Ich konnte nur die Stiefel des Mannes sehen und folgte ihnen mit den Augen bis zu der Stelle, wo Kan Ek in Embryostellung lag. Er stöhnte und hielt sich das zerschmetterte Knie.
    »Das ist für Zedillo«, sagte der Beamte, als er direkt vor Kan Ek stand. Dann schoss er ihm in den Kopf. Kan Eks Körper zuckte ein paar Mal und blieb schließlich still liegen.
    Ein winziges Rinnsal Blut floss auf mich zu. Ich sah, wie es eine Ameisenstraße einschloss, bevor es sich über den verstreuten Inhalt des Aktenkoffers ausbreitete und in die Handschrift sickerte, die offen dalag. Sie war auf der Seite aufgeblättert, wo der Tod mit dem rot gefärbten Schädel tanzte.

50
    »Das war eine glatte Hinrichtung«, sagte ich zu Sanchez, der auf Kan Eks Leiche hinabblickte. Er hatte sich an Bord des Patrouillenbootes Tolteca befunden, das die Polizisten an Land gebracht hatte. Er selbst aber war erst jetzt auf der Terrasse eingetroffen, auf der es vor Männern in grauen und schwarzen Kampfanzügen wimmelte.
    Ich saß an dem demolierten Tisch, den einer seiner Männer an seinen Platz unter dem Sonnendach zurückgeschleppt hatte, und trank ein Glas Wasser, das mir ein anderer gebracht hatte.
    Sanchez drehte sich um, bevor er antwortete. »Wenn man Timothy McVeigh bei seiner Geburt erwürgt hätte, wenn man die Kerle, die den Pan-Am-Jet über Lockerbie in die Luft sprengten, umgebracht hätte, bevor sie die Bombe legen konnten, würden Sie sich darüber jetzt beschweren?« Die Sonne, die hinter den Horizont sank, meißelte tiefe Schatten in seine Wange.
    »Aus seiner Sicht war Kan Ek ein Maya, der gegen ein Unrecht kämpfte, das vor fünfhundert Jahren an seinem Volk begangen wurde«, erklärte ich.
    Sanchez trat an den Tisch, seine Kiefer mahlten wütend.
    »Ja. An Leuten, die gern in den abgezogenen Häuten ihrer Feinde herumtanzten. Die ihre begabtesten Kinder opferten. Die sich Rochenstachel in die eigenen Genitalien spießten. Ich bin gottverdammt froh, dass die Spanier kamen und sie erledigt haben.«
    Er spuckte Galle, machte seiner angestauten Wut Luft. Ich dachte daran, was der Polizist gesagt hatte. Das ist für Zedillo.
    »Wo ist Zedillo?«
    »Sie haben Hector aus dem Wagen vor Ihrem Haus geholt. Er wusste, was ihn erwartete. Er wusste, was diese Schweinehunde den Geiseln in Chichen Itza angetan hatten. Sie brachten ihn zu der Wasseraufbereitungsanlage. Rissen ihm alle Fingernägel mit einer Zange aus - noch so eine kleine Mayaraffinesse -, dann schnitten sie ihm die Zunge ab und warfen ihn in den Zenote. Er ertrank in seinem eigenen Blut, beim Versuch, den Kopf über Wasser zu halten.«
    Mir drehte sich der Magen um.
    »Nur damit hatten wir es hier zu tun« - er zeigte auf den Toten -, »mit einem skrupellosen Bastard, dessen wahres Motiv Rache war. Vergessen Sie sein großartiges Geschwätz über das Volk der Maya.« Mir war klar, dass Sanchez das Wort Bastard im wörtlichen Sinn gebraucht hatte.
    »Seit wann wissen Sie, dass er der Sohn von Dr. de Valdivia war?«
    »Erst seit gestern Abend. Bartolomé hat es uns bei seinem Geständnis enthüllt.«
    »Bei seinem Geständnis? Was hat er denn gestanden?«
    »Wie es aussieht, hat er Pemex-Einnahmen in einen Fonds für die Cruzob umgeleitet. Es begann als eine Art wohltätige Spende, endete aber damit, dass von dem Geld Waffen gekauft und Guerillatrainings finanziert wurden.«
    »Wie haben sie ihn dazu gebracht?«
    »Sie kamen vor ein paar Jahren zu ihm und drohten, alles über seinen Vater auszuplaudern: dass er über viele Jahre hinweg eine Mayageliebte hatte und dass Kan Ek ihr gemeinsamer Sohn war. Bartolomés Halbbruder mit anderen Worten. Bartolomé wollte seine Familie nicht in Aufregung versetzen, vor allem seine Mutter nicht, und er wollte auch gern vertuschen, dass er einen Mayahalbbruder hatte. Also tat er, was sie verlangten. Bis gestern, als das Testament seines Vater eröffnet wurde. In einem Nachtrag, der nur für die Anwälte und Bartolomé bestimmt war, enthüllte Dr. de Valdivia Kan Eks Existenz und vermachte ihm die Chilam-Balam -Handschrift. Die Anwälte hatten bereits mit Kan Ek Kontakt aufgenommen, und als er bei Bartolomé

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