Das Maya-Ritual
Markierung auf dem Kopf, die zum Schweif passte. »Das ist ein türkisstirniger Motmot«, sagte Ken gebieterisch und sprach die erste Silbe dabei mit einem langen O aus. Es war nicht das erste Mal, dass Ken Arnold mich überraschte, weder heute noch irgendwann. »Lass uns in die Gänge kommen«, nuschelte er und gab dem Kranführer ein Zeichen. Mit viel Gestikulieren und Deuten gab er seine Anweisungen, während ich zum Land Cruiser zurückging, um unser Equipment auszuladen.
Wir hatten uns am Abend zuvor auf die Ausrüstung geeinigt. Es war nicht nötig, eine vollständige Montur zum Höhlentauchen zu verwenden, wobei man bis zu sechs Sauerstoff oder Pressluftflaschen mit sich führt, nicht auf dem Rücken befestigt, sondern in einem Gurt um den Körper herum, damit man durch enge Durchgänge schwimmen kann und genügend Luft zum Überleben hat - die Faustregel lautete: ein Drittel für den Hinweg, ein Drittel für den Rückweg und ein Drittel für Notfälle. Wir würden auf unserem ersten Tauchgang jedoch sehr wahrscheinlich keine unterirdischen Passagen erkunden, das Ganze würde eher freiem Tauchen in einem kleinen See ähneln. Deshalb entschieden wir uns für zwei auf dem Rücken montierte Flaschen, mit denen wir eine Stunde oder länger unten bleiben konnten. Ken hatte in seinem Geländewagen außerdem einen tragbaren Kompressor mitgebracht, mit dem wir die Flaschen im Lauf des Tages auffüllen konnten.
Während die Bauarbeiter zwei Ketten um eine Holzpalette wickelten, die sie von der Ladefläche des LKWs geholt hatten, begannen wir, unsere Ausrüstung anzulegen.
Wir schlüpften in drei Millimeter starke Neoprenanzüge, Kapuzen und Taucherstiefel, der Anzug von Ken nüchtern, männlich, schwarz mit gelben Schläuchen, meiner blaugrün mit einem orangefarbenen Tauchoverall darunter, eine Kombination, die mich an den Motmot erinnerte. Dann zogen wir unsere aufblasbaren Tarierwesten darüber, die als Auftriebsausgleich, Geschirr für die Atemlufttanks und Halterung für die Bleigewichte in einem dienten. So in der Schwebe zu bleiben, dass sich kaum ein Millimeter Bewegung nach oben oder unten feststellen lässt, ist eine lebenswichtige Fähigkeit, wenn man durch schlammbedeckte Gänge und Kammern schwimmt, weil es zu null Sicht führen kann, wenn man dagegenstößt. Und für mich war es äußerst nützlich, wenn ich nahe an zerbrechlichen Korallen arbeitete.
Da wir schlechte Sicht erwarteten, war jeder von uns mit zwei Hundert-Watt-Tauchlampen ausgerüstet, die Hauptlampe am Handrücken befestigt und von einer Batterie an der Hüfte mit Strom versorgt, die Ersatzlampe am Geschirr. Die Sonne über uns würde uns als dritte Lichtquelle dienen. Licht, oder vielmehr Mangel an Licht, ist eine häufige Todesursache beim Höhlentauchen, einer der gefährlichsten Sportarten der Welt. Unerfahrene Taucher werden davor gewarnt, eine Lichtquelle mit in Höhlen zu nehmen, da sie versucht sein könnten, weiter vorzudringen, während sie ohne Licht erst gar nicht in Schwierigkeiten geraten. Und Taucherneulinge setzt man an irgendeinem Punkt ihrer Ausbildung dem klaustrophobischen Schrecken aus, mit abgeschaltetem Licht tief in den wassergefüllten Eingeweiden der Erde zu schweben.
Wir trugen beide eine Konsole am Handgelenk, mit Tiefenmesser, Luftdruck und Kompassanzeige sowie einem Digitalrechner, um unseren Blutstickstoffgehalt und die relevanten Dekompressionszeiten zu überwachen - wobei wir uns wegen einer Stickstoffvergiftung natürlich keine Sorgen zu machen brauchten, da wir wahrscheinlich nicht längere Zeit tiefer als zehn Meter tauchen würden. Eine Spule mit mehr als dreihundert Meter verdrehter Führungsleine aus Nylon, die mit einem Karabinerhaken an unseren Westen befestigt war, und ein kurzes, an den Oberarm geschnalltes Messer komplettierten unsere Überlebensausrüstung.
Nachdem wir uns gegenseitig mit unseren Flaschen geholfen und Druckmesser, Schnellabwurfschließe und Lungenautomaten einschließlich des Zusatzgeräts für Notfälle überprüft hatten, kamen wir mit dem schweren, klirrenden Gang von Tauchern an Land hinter dem Fahrzeug hervor. Jeder von uns hatte ein Paar Flossen in der Hand und eine Silikonbrille mit eingekerbter Linse wie ein zweites Augenpaar auf der Stirn sitzen. Schnorchel und Atemschläuche ließen uns vollends wie frisch gelandete Außerirdische aussehen.
Der Kran war probehalber einmal über den Zenote geschwenkt und brachte unsere Plattform nun an den Rand zurück; die zwei
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