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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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wandern; als er in Sicht kam, schwamm er praktisch senkrecht mit dem Kopf etwa zwei Meter über dem Schlick, und seine verbrauchte Atemluft stieg in Blasen an den Schwimmflossen vorbei, die sich beinahe unmerklich hoch über ihm bewegten.
    Dann bemerkte ich rechts von mir ein unheimliches Schauspiel, es sah aus wie Menschenarme, die aus der Wand des Zenote ragten und mir die Finger flehend entgegenspreizten. Es waren die Wurzeln von Bäumen, die auf der Suche nach Wasser durch den Kalkstein gedrungen und in den Zenote eingebrochen waren. Ich schwamm auf sie zu, in der Absicht, meine Führungsleine an einer der Wurzeln festzumachen, um die Orientierung nicht zu verlieren, während ich diesen Abschnitt untersuchte.
    Und dann sah ich ihn. Er hatte sich an einer Wurzel rund einen Meter unter mir verfangen - ein sich bauschender Sack. Ich warf einen Blick nach hinten, aber Ken befand sich gerade auf der anderen Seite des Zenote. Klopfenden Herzens langte ich nach unten und versuchte, den Sack von der Wurzel zu lösen. Er hing fest. Nach der Größe des Gegenstands darin musste es sich um das handeln, wonach wir suchten.
    Ich zerrte an der Wurzel, weil ich dachte, ich könnte sie freibekommen, brachte aber weiter nichts zu Wege, als dass sich Schlammflocken von der Wand des Zenote zu lösen begannen. Schließlich zog ich mein Messer, um die Spitze der Wurzel abzuschneiden. Während ich daran herumsägte, lösten die Vibrationen weiteren Schlamm. Endlich hatte ich sie durchschnitten, aber nun begann mich ein Schauer aus gelbem Schlick einzuhüllen, und ich musste rasch das Weite suchen, wobei ich meine schaurige Beute an dem verbliebenen Wurzelstück vor mir herbugsierte. Nachdem ich mein Messer weggesteckt hatte, fing ich an, das Tauchlicht an meinem Handgelenk in Kens Richtung zu schwenken. Sofort erwiderte er das Signal und kam auf mich zugeschwommen.
    Während wir uns einander näherten, spürte ich, wie mir ein Schauder über die Haut lief. Wesentlich kälteres Wasser drang durch meinen Nassanzug. Als ich Ken fast erreicht hatte, sah ich, wie er hinter dem Sichtglas überrascht die Augen aufriss. Ich dachte, es sei wegen des Sacks, den ich ihm praktisch ins Gesicht stieß, aber er bedeutete mir, nach unten zu blicken.
    Der gesamte Boden des Zenote schien uns entgegenzukommen.
    Mein Herz blieb für Sekunden stehen.
    Einen Moment lang dachte ich, ich hätte diese Störung ausgelöst, indem ich an der Wurzel gezerrt und so eine Kettenreaktion in Gang gesetzt hatte.
    Aufwallend stieg der Schlamm höher, wie der Flügelschlag eines ungeheuerlichen Kochens, und nahe den Wänden war er bereits höher im Wasser als wir. Das hatte nichts mit meinen kümmerlichen Aktionen zu tun. Hier atmete die Unterwelt aus, Xibalba.
    Während wir aufwärts paddelten, sahen wir, wie sich eine gewaltige Kuppel aus Schlamm über dem - wie ich nun mit Bestimmtheit wusste - Loch im Boden bildete. Dann brach die Kuppel auf und wurde zu einer rasenden Wolke aus schwarzem und gelbem Schlamm, die lautlos emporquoll, schneller, als wir an die Oberfläche schwimmen konnten.
    Die Wucht der aufsteigenden Wassermassen wirbelte uns beide herum. Ich stieß mit Ken zusammen und sah, wie die Sichtscheibe seiner Maske herausfiel und kreiselnd irgendwo in der Wolke verschwand. Der Sack wurde von der Wurzel gerissen, die ich in der Hand hielt, und nach oben getragen von dem Wassergeysir, der aus einer Quelle unter dem Zenote kam.
    Der Schlamm quoll rings um mich auf und machte mein Licht buchstäblich wertlos. Ohne seine Maske war Ken vollkommen blind, aber er hatte seine Führungsleine an der Plattform befestigt und konnte ihr an die Oberfläche folgen.
    Als ich meine Lage stabilisiert hatte und mit der Strömung nach oben stieg, stieß etwas an meine Schulter. Der Schein der Tauchlampe erfasste ein halb menschliches Gesicht, grauhäutig und mit implantierten elektronischen Geräten. Es war Goldbergs Kopf, der aus dem Sack gefallen war, Kopfhörer und Mikrofon befanden sich noch an Ort und Stelle.
    Von unten kam eine zweite Woge, und Goldberg stieg mit mir, seine Haut blähte sich bald vom Schädel weg wie Pizzateig, dann wurde sie wieder dicht darangedrückt wie Schweißfolie.
    Ich brach ins Licht hinaus und entdeckte Ken, der sich in rund drei Metern Entfernung an unsere Plattform klammerte. Ein Wasserpilz brodelte um mich herum hoch und ließ Wellen über die Oberfläche des Zenote laufen. Goldbergs Kopf tauchte neben mir plötzlich auf und versank dann

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