Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
Vom Netzwerk:
gebeten, weil die zur altmodischen Atmosphäre des Lokals beitrug. Wegen des Regens fragte man uns jedoch, ob wir tatsächlich dort sitzen wollten. Ich war geneigt, einen Platz im Innern vorzuziehen, aber Deirdre sah sich rasch draußen um, kam zurück und sagte: »Es ist tadellos.«
    Ich verstand, dass es ihr gefiel, auch wenn es sie theoretisch hätte abstoßen müssen. Trotz des Regens war der Abend mild, die Terrasse lag gut geschützt, und der beleuchtete Garten erinnerte mit seinem üppigen Laubwerk und den im Regen schwankenden Blumen an den Blick von einer kolonialen Hazienda.
    Ein Kellner half uns in Rattansessel an einem schmiedeeisernen Tisch mit weißer Stoffdecke. Hinter uns schimmerte es durch puderblaue Jalousienfenster gelblich von den Kerzen, die auf den Tischen im Restaurant brannten.
    Als wir die Speisekarten gereicht bekamen, hielt ich es für angeraten, das Gespräch vom Thema Tunfisch wegzulenken.
    »Na, und in welcher Phase ist Bonnie gerade?« An ihrem dreißigsten Geburtstag hatte Deirdre beschlossen, vor Ablauf des nächsten Jahres ein Kind zu bekommen. Die Frage, wer der Vater sein sollte, war als nebensächlich abgetan worden. Tatsache war, dass sie ihr Ziel erreicht hatte, und nach meinem Eindruck wünschte sie keine weiteren Fragen nach dem Samenspender.
    »Wie alle Zweijährigen, würde ich sagen«, erwiderte sie ohne große Begeisterung und ließ den Blick über die Speisekarte wandern.
    Der Kellner brachte Wasser an unseren Tisch, und während Deirdre ihn nach dem Tagesfang ausfragte, bei dem es sich hoffentlich nicht um Tunfisch handelte, versuchte ich, die Speisekarte zu lesen. Ich hatte schon lange vermutet, ein Baby zu bekommen sei Deirdres Art gewesen einzugestehen, dass sie ihre Selbstbezogenheit überwinden müsse. Und bei meinem Besuch in Irland sah ich tatsächlich Anzeichen dafür, dass sie in einem Leben aufging, das nicht nur aus ihr selbst und ihrem Zwillingsbruder bestand. Aber vielleicht hatte sich die Neuheit bereits abgenutzt.
    Welcher Art der Tagesfang auch war, Deirdre bestellte ihn und dieselbe Vorspeise wie ich. Während der Kellner meine Bestellung aufnahm, sah ich, dass meine Freundin auf der Unterlippe kaute und offenbar mit einer Gefühlsregung kämpfte. Als er gegangen war, sagte sie:
    »Wie alle Zweijährigen hält Bonnie die Welt für einen wundervollen Ort. Aber ich weiß, dass sie das nicht ist, und wenn wir nichts unternehmen, wird es sie nicht einmal mehr geben, bis Bonnie so alt ist, wie wir jetzt sind.«
    »Aber wenn du davon überzeugt bist, wieso hast du das Kind dann bekommen?«
    »Weil ich glaube, dass sich tatsächlich alles ändern wird.«
    »Ich bin froh, dass du das immerhin auch sagst. Aber denkst du wirklich, die Anti-Globalisierungsbewegung wird etwas erreichen?«
    Sie nickte. »Allerdings haben wir nichts mehr damit zu tun.«
    Nach Greenpeace hatte Deirdre sich mit Dermot zusammengetan, um in verschiedene Weltstädte zu reisen, in denen Wirtschaftsgipfel stattfanden.
    »Ich weiß, dass du deine Protestaktivitäten eingestellt hast, als du Bonnie bekamst, aber wann ist Dermot von Bord gegangen? Ich kam Weihnachten gar nicht dazu, mich mit ihm zu unterhalten.«
    »Er war noch aktiv bis zu der Zeit, als die Zapatisten nach Mexico City marschierten. Das hat ihn wirklich beeindruckt.«
    Sie bezog sich darauf, dass man die Führer verschiedener ethnischer Gruppen, die ihre Grundrechte einforderten, in die Hauptstadt eingeladen hatte, damit sie ihre Sache direkt dem Kongress vortragen konnten.
    »So sehr, dass er seinen Protest aufgab?« Ich vermochte der Logik nicht zu folgen.
    »Er sah es als Beweis dafür, dass die Protestbewegung tatsächlich auch zu einer Sache der Eingeborenen geworden war, und er war überzeugt, ihre Stimme besaß mehr Gewicht.«
    »Das verstehe ich irgendwie. Interessant, dass ihn ausgerechnet Mexiko bekehrt hat.«
    »Bekehrung ist nicht ganz das Wort, das ich benutzen würde. Obwohl es vermutlich eine Parallele zum heiligen Paulus gibt, wenn ich darüber nachdenke. Beim Zug der Zapatisten hat er nämlich Tracy kennen gelernt.«
    »Dann kam er damals sogar nach Mexiko?«
    »Ja, wie Tausende andere, die den Subcomandante Marcos bewunderten.«
    »Und war Tracy da bereits in der Reisebranche?«
    »Ja, sie hatte ihre eigene Agentur. Trekkingurlaub in Bolivien, Tauchen im Blue Hole auf den Bahamas und so weiter.«
    »Ich bin nie auf den Bahamas getaucht.«
    »Ich auch nicht.«
    »Blaue Höhlen hören sich interessant an - ein

Weitere Kostenlose Bücher