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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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verlor das Gleichgewicht, stürzte und landete rücklings auf dem Steg. Zwar war der Aufprall nicht so hart, dass ihr die Luft weggeblieben wäre – dafür sorgte das Ondium, das sie leichter machte als andere Menschen – aber trotzdem lag sie einen Augenblick lang hilflos da, während ihr der messerschwingende Liktor direkt unter dem Kiel einen heftigen Tritt in die Seite verpasste.
    Nun musste sie doch nach Luft schnappen. Verzweifelt bemühte sie sich, die Arme freizubekommen. Der Liktor beugte sich über sie, packte sie an den Geschirriemen. Sein Messer blitzte. Taya versuchte, dem Mann einen Tritt zu versetzen – vergeblich.
    Über die Schulter ihres Gegners hinweg sah sie, wie Cristof von seinem Bruder abließ und seine Luftpistole auf ihren Angreifer richtete.
    Es zischte – dann ragten dem Liktoren auch schon die scharfen, spitzen Stahlnadeln aus dem Hals. Entgeistert umklammerte der Mann seine Kehle. Blut spritzte, das Messer fiel ihm aus der Hand, rutschte durch das Gitterwerk, um in der unendlichen Tiefe zu verschwinden.
    Taya zog die Arme aus den Flügeln und wischte sich mit zitternden Händen das Blut des toten Liktors aus dem Gesicht.
    „Gute Arbeit, Cris!“, lobte Alister – ehe er den Bruder mit beiden Händen am Geschirr packte, um ihn schwungvoll hochzuheben und über das Geländer zu wuchten.
    „Warte!“ Cristofs lose Flügel flatterten unkontrolliert an seinen Seiten. Er versuchte, sich an Alisters Unterarmen festzuhalten, aber es gelang ihm nicht.
    Taya drehte sich auf die Seite, zog die Beine an den Leib und stand unbeholfen auf. Ihre Fittiche schlugen gegen das Metallgitter. Als sie sich umdrehte, bekam sie gerade noch mit, wie Cristof fiel.
    Ob er geschrien hatte, als sein Bruder ihn losließ? Wenn, dann war sein Schrei im Krach der Großen Maschine und in dem hässlichen, quietschenden Geräusch, mit dem seine klappernden Flügel das Metallgeländer passierten, untergegangen.
    Taya warf sich nach vorn, weit über das Geländer, einen Fuß ans Gitter gestemmt, bereit, sich abzustoßen. Aber Alister war schneller. Er packte sie bei der Taille. Verzweifelt schlug sie nach seinen Handgelenken, versuchte, sich aus seinem Griff zu winden.
    „Immer mit der Ruhe, kleiner Schwan. Ihm passiert nichts.“ Alister hob sie hoch, drehte sich mit ihr in den Armen um und stellte sie auf die Plattform neben der Maschine. „Er bricht sich höchstens einen Arm oder ein Bein, auf keinen Fall den Hals.“
    „Du Schweinehund!“ Taya trat nach hinten aus und duckte sich gleichzeitig. Alister fluchte, als ihm eine Flügelfeder das Antlitz aufritzte. Er stieß Taya gegen die Maschine.
    Taya drehte sich um, stemmte den Rücken gegen die Verkleidung aus Ondium. Heiß flammte der Schmerz in ihrem Bein auf, ihre Schwanzfedern schabten knirschend über den Gitterboden der Plattform. Rasch trat sie zu, stellte den Schwanz auf. Die Flügel schwebten rechts und links neben ihr.
    Stirnrunzelnd tupfte sich Alister das Blut von der Wange.
    Sein Gewand war am Saum dreckverkrustet, Blätter hingen in den goldenen Reifen und Spangen, die seine ursprünglich wohl kunstvolle Frisur nur noch notdürftig hielten. Auch an seinen Händen glitzerte Gold, aber die früher so sorgsam gepflegten Nägel hatten einiges von ihrem Glanz eingebüßt.
    Hilflos sah Taya durch den offenen Gitterboden mit an, wie die Metallmasse unter ihr, bei der es sich nur um Cristof und seine zerbrochenen Flügel handeln konnte, kleiner und immer kleiner wurde. Urplötzlich wich ihr heftiger Zorn haltlosem Beben.
    „Wie konntet Ihr das tun?“, stieß sie hervor.
    „Was denkst du denn: Ich wusste, dass er den Sturz überlebt, sonst hätte ich ihn nicht über das Geländer geworfen!“, entgegnete Alister tadelnd. „Du hast ihn prima mit Ausgleichsgewichten versorgt.“
    „Er hielt Euch für tot!“
    „Oh!“ Alister blinzelte. „Das hast du gemeint.“ Einen Augenblick lang sah es fast so aus, als schäme er sich. „Hat ihn das mitgenommen?“
    „Natürlich!“ Die Maschine in Tayas Rücken surrte und dröhnte, rüttelte an ihren Flügeln. Taya sah sich um. Gab es einen Fluchtweg? Bestand noch die Möglichkeit, Cristof zu Hilfe zu eilen? Alister schien ihre Gedanken lesen zu können und verlagerte sein Gewicht so, dass er jetzt direkt vor ihr stand.
    „Es wäre mir lieber, du holtest ihn nicht hoch. Er ist da unten sicherer, da fühlt er sich nicht verpflichtet, sich mir in den Weg zu stellen.“
    Immer noch zitternd wischte sich Taya die

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