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Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben

Titel: Das Meer der Seelen Bd. 1 - Nur ein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Meadows
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dazu gedacht, Sylphen zu fangen.
    Sam betrat das Zelt, während ich das Sylphenei und den zierlichen Verschluss untersuchte, der den flachen Deckel an einem Ende festhielt. »Hast du nur eins dabei?«
    »Ich hatte nicht vor, das Reich zu verlassen.« Er hockte sich vor mich hin und schloss meine Finger um das Gerät. »Nimm du es.«
    Mein erster Impuls war, dieses Angebot abzulehnen. Ich verdiente es nicht, verwöhnt oder besonders beschenkt zu werden. Oder dachte er, ich hätte Angst? In der vergangenen
Nacht war ich doch ganz gut klargekommen. Nein, halt – ich war im See gelandet.
    Ich versuchte, mir die Erleichterung nicht anmerken zu lassen. »Danke.«
    »Hol deinen Mantel und deine Stiefel. Wir bauen das Zelt ab, während Zottel frisst, dann bringen wir unsere Sachen in meine Hütte. Sie liegt nur ein paar Stunden von hier entfernt. Heute Nacht können wir dort schlafen. Dein Rucksack sollte nicht allzu schwer zu finden sein.«
    Obwohl ich keine Ahnung hatte, wo er war? Vielleicht würde es nicht schwer für jemanden sein, der jeden Fingerbreit der Welt kannte.
    Ich folgte Sam nach draußen. Die erste Morgensonne kam noch nicht über die Berge, so dass die Lichtung noch in dunkle Blautöne getaucht war. Fischadler und kleinere Vögel flogen auf, dunkel gegen den klaren Himmel.
    Mein erster voller Tag der Freiheit von Li.
    Ich half Sam, das Zelt zusammenzupacken und Zottel zu beladen, damit er wusste, dass ich mir seine Hilfe verdienen wollte. Es ärgerte mich, dass er einfach angenommen hatte, ich würde Hilfe brauchen, als könne eine arme kleine Seelenlose nicht mal allein in die Stadt finden. Aber noch mehr ärgerte es mich, dass er Recht hatte.
    »Bist du wegen der Hütte hier draußen?« Ich konnte mir nicht vorstellen, warum sich jemand mitten im Winter freiwillig in die Wildnis hinauswagen sollte. Vielleicht war dieser Körper wahnsinnig. Cris’ Büchern zufolge wurde Wahnsinn nicht von Körper zu Körper weitergegeben. Er besaß eine physische Komponente, die Genetiker und der herrschende Rat größtenteils aus der Gesellschaft entfernt hatten, indem sie nur bestimmten Personen erlaubten, Kinder zu bekommen. Aber ab und zu gab es trotzdem Überraschungen.

    Sam nahm Zottels Führstrick und zog ihn nach Westen. »Ja.« Wir gingen los, und er gab mir keine Antwort auf die unausgesprochene Frage nach dem Warum. Nicht, dass ich eine erwartet hätte. »Du hast mit Li im Purpurrosenhaus gelebt, richtig?«
    Ich murmelte zustimmend.
    »Wie lange, elf Jahre?«
    Oder doch nicht wahnsinnig, sondern nur dumm. »Achtzehn. Wir sind umgezogen, als ich noch ein kleines Kind war. Ich dachte, jeder wüsste über die Seelenlose Bescheid.«
    Er zuckte zusammen. »Du solltest dich nicht seelenlos nennen. Neu heißt ja nicht, dass du keine Seele hast. Die Seelenkundler hätten es an dem Tag gewusst, an dem du geboren wurdest.«
    Als ob er etwas darüber wüsste.
    »Warum hast du dich entschlossen, gestern wegzugehen?«
    Er war wirklich neugierig. Anstatt zu antworten, beobachtete ich eine Familie von Wieseln, die eilig im Gebüsch verschwand, als wir näher kamen. Sie setzte ihr Spiel im Schutz eines Gewirrs schneebedeckter Zweige fort.
    Sam wartete immer noch auf eine Antwort.
    Schön. Dann sollte er genau erfahren, wem er da seine Hilfe angeboten hatte. »Es war mein Geburtstag. Ich beschloss, dass es Zeit war herauszufinden, was schiefgegangen ist.«
    »Schiefgegangen?« Er klang entsetzt.
    Ich bemühte mich, ruhig zu bleiben, vergrub mich tief in meinen Mantel und heftete den Blick auf den Boden. »Als ich klein war, hörte ich, wie Ratsherr Frase Li erklärte, dass eine Seele namens Ciana wiedergeboren werden sollte. Seit ihrem Tod waren zehn Jahre vergangen – dreiundzwanzig inzwischen –, und so lange hatte noch nie jemand gebraucht, um zurückzukehren. Und sie ist bis heute nicht zurück.« Ich
konnte es kaum aussprechen, aber er hatte gefragt. »Sie ist meinetwegen nicht mehr da.«
    Er widersprach mir nicht, und sein Blick war entrückt, als würde er Welten sehen, die ich nicht sah, nicht sehen konnte. Besser gesagt, Lebenszeiten. Was, wenn er und Ciana Freunde gewesen waren? »Ich erinnere mich an die Nacht, in der sie starb. Der Tempel wurde dunkel, als würde er trauern.«
    Ich sagte das Erste, was mir einfiel, das nichts mit Ciana zu tun hatte. »Wann hast du Geburtstag?«
    »Ich will nicht …« Er lächelte, Unsicherheit in der Stimme. »Gestern. Ich schätze, damit sind wir gleich alt.«
    Klar,

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