Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
Vom Netzwerk:
Straße entgegen. Er liebte den Anblick der Natur gleich vor dem Haus. Wenn man an den Bäumen vorbei den kleinen Weg hinunter ging, fand man sich unmittelbar auf einer kleinen Parkanlage wieder. Ab und an trafen sich hier am Wochenende ein paar Jugendliche, die sich dann lautstark betranken. Merlin schaute ihnen gern aus dem Fenster zu, wie sie miteinander Spaß hatten. Er dachte an den Jungen, der ihm gestern aufgefallen war. Soweit er wusste, ging er nicht in seine Schule, die sich gleich am anderen Ende des Parks befand. Diese Tatsache machte den Jungen erst recht interessant. Als Merlin sich vor knapp zwei Jahren eingestanden hatte, schwul zu sein, hatte er sich auch gleich entschieden, niemals einen Jungen anzuflirten, der mit ihm gemeinsam zur Schule ging. Eigentlich war das nicht mal sein eigener Entschluss gewesen, sondern vielmehr der Rat seiner Mutter. Aber er hatte sofort verstanden, dass er sich mit dieser Entscheidung nur Probleme fern hielt, die nicht unbedingt nötig waren. Außerdem schien es auf seiner Schule ohnehin keine anderen schwulen Jungen zu geben.
    »Träumst du?«, rief plötzlich eine Stimme. Merlin sah erschrocken zur Seite. Neben ihm schaute seine Mutter aus dem Küchenfenster und winkte ihm zu. Sie lachte. Merlin hatte gar nicht mitbekommen, dass er unwillkürlich vor dem Haus stehen geblieben war. Er sah sich kurz um, winkte ihr zu und lief dann zur Haustür, die sich auch gleich öffnete.
    »Ich hab dich mal geweckt, nicht dass du noch die Nacht draußen verbringst.« Seine Mutter hielt ihm die Tür auf.
    »Danke Ma, du bist so aufmerksam«, sagte Merlin und grinste sie frech an, während er die Tür krachend ins Schloss warf.
    »Na, immerhin bist du mein Sohn, da sollte man als Mutter schon ein wenig wachsam sein, und es wird ja schon dunkel draußen ...« Sie ging wieder in die Küche. »Willst du Pfannkuchen? Ich mache gerade welche.«
    »Aber Ma! So spät noch Pfannkuchen?«, fragte Merlin belustigt. »Was ist los mit dir? Du bist doch sonst nicht so - ungesund.«
    »Lin, ungesund wäre es, wenn ich auf diese Dinger verzichten würde, obwohl ich gerade Lust darauf habe. Willst du nun auch einen?«
    »Bist du schwanger, Ma?«, fragte Merlin plötzlich ernsthaft.
    Selma zog die Stirn in Falten, so als ob sie große Sorgen zu tragen hätte. »Jetzt wo du es sagst - es könnte sein - aber - nein.« Sie zwinkerte ihm zu. »Du kannst deiner Mutter schon zutrauen, dass sie weiß, wie man richtig verhütet. So ein Fehler wie bei dir passiert sicher kein zweites Mal.« Selma liebte diese Neckereien mit ihrem Sohn.
    »Du bist so einfühlsam, Ma.«
    »Pfannkuchen?«
    »Damit könntest du einiges wieder gut machen, aber trotzdem: Nein danke, ich für meinen Teil habe noch eine Figur zu verlieren.«
    »Ach, und ich etwa nicht?«, fragte Selma in gespielter Empörung. »Wenn das so ist, kann ich ja noch Nutella drauf schmieren.«
    Merlin lachte. »Das hättest du vorher sagen sollen, dann nehme ich natürlich auch einen.«
    »Bist du sicher? Nicht dass du noch über Nacht ganz schrecklich zunimmst und der süße Typ von gestern Abend sich deswegen nicht für dich interessiert.«
    Merlin hielt inne. »Woher weißt du das schon wieder?«
    »Du hattest deine Zimmertür auf.«
    »Du beobachtest mich?«
    »Wenn ich ehrlich bin, musste ich mich nicht sonderlich auf die Lauer legen«, lachte Selma. »Ist ja nicht das erste Mal, dass du die Halbstarken unten im Park ausspionierst.«
    »Ma!« Merlin war entsetzt. »Ich spioniere nicht, ich ...«
    »Wie dem auch sei und wie immer du das nennen willst. Warum gehst du nicht einfach zu ihnen und machst mit?«
    Merlin überlegte einen Moment. Das war in der Tat eine gute Frage.
    »Weißt du, Schatz, sie kennen dich nicht, du kennst sie nicht. Das ergibt doch eine Fülle von neuen Möglichkeiten.«
    »Vielleicht ist genau das mein Problem«, sagte Merlin. »Ich habe das Gefühl, dass ich nicht in diese Gruppen hineinpasse. Was soll ich sagen? ›Hallo, ich bin Merlin. Ich kann zwar nicht zaubern, dafür bin ich aber schwul‹? Ich glaube, so funktioniert das nicht.«
    »Ach herrje, worüber sich Adonis wieder Gedanken macht. Wie wäre es, wenn du einfach du selbst bist?« Selma rümpfte die Nase und drehte sich um. »Scheiße!« Hastig zog sie einen verbrannten Teigfladen aus der Pfanne.
    »Das ist halt nicht so einfach, wie du dir das vorstellst, Ma. Wenn ich nämlich so bin, wie ich bin, dann gehe ich nicht da runter und dränge mich in eine Gruppe, nur

Weitere Kostenlose Bücher