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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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Reich behalten oder abschaffen wollten – was wäre das Ergebnis gewesen? Die vielen »primitiven« Stämme und Kulturen des eurasischen Kontinents hätten den Büttel der Legionen mit Sicherheit gerne gegen jene Rückständigkeit getauscht, aus der sich später das Europa der Vielfalt entwickeln sollte …
    Wenn Kulturen »ewige Pyramiden« zu bauen beginnen, ist dies in der Tat nicht von großer Dauer. Aber das hat womöglich einen höheren Sinn. Nicht die »Dekadenz« ist es, die Zivilisationen beendet (jede Gesellschaft trägt immer einen bestimmten Dekadenz-Anteil in sich). Auch nicht der »Ökonomismus«. Sondern das sture Festhalten an Dogmen, die Erstarrung der Herrscherkaste. Der Untergang lauert genau in jenem »Mythos«, denn heroische Mythen verhindern die Lernfähigkeit. Es ist die Adaptivität, die über die Kontinuität eines Gesellschaftsmodells entscheidet, nicht die »ehernen Gesetze von Werden und Vergehen«.
    Niedergang und Wiederauferstehung
    In seiner opulenten Studie »The Collapse of Complex Societies« bietet uns der Anthropologe Joseph A. Tainter ein stimmiges »energetisches« Modell von Zivilisationskrisen. 7 Warum kommt es tatsächlich bisweilen vor, dass große, zentralistische Systeme zu weniger komplexeren Ordnungen zerfallen? Um das zu verstehen, müssen wir von folgenden Prämissen ausgehen:
Menschliche Gesellschaften sind in ihrem Wesen problemlösende Organisationen.
Soziopolitische Systeme benötigen Energie für ihre Selbsterhaltung, ihre »Wartung« und Weiterentwicklung.
Die gesteigerte Komplexität einer Gesellschaft erfordert stets höhere »Selbsterhaltungskosten«, der Energieaufwand steigt exponentiell.
Investitionen in soziopolitische Komplexität erreichen irgendwann den Punkt sinkender Grenzerträge.
    Tainters Analyse zivilisatorischer Zusammenbrüche geht davon aus, dass eine Gesellschaft auf Umweltherausforderungen mit der Steigerung von Komplexität reagiert. Komplexitätssteigerung bedeutet, dass immer differenziertere Rollen und Kontrollmechanismen eingeführt werden, um ein Herrschaftssystem oder eine Nahrungsmittelversorgung oder ein »Imperium« zu garantieren. Energiebedarf und Aufwand wachsen. Ab einem gewissen Punkt entkoppeln sich die Kosten vom Nutzen. Kleine Verbesserungen erfordern immer umfangreichere Maßnahmen, die Grenzerträge, das heißt der Nutzen der Maßnahmen, sinken.
    Die alten »großen Reiche« basierten in ihrem ökonomischen Kern auf zentralisierter Kommandolandwirtschaft (»große agrarische Bürokratien« nennt sie der Historiker John Darwin 8 ). Das Bewässerungssystem der Khmer in Angkor Wat wurde, während die Bevölkerung wuchs, immer ausgedehnter und komplizierter, bis es bei der kleinsten Störung zusammenbrach. Die Landwirtschaft West-Roms konnte irgendwann die Produktivität nicht mehr mit dem Mehrimport von Sklaven regeln, denn durch die Expansion wurden die Wege, auf denen Sklaven und Güter transportiert werden mussten, immer länger. Die Kosten für den Bau und Erhalt der Straßen ruinierten schließlich die römische Ökonomie. Es war enorm teuer, Transporte über große Distanzen abzuwickeln, und neue Technologien, die das effektiver hätten lösen können, waren nicht in Sicht. Ebenso wenig wie eine neue Gesellschaft jenseits der Sklavenwirtschaft.
    1400 Jahre nach dem Fall des Römischen Reiches wurde in Amerika nach einem Bürgerkrieg die Sklaverei abgeschafft. Gerade das
machte Amerika langfristig zu einem Imperium – denn nun musste der neue Kapitalismus auf neue Technologien setzen, statt auf billige Arbeitskraft, auf Innovationen statt auf Gewalt, auf Demokratie statt zentralistische Planung …
    Das Gesetz der »sinkenden Grenzerträge« besagt, dass Zivilisationen tatsächlich irgendwann an Komplexitätsgrenzen geraten. Ein System, das an diesen Kipppunkt gelangt, muss sich neu erfinden. Es braucht grundlegend neue Technologien, Organisations- und Sozialsysteme. Viel öfter, als wir glauben, gelingt diese Neuerfindung – und eine neue historische Epoche beginnt, oder wir haben es ohnehin eher mit fließenden Übergängen als mit katastrophischen Brüchen zu tun, man betrachte nur die Geschichte der Maya oder der Khmer in Kambodscha, die entgegen den populären Anschauungen keine linearen Untergangsgeschichten erlebten. 9
    Von Reichen und Renaissancen
    Am Strand unweit des Kurbadeorts Binz auf Rügen findet sich eine der eindrucksvollsten Ruinen eines tausendjährigen Reichs. Acht Kilometer lang ziehen sich die

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