Das Midas-Kartell
ein Programm gelangt?«
»Er hatte tatsächlich eine. Die CIA hat eine lange Liste von Programmierern, die sie beobachtet. Das Programm an sich ist offenbar nicht schwer zu schreiben, doch die Anwendung hat es in sich. Man braucht eine ganze Reihe von Offshore-Konten, dazu profunde Kenntnisse über versicherungsmathematische Zusammenhänge und die Protokolle, die den Transfers zugrunde liegen. AuÃerdem ein paar Passwörter für die Bank selbst.«
»Edward, hat Ihr Kontakt noch andere Anwendungsmöglichkeiten für das Programm in Betracht gezogen? Die Sorgenpüppchen, die Daniel geschickt hat, die ich für Sie fotografiert habe, sie enthielten Namen und Kontodaten für sieben Konten bei der Banco Azteca. Wir haben mehrere davon überprüft: Hunderte Millionen Dollar verschwanden bis auf zehn- oder zwanzigtausend. Immer auf die gleiche Weise. Ich verstehe nur nicht, wohin das Geld gegangen ist.«
Edward schwieg einen Augenblick, bevor er weitersprach. »Ich nehme an, es wäre kein Problem, Geld, das man einmal an sich gebracht hat, mithilfe eines Computerprogramms verschwinden zu lassen. Nur dass normalerweise niemand einen praktischen Nutzen davon hat, riesige Summen aus einem persönlichen Vermögen in den Wind zu blasen.«
»Aber genau das hatte er, Ihr Sohn. Einen praktischen Nutzen ⦠welchen auch immer.«
»Es tut mir so leid, Markus«, sagte Edward Wiseman leise.
Markus hörte ihn nicht. Sein Körper loderte vor Schmerz und Fieber und vor Angst um sein Kind. Er sank nach vorn, stieà sich den Kopf am Rechner und stürzte zu Boden.
Gloria kniete sich neben ihn. Sie nahm das Telefon, beendete den Anruf und steckte es dann zurück in seine Hosentasche, ehe sie vorsichtig die gerollten Zettelchen aus den Sorgenpüppchen aufhob. Drei Konten hatten sie noch nicht überprüft. Vielleicht waren dort auch noch ein paar Tausender übrig. Es würde jedenfalls nicht schaden nachzuschauen. Markus hätte vielleicht nichts davon, aber sie. Sie legte ihr Ohr auf Markusâ Mund, so wie sie es in den Krankenhaus-Serien gesehen hatte. Er atmete, flach, fiebrig, zuckend, doch er atmete. Gleich würde sie zum Empfang gehen, um einen Krankenwagen zu rufen. In null Komma nichts würde der hier sein. Das Krankenhaus war ganz in der Nähe, auÃerdem war er Ausländer und imstande, seine Rechnung zu bezahlen. Gleich würde sie gehen, dachte sie noch einmal und blickte sich um. Die Lobby war menschenleer, und Markus war durch einen dicken Pfeiler abgeschirmt und von der Rezeption aus nicht zu sehen.
Sie setzte sich an den Computer. Gleich würde sie einen Krankenwagen holen. Zuerst aber würde sie die verbliebenen Konten überprüfen. Sie wäre dumm, wenn sie es nicht täte. Vielleicht war da ja noch Geld drauf. Bei den Summen, die bereits verschwunden waren, würde es nicht auffallen, wenn sie es an sich nahm.
59
Hospital General San Juan de Dios, 07:00 Uhr
Markus öffnete flatternd die Augen und setzte sich langsam auf. Wo war er? Es herrschte grelles Licht im Raum. Die Wände waren weiÃ. In seinem Arm steckte ein Schlauch. Vor ihm standen eine Frau und ein Mann. Die Frau redete auf den Mann ein, dessen Kittel beinahe so weià war wie die Wände.
»Sie sind wach, hervorragend. Wie geht es Ihnen?«
Ein professionelles Lächeln im Gesicht kam der Mann auf ihn zu. Er sprach gut Englisch, wenn auch mit Akzent.
»Was ist passiert? Was ist los? Warum bin ich hier?«
»Sie haben das Bewusstsein verloren«, erklärte der Arzt. »Im Hotel. Ich hatte Dienst, als Sie hier ankamen.«
»Wie spät ist es? Wie lange war ich weg?« Er schwang die Beine über die Bettkante und zog an dem Schlauch. Eine Welle der Panik durchflutete ihn.
»Es ist sieben Uhr morgens. Sie waren etwa drei Stunden bewusstlos.«
»Was ist mit der Frau, die bei mir war?«
Der Arzt runzelte die Stirn. »Es war niemand bei Ihnen. Wir wurden vom Hotel gerufen. Dort hat man uns eine Kopie Ihres Passes gegeben und die Daten Ihrer Kreditkarte.«
Markus fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Alles war so wirr. Die Konten, die Namen, die Zahlen, Gloria.
»Ich war drei Stunden lang bewusstlos?«
»Mehr oder weniger. Ich weià nicht, wie lange Sie schon weg waren, als wir den Notruf bekamen.«
»Doc, ich muss jetzt gehen. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Tut mir leid, Sir, aber Sie müssen
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