Das Midas-Kartell
Tochter. Radan, Jacob und Isaiah waren bei ihnen. B-Prominenz, entführt und auf seinem Grundstück festgehalten. Als Isaiah ihm ihr Bild gezeigt hatte, war sie ihm vage bekannt vorgekommen. Saskia liebte ihre Sendung und hatte schon mehrmals nach ihren Rezepten für ihn gekocht. Die ganze Geschichte war ein Desaster. Warum hatte ihm Malcolm nicht gesagt, wem sie in London auf den Fersen waren? Warum hatte er den Mann nicht einfach gefasst?
»Ich dachte, du wolltest die ganze Woche in der Stadt bleiben«, sagte Saskia. »Ich muss sagen, ich war ziemlich überrascht, als ich dich und diese Typen heute kommen sah. Nicht dass ich mich nicht freue, wenn du während der Woche mal zu Hause bist, aber wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich den Ostflügel herrichten lassen.«
Pieter brachte es nicht einmal über sich, sie anzusehen. »Ich war genauso überrascht«, sagte er und griff nach seinem Weinglas. »Aber glaub mir, die sind in der Stadt in einem Hotel bestens aufgehoben. Die kommen nicht mal hier ins Haupthaus. Sie interessieren sich dafür, einen Teil des Anwesens für ein Bauprojekt zu nutzen. Ich hätte bei ihnen bleiben können, aber ich fand es netter, nach Hause zu kommen.«
Saskia lächelte höflich. Sie hätte ihn gerne weiter ausgefragt, allerdings fürchtete sie, dass er dann zu epischen Erklärungen ausholen würde, über Zweckgesellschaften und Kreditarbitragen, Kreditausfallversicherungen und -obligationen und weià der Himmel was alles. Statt sich in seine Geschäfte einzumischen, sorgte sie besser dafür, dass er ein bisschen Zeit mit den Kindern verbrachte und sich richtig entspannte. Das half ihm immer, nicht mehr an die Arbeit zu denken.
»Ich glaube, ich gehe noch ein paar Schritte spazieren. Die Nacht ist so schön klar, da werde ich den Kopf wieder richtig freibekommen. In London kann man die Sterne gar nicht sehen.«
»Wirklich? Aber komm nicht so spät ins Bett. Ich habe da auch noch ein, zwei Ideen, wie ich dir beim Entspannen helfen kann.« Sie rieb ihren Fuà an seiner Wade.
Pieter stand rasch auf und lächelte gequält. Kurz bevor er den Raum verlieÃ, drehte er sich noch einmal um.
»Ich liebe dich, Sass. WeiÃt du das?«
»Natürlich, mein Liebling.«
»In der Waffenkammer ist eine verschlossene Kassette; sie hat meinem Vater gehört und enthält seine alte Kaliber-28-Flinte. Unter der Samtauskleidung ist ein Extrafach, in dem er immer seinen Flachmann versteckt hat. Darin sind ein paar Dokumente. WeiÃt du, welche Kassette ich meine?«
»Ich glaube schon.« Saskia war irritiert.
»Mir kam der Gedanke, dass du die Sachen vielleicht brauchst, falls mir irgendetwas zustöÃt. Du und die Kinder, ihr würdet sie brauchen.«
Saskia sagte nichts. Lag es am Licht, oder hatte ihr Mann tatsächlich Tränen in den Augen?
»Aber gib Laudon nichts, ganz egal, wie sehr er auch bettelt. Keinen Penny.«
»In Ordnung«, sagte sie.
»In Ordnung«, erwiderte er und verlieà den Raum. Die Unterlagen in der Kassette enthielten die Daten zu Offshore- und Treuhandkonten, die er eingerichtet hatte, und einen Brief, den er mit seinem guten alten Montblanc in preuÃischblauer Tinte verfasst hatte. Falls irgendetwas schiefging und ihm etwas zustieÃ, sollte Saskia gut abgesichert sein, um das Land verlassen und anderswo ein neues Leben aufbauen zu können. Es gab viel zu viele Unwägbarkeiten in diesem Spiel, man musste auf alles vorbereitet sein. Im Gegensatz zu seinem Bruder war Pieter immer ein sehr umsichtiger Mensch gewesen.
Er nahm seine Barbour-Jacke und schlüpfte in seine Wanderstiefel. Die Schlüssel zu seinem alten Land Rover steckten in seiner Jackentasche. Es war kurz vor zehn. Sie hatten Natalies Ex gesagt, dass er in vierundzwanzig Stunden wieder anrufen solle. Das wäre morgen, 17 Uhr. In der Zwischenzeit würde er ein Auge auf Radan, Isaiah und Jacob haben. Der Gedanke, dass sie mit der Frau und ihrem Kind allein waren, lieà ihm keine Ruhe. Was, wenn sie ihr etwas antaten? Oder dem kleinen Mädchen? Der Dicke hatte die Kleine mit einem sehr verdächtigen Ausdruck in den Augen angesehen, und der Israeli wirkte weniger wie ein Exsoldat als vielmehr wie ein schmieriger Nachtklubbesitzer. Alphonse war nicht mehr dort. Er hatte nur gelacht, als Pieter ihn gefragt hatte, ob er in dem abbruchreifen Schuppen bleiben
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