Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Midas-Kartell

Das Midas-Kartell

Titel: Das Midas-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
Vom Netzwerk:
abgeholt hatte. Doch Isaiah machte sich keine Gedanken. Charlie war früher Captain bei den Special Forces gewesen, bis ihm irgendwann klar wurde – früher als allen anderen –, dass man bei privaten Sicherheitsdiensten weniger gefährlich lebte und trotzdem mehr Geld verdiente. Vielleicht hatte er einfach beschlossen, sich woanders zu amüsieren.
    Isaiah sah sich im Zimmer um. Auf dem Fußboden lagen leere Champagnerflaschen verstreut, an einem Lampenschirm hingen kunstvoll verzierte Dessous, und im Bett schlief eine halb nackte Blondine, deren Hintern von einem Laken mehr reizvoll in Szene gesetzt als verhüllt wurde. Er ließ den Blick über ihren Körper wandern. Wenn mehr Zeit wäre, hätte er nichts gegen eine weitere Nummer einzuwenden.
    Er versetzte dem Typ, der vor dem Fernseher schlief, einen Tritt. Jacob Enderman, drittes Mitglied ihres Teams, hatte sich auf dem Boden eingerollt.
    Â»Los, Jacob, komm schon. Eine Nachricht von Eule.« Neben ihm lag auch eine Frau, eine Brünette, die sich offenbar zum Schlafen in einen Vorhang gewickelt hatte. Wie viele Stripperinnen hatten sie eigentlich gestern Abend in diesem Klub aufgegabelt? Er stieg in seine Hose und trat Jacob noch einmal.
    Â»Lass mich in Ruhe«, murmelte der Mann.
    Â»Wo ist Charlie? Er ist nicht gekommen«, sagte Isaiah, diesmal in scharfem Ton.
    Jacob brummte etwas Unverständliches und machte eine scheuchende Handbewegung.
    Â»Was?«
    Â»Schau doch mal im Bad. Wo ist das Problem?«, fragte Jacob.
    Â»Charlie ist nicht gekommen. Eule will wissen, wo er steckt.«
    Isaiah ging rasch in das mit Marmor verkleidete Badezimmer, doch da war niemand. Er stellte die Dusche an und hielt seinen Kopf unter das kalte Wasser. Es biss auf seiner Haut und klärte seinen benebelten Kopf. Einen freien Abend zum Feiern und Entspannen, mehr hatte er nicht gewollt. Hätte sich schon denken können, dass da irgendwas schiefgehen würde. Er sah in den Spiegel: verschwollene Augen, zerfurchte Züge, von Stoppeln geschwärztes Kinn. Vierzehn Jahre lang hatte er für den israelischen Geheimdienst gearbeitet, jetzt war er praktisch in Rente. Sein Job bei der Firma war nicht so anspruchsvoll wie seine frühere Arbeit. Er war körperlich nicht mehr in Höchstform, aber das war auch gar nicht nötig – nicht für den Observationsjob, den sie zu erledigen hatten.
    Er kehrte ins Schlafzimmer zurück. Jacob war zum Glück bereits angezogen. »Wir fahren jetzt nach Brixton«, sagte er, »in die Wohnung der Zielperson, sehen, was mit Charlie ist, und holen den Umschlag ab.« Er öffnete die Tür zum Flur, zog dann aber seine Brieftasche heraus und entnahm ihr eine Handvoll Fünfzigpfundscheine, die er hinter sich warf – für die Mädels. Er hatte keine Erinnerung daran, ob er sie schon bezahlt hatte, aber er wollte nicht riskieren, dass sie ihm nachliefen und einen Riesenwirbel veranstalteten.
    In einer angemieteten Garage unter den Bahnbogen von Vauxhall holten sie ihren weißen Ford Transit ab, der auf die Spedition David & Sons angemeldet war, eine der Scheinfirmen, die CeLo Enterprises benutzte, um in Großbritannien ihre Spuren zu verwischen. Die in Genf sitzende Sicherheitsfirma operierte weltweit, und ihr Hauptgeschäft bestand in Industriespionage, insbesondere Hightech-Hacking und Überwachung, das waren die sogenannten Soft Skills. Wenn nötig, boten sie aber auch knallharte Dienste an, die Art von Dienst, unter der Daniel Wiseman in Guatemala gerade zu leiden hatte. Die Geschäftsführung bestand aus Sicherheitsexperten, pensionierten Regierungsbeamten und einem Technologiefachmann, der mehrere Start-ups im Silicon Valley gegründet hatte. Die Außendienstagenten waren ebenso hoch qualifiziert, wenn auch weniger geneigt, in Anzug und Krawatte herumzusitzen oder beim Golf zu verlieren, um an einen neuen Vertrag zu kommen.
    Von außen wirkte der Transporter ziemlich ramponiert; die Radkästen waren verrostet, und die Windschutzscheibe verunstaltete ein Riss. Um den heruntergekommenen Eindruck zu verstärken, hatten sie sogar mit ein paar lockeren Schrauben ein altes Vorhängeschloss an den Hecktüren befestigt. Im Innern freilich sah es anders aus. Ein Carbonkoffer enthielt Jacobs Ausrüstung: zwei leistungsstarke Computer, ein Ortungssystem mit ausfahrbarer Antenne und die Kontrollkonsolen für die Zoomobjektive auf den Kameras, die

Weitere Kostenlose Bücher