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Das Ministerium der Schmerzen (German Edition)

Das Ministerium der Schmerzen (German Edition)

Titel: Das Ministerium der Schmerzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dubravka Ugresic
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Freunden und Gästen vorzustellen.
This is Tanja, our babysitter. She’s wonderful with children. She really has a way with them …

    Auch meiner Mutter geht es gut, falls dies das richtige Wort ist. Wenn ich sie anrufe, lebt sie auf. Sie beklagt sich bei mir über das Leben, so wie Kinder bei ihren Eltern andere Kinder verpetzen, die ihnen etwas angetan haben. Sie hat ihre konstante Beschwerdeliste. An erster Stelle steht der Altersdiabetes, den sie »Zucker« nennt, dann kommen die Knochenschmerzen und danach die hohen Preise. Mich fragt sie nie etwas, ich bin nur dazu da, Beschwerden entgegenzunehmen. Ich habe mich mit dieser Rolle abgefunden und an unsere eingleisigen Telefongespräche gewöhnt. Mittlerweile habe ich gelernt, damit umzugehen, so dass es mir weniger wehtut.

    Papa lebt nicht mehr.
Wie ein Müllsack ist er geendet
, schluchzte Olga in die Telefonmuschel. Als er ins Koma fiel, rief sie die erste Hilfe. Die Bahre passte nicht in den Aufzug, also legten die Krankenpfleger ihn auf eine Decke und trugen ihn so die ganzen zehn Stockwerke hinunter zum Krankenwagen. Er starb einige Tage später im Krankenhaus. Das alles erzählte sie mir, als ich anrief, um ihr mein Beileid auszusprechen.
Das musste sowieso ein Ende haben
, sagte sie in einem Ton, als setze sie unter den ganzen Fall einen müden, traurigen Punkt.Nachdem sie Amsterdam verlassen hatte, lebte Ana keine zwei Jahre in Belgrad. Sie kam zusammen mit einigen Mitarbeitern des staatlichen Fernsehens während der NATO -Bombardierung Belgrads um. Ich habe einen Brief von ihr aufgehoben, den ich einige Monate nach ihrer Abreise bekam. Darin befand sich neben der knappen Mitteilung, dass es ihr gut gehe und sie eine Arbeit gefunden habe, auch ein kurzer Text mit dem Titel »Depot«, ein verspäteter Beitrag zu unserem imaginären Museum des jugoslawischen Alltags. Es war eine melancholische Beschreibung des Ortes, an dem die Schienen der Belgrader Straßenbahnen enden, eine Schilderung der Klänge, der Dämmerung an einem schwülen Sommerabend, der Luft, die nach Staub riecht.
Stecken Sie das in unsere rot-weiß-blau gestreifte Plastiktasche
, schrieb sie. Die zarte Sinnlosigkeit ihrer Geste rührte mich an. Geert entschied sich dafür, in Belgrad zu bleiben. Was er tut und wovon er lebt, ist mir nicht bekannt. Von Zeit zu Zeit ruft er mich an. Am Ton seiner Stimme spüre ich, dass ich, eine Ausländerin, seine einzige Verbindung zur »Heimat« bin. Ich wohne noch immer an seiner Adresse.

    All meinen sonstigen ehemaligen Studenten geht es mehr oder weniger gut. Ante spielt weiterhin Akkordeon auf Amsterdamer Märkten. Man kann ihn an jedem Samstag auf dem Noordermarkt sehen. Die Passanten werfen Münzen in den Hut, den ihm ein Typ aus Virovitica geschenkt hat, derjenige, der auf dem Noordermarkt einen Stand mit Hüten hat, alle
Unsrigen
kennen ihn. Nevena hat einen
Unsrigen
geheiratet und eine Tochter bekommen, jetzt arbeitet sie bei der Rabo Bank, in der Filiale am Mercatorplein. Meliha lebt in Sarajevo. Es ist ihr gelungen, die Wohnung ihrer Familie zurückzubekommen und die Leute hinauszuwerfen, die sie widerrechtlich besetzt hatten. Melihas Eltern wollen von Sarajevo nichts mehrwissen, sie waren, seitdem sie hier sind, nicht ein einziges Mal mehr dort. Meliha lebt mit ihrem Dačer, der in Sarajevo eine NGO für »vulnerable people« gegründet hat. Mario hat sein Studium an den Nagel gehängt und arbeitet in einem Studio für Computerdesign. Auch er hat vor kurzem Nachwuchs bekommen, einen Sohn. Boban gehört jetzt einer buddhistischen Gemeinschaft in Amsterdam an. Er hat sich den Kopf rasiert, ist Veganer geworden, hat es geschafft, Sozialhilfe bewilligt zu bekommen. Nur Johanneke studiert weiter. Großen Kummer bereitet ihr ihre ältere Tochter, die zu ihrem Vater nach Bosnien durchgebrannt ist. Selim hat sich auf die bosnisch-muslimische Seite geschlagen. Ganze Tage verbringt er mit den verrückten Typen vom Vondelpark und faselt davon, dass die Bosniaken sich erheben und »allen der Reihe nach den Garaus machen müssten, zunächst den Serben, dann den Kroaten, dann den Europäern und schließlich den Amis«. Zole, der nur ein- oder zweimal in meinem Unterricht war, ist als angebliches »zweifaches Opfer«, zunächst des Milošević-Regimes und dann der NATO -Bombardierung Jugoslawiens, nach Kanada ausgewandert. Es kursiert aber auch eine andere, wahrscheinlichere Version, wonach er sich mit der hiesigen serbischen Mafia eingelassen und sich

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