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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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lange, daß auch ich letzten Endes in die gleiche Richtung sah. Ich konnte aber nicht erkennen, was mit ihren Händen nicht in Ordnung gewesen wäre. Endlich sah sie mit einem halben, beinahe ängstlichen Lächeln, das gar nicht zu ihr paßte, auf.
    »Sie möchten wissen, warum ich gekommen bin«, fragte sie.
    »Nein, das haben Sie mir schon gesagt. Sie möchten, daß ich Ihnen eine Geschichte erzähle, insbesondere den Anfang und das Ende der Geschichte.«
    Sie nickte. »Als ich meine Karriere als Schauspielerin begann, habe ich ganz kleine Rollen gespielt, aber ich wußte stets, wovon das Stück handelte. In diesem Spiel, das das Leben geschrieben hat, spiele ich noch immer eine sehr kleine Rolle. Nur weiß ich überhaupt nicht, worum es sich handelt. Ich habe einen Auftritt von drei Minuten im zweiten Akt und habe keine Ahnung, was vorher passiert ist. Und dann komme ich noch mal für eine Minute im vierten Akt auf die Bühne. Aber ich habe keine Ahnung, was zwischen dem zweiten und vierten Akt geschehen ist, und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie alles enden wird.« Sie hob halb ihre Arme, die Handflächen nach außen gedreht. »Sie können sich nicht vorstellen, wie enttäuschend so etwas für eine Frau sein kann.«
    »Wissen Sie wirklich überhaupt nichts von dem, was bisher vorgegangen ist?«
    »Ich kann Sie nur bitten, mir zu glauben.«
    Ich glaubte ihr. Ich glaubte ihr, weil ich wußte, daß es die Wahrheit war.
    »Gehen Sie bitte in das Vorderzimmer und bringen Sie mir, wie man das in diesen Gegenden so hübsch nennt, eine Erfrischung«, sagte ich. »Ich werde von Stunde zu Stunde schwächer.«
    Gehorsam stand sie auf, ging in das Vorderzimmer und brachte mir die Erfrischung, die mich gerade so weit stärkte, daß ich in der Lage war, ihr zu erzählen, was sie wissen wollte.
    »Sie waren ein Triumvirat«, sagte ich, was nicht ganz genau stimmte, aber der Wahrheit für meine Erklärung am nächsten kam. »Sir Anthony, Lavorski, der, wie ich annehme, nicht nur sein Buchhalter in geschäftlichen und privaten Angelegenheiten war, sondern außerdem der Direktor aller seiner finanziellen Transaktionen, und John Dollmann, der Generaldirektor der Schiffahrtsgesellschaften – die aus steuerlichen Gründen gespalten wurden –, schlossen sich mit den Ölfirmen Ihres Mannes zusammen. Ich dachte, daß der schottische Anwalt MacCallum und der bärtige Jules Biscarte, dem eine der größten Handelsbanken in Paris gehört, auch mit von der Partie waren. Aber da irrte ich mich. Zumindest nicht Biscarte. Er wurde offiziell eingeladen, geschäftliche Besprechungen zu führen, sollte aber in Wirklichkeit unser Triumvirat unbewußt mit Informationen versehen, die die Basis für den nächsten Coup sein sollten. Ihm gefiel das Ganze aber nicht, und er zog sich zurück. Über MacCallum weiß ich nichts.«
    »Ich weiß auch nichts über Biscarte«, sagte Charlotte. »Weder er noch Mr. MacCallum wohnten an Bord der ›Shangri-la‹. Sie hielten sich einige Tage im Columba-Hotel auf und waren zweimal zum Abendessen eingeladen. Seit dem Abend, an dem Sie an Bord waren, sind sie nicht mehr dagewesen.«
    »Unter anderem mißfiel ihnen die Behandlung, die Ihr Gatte Ihnen zukommen ließ.«
    »Mir mißfiel sie auch. Ich weiß, was Mr. MacCallum an Bord tat. Mein Mann plante in der Clydemündung im kommenden Winter eine Raffinerie zu bauen, und MacCallum verhandelte wegen der Pachtverträge für ihn. Mein Mann sagte, daß er Ende des Jahres aller Wahrscheinlichkeit nach eine große Summe freien Kapitals besitzen würde, die er anlegen wollte.«
    »Das möchte ich wetten. Ein hübscher Ausdruck für den Erlös einer Reihe schwerer Diebstähle. Ich nehme an, es wird sich herausstellen, daß Lavorski der Initiator und führende Kopf hinter allem war, daß er es war, der feststellte, daß das Skouras-Imperium dringend neues Blut in Form von barem Kapital benötigte, und sich dabei einer Methode bediente, die ihm nah lag.«
    »Aber – mein Mann hatte doch immer genug Geld«, widersprach Charlotte. »Er hatte stets das Beste von allem, Jachten, Wagen, Häuser …«
    »In dieser Hinsicht hatte er immer genug Geld, genauso wie die Hälfte der Millionäre, die sich von den Wolkenkratzern stürzten, als in New York am schwarzen Freitag die Börse zusammenbrach. Nein, mein Kind, von Hochfinanz verstehen Sie wirklich nichts.« Diese Bemerkung, die von einem Menschen kam, der sein nacktes Leben von einem unzureichenden Gehalt bestritt,

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