Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
Zeltplane das Geräusch der Kettentrommel und der Kettenkammer unterdrückte, war das Gesamtgeräusch überraschend leise. Geräusche tragen an der Wasseroberfläche sehr weit, aber das nächste ankernde Boot war fast zweihundert Meter von uns entfernt; wir sehnten uns in diesem Augenblick nicht nach der Gesellschaft anderer Boote im Hafen. Die zweihundert Meter nach Torbay waren immer noch ungemütlich nah. Aber die See fiel ziemlich steil vor der kleinen Stadt ab, und unsere derzeitige Tiefe von sechsunddreißig Metern war ein sicheres Maximum bei einer Kettenlänge von hundert Metern, die wir mitführten.
    Ich hörte, wie Hunsletts Fuß den Deckkontakt bediente. »Wir haben die Kette oben.«
    »Leg einen Augenblick die Sperre ein, wenn die Trommel zu rutschen beginnt, habe ich sonst keine Hände mehr.« Ich zog die Säcke nach vorn, beugte mich über die Reling und befestigte sie mit Tauen an der Ankerkette. Als die Taue festgemacht waren, ließ ich die Säcke ins Wasser gleiten und an der Kette baumeln.
    »Ich werde das Gewicht halten«, sagte ich, »laß die Ketten langsam von der Trommel. Wir werden sie mit der Hand herunterlassen.« Vierzig Faden, das sind etwa achtzig Meter Kette, und das alles bis zum Boden über die Hand herunterzulassen war weder für meinen Rücken noch für meine Arme angenehm. Schon ehe ich mit der Arbeit begann, war ich bei weitem nicht mehr auf der Höhe. Durch die Nachtarbeit war ich am Rande der Erschöpfung. Mein Nacken schmerzte fürchterlich, mein Bein tat nun sehr weh, und außerdem hatte ich einen Schüttelfrost. Mir sind einige Möglichkeiten bekannt, wie man einen Zustand angenehmer Wärme erreichen kann, doch wenn man nur eine Garnitur Unterwäsche anhat und sich dabei noch mitten in einer kalten, nassen und windigen Herbstnacht in der Nähe der westlichen Inseln herumtreibt, dann ist das keineswegs gemütlich. Falls jetzt irgend jemand feststellen wollte, was am Ende unserer Ankerkette befestigt war, dann würde er dazu einen stählernen Taucheranzug benötigen.
    Hunslett schloß die Tür unserer Wohnkabine hinter uns, ging in der Dunkelheit umher und zog die schweren Samtvorhänge vor den Bullaugen zu. Dann knipste er die kleine Tischlampe an; sie gab zwar nicht sehr viel Licht her, aber wir wußten aus Erfahrung, daß der schwache Schein nicht von außen durch die Samtvorhänge wahrzunehmen war. Und wir sahen keine Notwendigkeit, den anderen auf die Nase zu binden, daß wir zu diesem Zeitpunkt, mitten in der Nacht, noch auf waren. Hunslett hatte ein dunkles, schmales, finsteres Gesicht mit starkem Kinn, buschigen Augenbrauen und dichtem schwarzem Haar – ein Gesicht, das für sich selbst spricht und selten eine Veränderung erkennen läßt. Es war jetzt ausdruckslos und sehr ruhig.
    »Du mußt dir bald ein anderes Hemd kaufen«, sagte er. »Dein Kragen ist etwas zu eng, er hinterläßt Spuren.«
    Ich hörte auf, mich abzutrocknen und sah in den Spiegel. Selbst in diesem trüben Licht sah mein Nacken verheerend aus. Er war stark geschwollen, schimmerte in allen Regenbogenfarben und hatte vier böse Quetschungen, wo die Daumen und Zeigefinger der würgenden Hände tief in mein Fleisch eingedrungen waren. Blau, grün und rot. Die Male sahen aus, als ob sie noch lange Zeit sichtbar bleiben würden.
    »Er überfiel mich von hinten. Er vertrödelt seine Zeit damit, ein Verbrecher zu sein. Er könnte glatt einen olympischen Titel im Gewichtheben erringen. Ich hatte Glück. Außerdem trägt er sehr feste Schuhe.« Ich wandte mich zur Seite und betrachtete meinen rechten Oberschenkel. Die Quetschung war größer als meine Faust, und wenn irgendeine Farbe des Regenbogens dabei fehlt, so fiel mir im Moment nicht ein, welche. In der Mitte war eine tiefe klaffende Wunde, und das Blut rieselte langsam an beiden Seiten herunter. Hunslett betrachtete das Ganze mit großem Interesse.
    »Wenn du nicht den engen Taucheranzug getragen hättest, dann wärst du unter Umständen verblutet. Ich glaube, es ist besser, wenn ich dich verbinde.«
    »Ich brauche keine Verbände; was ich brauche, ist ein Whisky. Hör auf, die Zeit in dieser Weise zu vergeuden. Ach was, entschuldige, ja, es ist besser, wenn du das in Ordnung bringst. Wir können unsere Gäste hier auf keinen Fall im Blut herumwaten lassen.«
    »Bist du so sicher, daß die Gäste auch kommen?«
    »Ich habe beinah erwartet, sie bei meiner Rückkehr zur ›Firecrest‹ schon vorzufinden. Wir werden auf jeden Fall Besuch bekommen. Was

Weitere Kostenlose Bücher